Das Wrestling-Imperium WWE verliert einen seiner größten weiblichen Stars - offenbar weil es ihn nicht der Meinung ist, dass er zu den allergrößten gehört und ihn entsprechend bezahlen will.
Zu gierig? WWE verliert Topstar
Der Wrestling Observer berichtet, dass Ex-Damenchampion Mercedes Varnado alias Sasha Banks ab dem 1. Januar offiziell Free Agent ist - und skizziert in neuer Detailtiefe den Weg dorthin und wie es nun für sie weitergeht. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE)
Auch die Spekulationen über ein mögliches Debüt der Cousine von Rapstar Snoop Dogg bei Konkurrent AEW werden lauter.
Sasha Banks verlässt WWE: Vorstellungen lagen „weit“ auseinander
Der Observer bestätigt erstmals das Gerücht, dass Varnado sich schon im Sommer mit Ex-Boss Vince McMahon auf eine Entlassung aus ihrem ohnehin auslaufenden Vertrag geeinigt hatte - einige Wochen nach ihrem Eklat-Abgang mit Partnerin Naomi im Mai.
Varnado würde verpflichtet, bis zum Jahresende nirgendwo aufzutreten, WWE verzichtete auf das Recht, sie unter Berufung auf geltende Vertragsklauseln zu weiteren Einsätzen zu zwingen.
Nach dem Machtwechsel von McMahon auf Tochter Stephanie und ihren bei der Talentpolitik federführenden Mann „Triple H“ Paul Levesque seien neue Verhandlungen aufgenommen worden, die jedoch an „weit“ auseinander liegenden Gehaltsvorstellungen gescheitert seien.
Banks wollte verdienen wie Lynch und Flair
Kern der Sache: Varnado hätte in dieselben Dimensionen vorstoßen wollen wie ihre „Horsewomen“-Weggefährtinnen Becky Lynch und Charlotte Flair, was WWE abgelehnt hätte. Der Rahmen, um den es geht, liegt laut Observer-Chef Dave Meltzer bei „deutlich über“ einer Million Dollar, die Marke, die Lynch und Flair als erste WWE-Frauen gesprengt haben sollen. (HINTERGRUND: Wie die „Four Horsewomen“ das Frauen-Wrestling bei WWE revolutionierten)
Inzwischen soll auch eine Reihe anderer weibliche Stars siebenstellig verdienen. Das Niveau dürfte dennoch deutlich niedriger sein als bei den männlichen Topstars: Roman Reigns und Brock Lesnar sollen fünf Millionen pro Jahr überwiesen bekommen.
Im Verhältnis zu dem, was andere Sport- und Entertainment-Stars verdienen, dürfen speziell die Frauen bei WWE immer noch als unterbezahlt gelten - gerade auch mit Blick auf den Milliarden-Umsatz von WWE und was die weiblichen Stars mit ihrer Popularität dazu beitragen.
WWE sieht Banks angeblich nicht als absoluten Topstar
Dem Observer zufolge ist Varnado WWE in jedem Fall nicht „annähernd“ so viel wert wie Lynch und Flair. Levesque lobte sie zwar noch im Herbst als „unglaubliche“ Performerin, intern wird sie laut Observer jedoch „nicht als jemand gesehen, der in den nächsten fünf Jahren an der Spitze stehen wird“. Die 30-Jährige hätte aus Sicht von WWE „ihren Zenit als Star erreicht“, sie könne bei einer Rückkehr zwar wieder mit Regentschaften als Damen- und Tag-Team-Champion rechnen, aber nicht mit einer wirklich herausgehobenen Position.
Diese Bewertung hat etwas Erstaunliches, denn einige Indikatoren deuten darauf hin, dass Banks‘ Fanbase genauso groß ist wie die von Lynch und Flair, teils größer. Sie hat 5,6 Millionen Follower bei Instagram (Lynch: 5,5, Flair: 5,0), das als Messwert für Fan-Interesse sehr aussagekräftige Suchvolumen bei Google ist für sie ähnlich hoch wie das von Lynch und höher als das von Flair. Und sie ist fünf bzw. sechs Jahre jünger, auch etwas jünger als Bianca Belair (33), Banks‘ Bezwingerin in deren größten Match bei WrestleMania 2021 und seitdem ein weiterer Fokuspunkt der Division.
Hinzu kommt auch Varnados überdurchschnittlich hoher Mainstream-Appeal durch ihre Rolle in der Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ und diverse andere Showbiz-Ausflüge.
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Erste Station Japan - dann AEW?
Warum WWE Varnado trotzdem nicht ganz oben einstuft? Nicht unwahrscheinlich ist, dass sie als zu eigensinnig gebrandmarkt ist, nachdem sie inzwischen schon zweimal einen großen und folgenschweren Konflikt mit der Ligaführung gesucht hat: 2019 pausierte Banks mehrere Monate nach einem Streit um das schnelle Ende ihrer Tag-Team-Titelregentschaft mit Partnerin Bayley, in diesem Jahr weigerte sie sich, als Aufbaugegnerin für Damenchampion Ronda Rousey eingesetzt zu werden, während sie noch Tag-Tam-Champion an Naomis Seite war (deren Zukunft ebenfalls ungewiss ist).
In beiden Fällen ist Auslegungssache, wer im Recht ist: Ihre Kritiker halten Banks vor, eine Ego-Shooterin zu sein und sich nicht in den Dienst der Sache gestellt zu haben. Die Kritiker von WWE meinen, dass sie schon lange unter Wert verkauft wird - und gute Gründe hatte, sich dagegen zu wehren. So oder so: Für den Moment scheinen die beiden Seiten nicht mehr zueinander zu finden.
Banks soll als erstes neues Projekt einen lukrativen Deal mit dem japanischen Wrestling-Konglomerat Bushi Road abgeschlossen haben, mit Auftritten für deren Ligen NJPW und Stardom. Für Aufhorchen sorgte zuletzt auch die Ansetzung eines großen Tag-Team-Matches bei AEW, in dem am 11. Januar die frisch verpflichtete Saraya (Paige) mit einer Mystery-Partnerin auf das Duo Britt Baker und Jamie Hayter trifft - vor einer ungewohnt großen Kulisse im Kia Forum von Los Angeles, der einstigen Arena der L.A. Lakers.
Sollte die Ansetzung Zufall sein, ist nicht ausgeschlossen, dass Varnado mittelfristig doch wieder bei WWE landet. Wenn nicht, hat AEW seinen bislang größten weiblichen Star in der Tasche - und es wäre ein Deal mit interessanten Implikationen. Die Liga von Milliardärssohn Tony Khan hat sich selbst ein Equal-Pay-Prinzip verordnet. Varnado müsste demnach dort nicht nur zur weiblichen Top-Verdienerin aufsteigen, sondern auch genauso viel kassieren wie die männlichen Aushängeschilder.