Am Sonntag kämpfte er sich 24 Minuten lang durch eine sichtbar qualvolle Horror-Verletzung - am Montag war das Drama immer noch nicht vorbei.
Drama mit Folgen: Geht WWE zu weit?
Cody Rhodes trat nach dem denkwürdigen Match gegen Seth Rollins bei der Großveranstaltung Hell in a Cell nochmal vor die WWE-Kamera. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE)
Zu Beginn der Traditionsshow Monday Night RAW wandte er sich an die Fans und deutete an, trotz seines Brustmuskelrisses immer noch weiter kämpfen zu wollen. Rivale Rollins kam hinzu, scheinbar um ihm Respekt zu zollen - um ihn dann stattdessen mit dem Vorschlaghammer zu attackieren, mit dem Cody ihn am Tag zuvor besiegt hatte.
Rhodes vollendete die heroische Inszenierung, indem er die Arena trotzdem aus eigener Kraft verließ, ohne sich stützen zu lassen. Er verabschiedet sich damit in eine monatelange Pause, wird laut Medienberichten am Donnerstag operiert.
Viele weitere Fragen sind allerdings weiterhin offen: Wann genau kommt Rhodes zurück? Wie kompensiert WWE den schmerzhaften Ausfall? Und vor allem auch: War es wirklich eine gute Idee, Rhodes den Wunsch zu erfüllen, den großen Käfig-Hauptkampf in diesem Zustand durchzuziehen?
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Cody Rhodes‘ Auftritt wirft Fragen an WWE auf
Zwar überwog in den vergangenen beiden Tagen Ehrfurcht und Respekt für Rhodes und die definitiv kunstvoll und episch erzählte Schlacht mit dem „Visionary“ - inklusive der Bezüge auf Codys verstorbenen Vater Dusty Rhodes und die ebenfalls mit beiden (und dem Mythos Hell in a Cell) verbundene Legende Triple H. (Herz-Drama: Darum steht Triple H nicht mehr im Ring)
Dennoch mischten sich in die Bewunderung auch kritische Untertöne: „Man kann die medizinische Abteilung von WWE definitiv in Frage stellen dafür, dass sie Rhodes die Freigabe für ein solches Match gibt, wenn er eindeutig eine Operation braucht“, schrieb der bekannte Wrestling-Journalist Dave Meltzer in einem Gastbeitrag für Sports Illustrated.
In seiner eigenen Audioshow Wrestling Observer führte Meltzer weiter aus: „Das Match war sehr fesselnd, aber auch sehr besorgniserregend. Man schaut es sich an und fragt sich: Gibt es hier irgendeine Art von medizinischem Protokoll?“
„Schauen die Ärzte wirklich auf sein Wohlergehen?“
Dass Rhodes sich selbst nicht aus dem Spiel hätte nehmen wollen, dürfe keinen verwundern, der das Wrestling und die Mentalität ihrer Stars kenne, meinte Meltzer. Er erinnerte an noch gefährlichere Fälle, in denen die Legenden Ric Flair (als NWA World Champ in den Achtzigern) und Kurt Angle (gegen Brock Lesnar bei WrestleMania 2003) sogar noch mit gebrochenen Nackenwirbeln in den Ring gestiegen seien. (Undertaker vs. „Mankind“ Mick Foley: Dieses Hell in a Cell Match endete fast tödlich)
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Dennoch müsse man fragen, ob Rhodes nicht vor sich selbst geschützt hätte werden müssen und die WWE-Docs nicht auch bei anderen schweren Blessuren außer Kopfverletzungen eingreifen müssten: „Schauen die Ärzte wirklich auf sein Wohlergehen oder sind sie abstempelnde Erfüllungsgehilfen?“
Wie WrestlingNews.co berichtet, haben die WWE-Ärzte Pro und Kontra abgewogen, ein wesentlicher Faktor sei gewesen, dass Rhodes‘ Verletzung ein Komplett- und kein Teilriss gewesen sei, an der Stelle hätte Rhodes sich also nicht schlimmer verletzen können.
Dennoch ist zu beachten, dass Rhodes‘ Handicap ein Risiko mit sich brachte, sich Folgeverletzungen an anderen Körperteilen zuzuziehen. Dem Bericht zufolge wurden deshalb auch einige geplante Aktionen aus dem Match gestrichen, unter anderem die Salto-Aktion Moonsault, die Rhodes eigentlich im Sinn gehabt hätte.
WWE muss auch Roman Reigns‘ Abwesenheiten kompensieren
Für WWE ist Rhodes‘ langer Ausfall ein schmerzhafter Rückschlag, der bei WrestleMania von Konkurrent AEW zurückgekehrte „American Nightmare“ war in den verganenen beiden Monaten groß und triumphal eingeschlagen.
Der von WWE nach eigenen Angaben mit einem „absurden“ Gehalt gelockte Rhodes schien von Tag 1 an auf eine große Titel-Story mit dem bei Mania zum Doppel-Champion gekrönten Roman Reigns zuzusteuern - auf den WWE wegen dessen neuem Vertrag mit deutlich weniger Terminen künftig auch häufiger verzichten muss.
WWE muss in den kommenden Monaten nun also auch ohne Rhodes planen (so wie auch AEW ohne den frisch gekürten Champion CM Punk), womöglich auch ein Grund, warum die Neuerfindung von Hall of Famer Edge als dunkler Bösewicht am Montag bei RAW abgeblasen wurde und er nun wieder als Publikumsliebling positioniert zu werden scheint.
Comeback bei Royal Rumble dürfte das Ziel sein
Zwar war das große Duell Reigns - Rhodes angeblich ohnehin nicht für die nahe Zukunft geplant: Reigns‘ Sommer-Fahrplan soll aus Riddle (Money in the Bank im Juli), Randy Orton (SummerSlam im August) und Drew McIntyre (Clash at the Castle in Wales im September) bestehen.
Vor Rhodes‘ Ausfall gab es diverse Signale, dass er in einem Monat das Money-in-the-Bank-Leitermatch in einem Moment gewinnen könnte, in dem ein Titelmatch zu einem beliebigen Zeitpunkt auf dem Spiel steht.
Nun wäre das naheliegende Szenario, dass er ein Comeback beim Royal Rumble Anfang 2023 anvisiert, ein Sieg dort und ein WrestleMania-Duell mit Reigns würde sich nun eigentlich aufdrängen.
Der Haken: Für ebendiese WrestleMania im Super-Bowl-Stadion von Los Angeles soll WWE ein Mega-Match zwischen Reigns und der nach Hollywood abgewanderten Liga-Legende Dwayne „The Rock“ Johnson planen. Sollte The Rock sich tatsächlich für das Blockbuster-Match die Zeit nehmen können, darf als sicher gelten, dass auch Rhodes sich da hintenanstellen müsste.
Cody oder The Rock? WrestleMania-Dilemma droht
Denkbar ist allerdings auch, dass WWE bis dahin die von Reigns‘ vereinigten WWE- und Universal-Titel wieder trennt, einen davon an einen potenziellen Rhodes-Gegner neu vergibt (Rollins? Brock Lesnar?), um auch Rhodes bei Mania zum Zuge kommen zu lassen.
WWE könnte allerdings der Meinung sein, dass dies das Reigns-Rock-Match verwässern würde und Rhodes auf den Sommer danach vertrösten - unter Inkaufnahme des Risikos, dass Cody bis dahin an Fahrt verliert.
Auf WWE-Boss Vince McMahon kommt im nächsten Jahr einiges an Puzzlearbeit zu.