Bret Harts jüngerer Bruder Owen Hart, seine Schwäger The British Bulldog und Jim Neidhart, ihr gemeinsamer Freund und Partner Brian Pillman.
Eine Tragödie verdoppelt sich
Eddie Guerrero, Chris Benoit und seine von ihm ermordete Familie. Die Brüder von Erich. Die Road Warriors. Roman Reigns‘ Bruder Rosey und seine Cousins Yokozuna und Umaga.
Die Historie des Wrestlings ist in beklemmender Weise gefüllt mit Geschichten tragisch früher Tode, oft miteinander verknüpft durch familiäre, freund- und partnerschaftliche Verbindungen der traurigen Schicksale. (NEWS: Alle Neuigkeiten zum Thema WWE)
Zum Teil waren Unfälle und Krankheit die Ursache, nicht selten aber auch die vielbeschriebenen „Dämonen“ einer Branche mit vielen ungesunder Härten und schlechten Angewohnheiten.
An dieser Kultur ist in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten nicht alles anders, aber vieles besser geworden, zumindest die Zahl der in ganz jungen Jahren aus dem Leben gerissenen Stars bei WWE und Co. ist nicht mehr so hoch wie einst. Umso größer ist nun der Schock über den tragischen Tod von Topstar Windham Rotunda alias Bray Wyatt mit nur 36 Jahren – zweieinhalb Jahre, nachdem auch sein kongenialer Ringpartner Jonathan Huber (Luke Harper / Brodie Lee) verstorben war.
Bray Wyatt fesselte Fans wie wenige andere
Wyatts Tod infolge eines durch eine Verkettung gesundheitlicher Probleme ausgelösten Herzinfarkts ist in allererster Linie eine persönliche Tragödie - Wyatt hinterlässt seine Verlobte JoJo Offerman und vier Kinder.
Sie ist aber auch ein schmerzhafter Verlust für viele Kollegen und Fans, die der einzigartige Kampfkünstler Wyatt in den vergangenen Jahren mit seiner flirrenden, schier unerschöpflichen Kreativität und vielen oft unorthodoxen, aus der Welt des Horror-Popkultur entliehenen Ideen begeistert und gefesselt hat.
Auch die inzwischen in Hollywood erfolgreichen Superstars Dwayne „The Rock“ Johnson und John Cena - zweimaliger WrestleMania-Gegner Wyatts - verneigten sich am Freitag vor dem Menschen Windham Rotunda und dem Vermächtnis des Alter Egos Wyatt, das trotz der Kürze seines Lebens überbordend ist.
WWE-Karriere schien kurz vor frühem Aus
Der am 23. Mai 1987 in Brooksville, Florida geborene Wyatt war Teil einer großen und ruhmreichen Wrestling-Familie: Schon sein Großvater Blackjack Mulligan war eine Legende, ebenso sein Vater Mike Rotunda (Irwin R. Schyster) und sein Onkel und Namenspatron Barry Windham.
Trotz des Familienstammbaums hatte der bei WWE anfangs als Husky Harris antretende Rotunda Startschwierigkeiten und sah sich nach einer Weile mit einer Entlassungsdrohung konfrontiert.
Neben dem noch schwach entwickelten Charakter wurde ihm auch sein Hang zu Übergewicht vorgeworfen - ein Thema, das ihn auch später verfolgte und das er auch öfters mit Anspielungen vor der Kamera verarbeitet hatte.
Die Idee, die Rotundas Karriere 2013 nicht nur rettete, sondern in ungeahnte Höhen führte: Die Kreation der Figur Bray Wyatt, des rätselhaften, von unheimlichen Kräften besessenen Kultführer aus den sumpfigen Südstaaten.
Bray Wyatt, Luke Harper, Erick Rowan: Drei kongeniale Partner
Zu Grunde lag der Idee ein ähnlich angelegter, verletzungsbedingt kurzlebiger WWE-Charakter aus den Neunzigern: Waylon Mercy, der wiederum inspiriert war von Robert de Niros Rolle als Max Cady im Film „Kap der Angst“. Dan Spivey, der Darsteller Mercys, war seinerzeit im WWE-Trainingszentrum zu Gast und gab Tipps.
Ideelle Inspiration lieferten unter anderem auch Metal-Künstler Rob Zombie, Gothic-Autor H.P. Lovecraft, Stephen Kings „Es“ (der Spitzname „Eater of Worlds“), der Filmklassiker „Der Exorzist“ (der Spinnengang), die Kirche („He‘s got the whooooole Wo-orld in his hands …“) sowie auch der reale Kultführer und Massenmordanstifter Charles Manson.
Nach dem düsterem Vorbild der „Manson Family“ umgab sich auch Wyatt mit seiner Family: dem Hünen Erick Rowan, dem später hinzugestoßenen Braun Strowman - und eben Luke Harper. Als handwerklich bester und am meisten rackernder Wrestler war der Independent-Veteran mit seiner stillen, aber gekonnt bedrohlichen Aura die zweite zentrale Schlüsselfigur des Erfolgsprojekts.
The Fiend als zweiter großer Schub
Auf dem Höhepunkt seines Schaffens war Wyatt im Jahr 2014, als er bei WrestleMania XXX sein wohl größtes Match gegen John Cena und diverse weitere Top-Fehden bestritt. Im Jahr darauf folgte ein Ritterschlag, als Wyatt mehrfach den Ring mit dem legendären Undertaker teilen durfte, der den jungen Wyatt als würdigen Erben betrachtete.
Eine glatte Erfolgsgeschichte war die Wyatt-Figur dabei trotz aller Höhepunkte nicht: Kritiker von WWE warfen der Liga vor, dass sie ihn zu oft große Matches verlieren ließen und seinen Nimbus damit schwächten. Kritiker Wyatts monierten Schwächen im Ring, dass nicht jeder seiner kreativen Einfälle saß und dass es oft auch schwer war, seinen übernatürlichen Charakter zu inszenieren, ohne seine „normalen“ Kontrahenten zu schädigen.
Ein neuer Schub folgte 2018, als Wyatt sich mit der neuen, noch unheimlicheren Figur des „Fiend“ neu erfand: ein serienkillerartiger Maskenmann, nur vermeintlich gebändigt durch das „Firefly Funhouse“, in der sich der unmaskierte Wyatt als Herr über ein groteskes Puppenhaus im Stil amerikanischer Kinderserien präsentierte.
Die komplexe, anspielungsreiche und aufwändig in Szene gesetzte Weiterentwicklung der Wyatt-Figur war voller genialer Momente. Auch hier stach ein WrestleMania-Duell mit Superstar Cena heraus - das als surreal unheimlicher, aber auch komischer Minifilm im Corona-Lockdown 2020 produzierte Duell sprühte vor erzählerischem Einfallsreichtum und cleveren Insider-Anspielungen.
Brodie Lees Tod 2020 traf Wyatt schwer
Wyatts Weggefährte Huber verließ im selben Jahr WWE, weil er seine Karriere in der Sackgasse sah - und bewies bei Konkurrent AEW durch eine erfolgreiche Neuerfindung als Kultführer Mr. Brodie Lee, dass auch in ihm das Hauptrollenpotenzial steckte, das nicht jeder ihm zugetraut hatte.
Der späte Frühling des „Exalted One“ - gekrönt von großen Fehden und Hauptkämpfen gegen die Topstars Jon Moxley und Cody Rhodes - endete tragisch.
Der zweifache Familienvater Huber erkrankte an einer für seine Ärzte lange rätselhaften Lungenfibrose und starb am 26. Dezember 2020 nach einem monatelangen, qualvollen, vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Kampf um sein Leben.
Wie viele andere in der Branche war Wyatt - der einen emotionalen Nachruf auf seinen „Bruder“ verfasste - tief erschüttert vom unerwarteten Tod des allseits auch menschlich hoch geschätzten Huber. Wie sehr blieb teilweise verborgenen hinter seiner Rolle, die Wyatt oft auch nutzte, um seine privaten Gedanken zu verrätseln und abzuschirmen.
Überraschende Entlassung, großes Comeback
Im Sommer 2021 stand Wyatt wieder im Mittelpunkt von Schlagzeilen: WWE schockte die Fans aus heiterem Himmel mit der Entlassung Wyatts, der zuvor schon mehrere Monate aus gesundheitlichen Gründen aus den Shows verschwunden war.
Die Hintergründe für den Schritt - vollzogen vom damals noch alleinverantwortlichen Ligagründer Vince McMahon - wurden nur andeutungsweise ausgeleuchtet. Es schien kreative Konflikte und gegenseitigen Frust übereinander gegeben zu haben.
Nach McMahons zwischenzeitlichem Rücktritt holte der neue Programm- und Personalchef „Triple H“ Paul Levesque Wyatt zurück. Das erneut aufwändig und virtuos inszenierte Comeback schürte neue Euphorie - und war auch ein großer Tribut für den verstorbenen Partner und Freund Brodie Lee: Wyatt übernahm das Motiv der leuchtenden Tür, durch die Lee bei seinem AEW-Debüt geschritten war.
In besonderer Weise emotional war auch eine in seinen Charakter eingebettete Ansprache, in der Wyatt den Fans für ihren immerwährenden Beistand und Zuspruch in schwerer Zeit dankte. Wie schwer die Zeit wohl schon damals war, war nur zu erahnen.
Herzprobleme und Corona-Infektion verketteten sich
Im Frühjahr verschwand Wyatt plötzlich erneut ohne offizielle Erklärung aus dem WWE-TV, wie das Portal Fightful nun unter Berufung auf Wyatts Familie berichtet, hatte er eine Corona-Infektion erlitten, die bestehende Herzprobleme verschlimmert hätte.
Windham Rotunda - wie Wyatt eigentlich hieß - hätte sich davon allerdings erholt und an einem Comeback gearbeitet, erst vor kurzem hatte sein Vater Mike Rotunda (bei WWE auch bekannt als Irwin R. Schyster) den Fans bei einer Convention die „hoffentlich baldige“ Rückkehr Wyatts in Aussicht gestellt. Am Donnerstag hätte er dann einen plötzlichen Infarkt erlitten und sei verstorben.
Am Freitag verabschiedete der WWE-Kader - inklusive des eigentlich dort nicht mehr aktiven Weggefährten Rowan - Wyatt mit einer emotionalen Gedenkshow. Schlussszene der ihm und der kurz vor ihm verstorbenen Legende Terry Funk gewidmeten SmackDown-Ausgabe war das von Wyatt hinterlassene Markenzeichen: eine in der Dunkelheit hell leuchtende Laterne.