Sie spielte eine tragende Rolle in einer legendären Gruppierung, von deren Ruhm WWE bis heute zehrt.
Die Tragödie um die stärkste WWE-Frau
Sie war eine wichtige Helferin beim großen Durchbruch des Mannes, der die weltgrößte Wrestling-Liga jetzt lenkt - und auch im wirklichen Leben die Frau an seiner Seite. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE)
Sie selbst legte dabei eine Karriere hin, wie sie noch keine Frau im Wrestling hingelegt hatte, kämpfte auf Augenhöhe mit den männlichen Stars - und ist die bis heute einzige Trägerin eines traditionsreichen Titels, der sonst eigentlich den Männern vorbehalten ist.
Joanie Laurer alias Chyna konnte auf ein einzigartiges Vermächtnis als Showkämpferin zurückblicken - das heute jedoch in trauriger Erinnerung ist, nachdem Laurer nach einem tiefen, persönlichen Fall viel zu früh verstorben ist.
Bei der Reunion ihrer Weggefährten des Kult-Bündnisses D-Generation X - das heute vor 25 Jahren offiziell auf diesen Namen getauft wurde - wurde Laurers Schicksal am Montag bei der TV-Show RAW nur kurz angeschnitten. Wohl auch wegen der trüben Flecken, die es nach dem Bruch zwischen WWE und ihrer Ringpionierin gegeben hatte.
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„Chyna“ Joanie Laurer: Schon vor WWE ein bewegtes Leben
Die muskulöse Laurer (82 Kilo schwer bei 1,78 Meter Größe) kam 1997 zu WWE, nach einem schon damals bewegten Leben.
Laurer, geboren am 27. Dezember 1969 in Rochester, New York wuchs als Scheidungskind in schwierigen Verhältnissen auf. Einer ihrer drei Stiefväter war Alkoholiker, auch das Verhältnis zu ihrer Mutter war lange zerrüttet, in ihrer Jugend und im jungen Erwachsenenalter machte sie zudem traumatische Erfahrungen mit Bulimie, sexueller Belästigung durch einen Lehrer und einer Vergewaltigung bei einer Party zu Studienzeiten.
An der Uni studierte Laurer spanische Literatur, sprach auch fließend Deutsch und Französisch. Sie diente dem Friedenskorps in Guatemala und träumte von einer Karriere beim FBI - auf dem Weg dorthin schlug sie sich unter anderem als Stripclub-Kellnerin, Sängerin, Stewardess, Pager-Verkäuferin und Bauchtänzerin durch.
Ihre Leidenschaft für Fitness und Krafttraining brachte sie dann stattdessen über Umwege zum Wrestling und zur damaligen WWF.
Chyna war Kampfgefährtin und Freundin von Triple H
Laurer besuchte dieselbe Wrestling-Schule wie der heutige WWE-Kreativchef „Triple H“ Paul Levesque, damals selbst noch am Anfang seiner aktiven Karriere. Die beiden kamen in Kontakt, Chyna wurde von WWE als Bodyguard des damaligen Hunter Hearst Helmsley eingeführt - hinter den Kulissen wurden die beiden ein Paar.
Als weibliche Vollstreckerin für Triple H und die DX mit dessen ewigem Weggefährten Shawn Michaels schlug Chyna bei WWE voll ein - und entwickelte sich zu einem Star der Attitude Era, der WWE-Boomzeit Ende der Neunziger.
Die groß gewachsene Bodybuilderin gegen Männer in den Ring zu schicken war eine von damals vielen provokanten Ideen, die ungeahnt erfolgreich war. Chyna teilte den Ring mit fast allen Stars der Ära - Stone Cold Steve Austin und The Rock, dem Undertaker, Chris Jericho, „Mankind“ Mick Foley, Kurt Angle und vielen anderen - und WWE ging auch so weit, Chyna 1999 gegen Jeff Jarrett als erste Frau den traditionsreichen Intercontinental Title gewinnen zu lassen. (HINTERGRUND: Warum Jeff Jarrett nach dem Match gegen Chyna bei WWE zur unerwünschten Person wurde)
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Sie war zudem die erste weibliche Teilnehmerin am Royal-Rumble-Match und blieb auch für ihre Story-Romanze mit dem ebenfalls viel zu früh verstorbenen Eddie Guerrero in Erinnerung. Erst gegen Ende ihrer WWE-Karriere wurde sie mit Matches gegen Ivory, Trish Stratus und Lita als klassische Frauen-Wrestlerin eingesetzt. Außerhalb des Rings machte Laurer auf sich aufmerksam, indem sie zweimal für den Playboy posierte.
WWE-Aus 2001: Sie wollte mehr Geld als für Frauen üblich
Im Jahr 2001 kam es zu einem lange rätselhaften Bruch zwischen Chyna und WWE. Die offizielle Darstellung war, dass Chyna eine neue Karriere im Showbiz verfolgen wollte. Es gab aber auch viele Gerüchte, dass das Ende ihrer Beziehung mit Triple H eine Rolle spielte - der dann mit Stephanie McMahon zusammenkam, Tochter des langjährigen Bosses Vince McMahon und seit diesem Jahr seine Nachfolgerin als Unternehmenschefin.
Bestätigt ist inzwischen ein anderer, wesentlicher Faktor: Laurer wollte nicht nur im Ring, sondern auch finanziell auf Augenhöhe mit den männlichen Stars agieren. Sie verlangte ein Jahresgehalt von einer Millionen Dollar, was - wie der damalige Talentchef Jim Ross später offen einräumte - von der damaligen Ligaführung als irrwitzig empfunden wurde.
Erst vor einigen Jahren wurden Millionengehälter auch für weibliche Stars wie Becky Lynch und Charlotte Flair zum Standard.
B-Promishows, Drogen, Pornos: Laurer fiel nach WWE-Abgang tief
Nach ihrem WWE-Aus war Laurer noch bei NJPW in Japan und TNA in Amerika im Wrestling-Ring zu sehen, es blieben jeweils kurze und erfolglose Episoden. Mehr Schlagzeilen schrieb sie als TV-Persönlichkeit und durch ihr Privatleben, wo sie ein zunehmend trauriges Bild abgab.
Laurer tauchte in B-Promi-Shows wie „The Surreal Life“ und in einem Sextape mit ihrem damaligen Freund „X-Pac“ Sean Waltman auf - mit dem früheren WWE- und DX-Kollegen, der in seinem Leben ebenfalls viel mitgemacht hat, verband sie eine konfliktreiche Beziehung. Laurer kämpfte zunehmend und auf offener Bühne mit psychischen Problemen, Alkohol und Drogen.
2008 trug sie auch das in der auch hierzulande ausgestrahlten MTV/VH1-Sendung „Celebrity Rehab“ vor die TV-Kamera - letztlich jedoch ohne sich das Ausmaß ihrer Sucht einzugestehen und helfen zu lassen. In den Jahren darauf sank sie noch tiefer und drehte mehrere Pornofilme.
Am 20. April 2016 wurde Laurer tot in ihrem Haus in Kalifornien aufgefunden. Todesursache war eine Überdosis verschiedener Medikamente in Verbindung mit Alkohol: Laurer nahm Schlaf- und Schmerzmittel und Medizin gegen Angstzustände.
WWE würdigte Chyna drei Jahre nach ihrem Tod posthum
WWE pflegt das Andenken an Chyna nicht so intensiv wie das an andere verstorbene Legenden, ihr Absturz ins Pornomilieu spielte dabei wohl ebenso eine Rolle wie Vorwürfe häuslicher Gewalt, die sie in ihren letzten Lebensjahren gegen Ex-Freund Levesque erhob - was der als frei erfunden zurückwies.
Zum Ärger vieler ihrer Fans von einst durfte Chyna ihre logische Aufnahme in die Hall of Fame nicht mehr erleben. Sie wurde 2019 posthum als Teil der DX in die Ruhmeshalle eingeführt, wo sie dann auch ehrlich gewürdigt wurde als unverzichtbare „magische Zutat“ der Erfolgsgeschichte.
Die belastete Beziehung hallte trotzdem nach, als Ex-Freund Levesque wiederholt von der „echten“ Chyna sprach, die diesen Moment sicher geliebt hätte - und damit recht deutlich durchblicken ließ, dass er sie in ihren letzten, haltlosen Lebensjahren nicht mehr als sie selbst empfunden hatte.
Joanie „Chyna“ Laurer wurde nur 46 Jahre alt.