Wrestling-Fans der Neunziger kennen ihn als Kommentator und kongenialen Partner des großen Bobby „The Brain“ Heenan. Oder auch in seiner kurzlebigen Rolle als fiktiver „Präsident“ der früheren WWF, der Bret Hart und Co. in Zaum hielt.
Der WWE-Star, der Ali umherwirbelte
Robert Marella alias Gorilla Monsoon war jedoch weit mehr als das - im Wrestling und darüber hinaus. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE)
WWE Hall of Famer Monsoon, der heute 85 Jahre alt geworden wäre, zog als echter Sportler auch in zwei andere Ruhmeshallen ein, war dann als Wrestler mit seiner damals einzigartigen Erscheinung eine nationale Attraktion. Und er blieb auch Sportfans in Erinnerung, indem er keinen Geringeren als Muhammad Ali vor laufender TV-Kamera durch die Luft wirbelte.
Gorilla Monsoon war ein Sport-Phänomen am College
Der am 4. Juni 1937 in Rochester geborene Marella verblüffte in jungen Jahren, indem er am Ithaca College trotz eines Gewichts von 136 Kilo in drei Sportarten auf nationalem Niveau herausragte: als Leichtathlet, Footballer und vor allem als Ringer.
Der neckisch „Tiny“ genannte Marella - der nebenbei als Bauarbeiter jobbte - war 1959 Zweiter in den NCAA-Meisterschaften und verpasste nur knapp die Olympia-Qualifikation. Für seine Errungenschaften zog er in die Hall of Fame seiner Uni ein - und 2010 posthum auch in eine Hall of Fame für Highschool-Ringer.
Verletzungsbedingt zerschlug sich für Marella eine mögliche NFL-Karriere, als beste Option für seinen Lebensunterhalt erwies sich eine Laufbahn im Showkampf, wo ein Athlet seiner Masse damals ein Novum war.
Berühmter WWE-Moment mit Muhammad Ali
Marella erlangte nach ersten Karriereschritten als stolzer und freundlicher Italo-Amerikaner Gino Marella großen Ruhm, als er den Gorilla-Monsoon-Charakter ersann, ein haariges Superwesen aus der Mandschurei, von seinen jeweiligen Managern angeblich in der Wildnis entdeckt und für ihre Zwecke gezähmt, wie King Kong.
Monsoon verewigte sich in der damals regional im Raum New York operierenden WWE (seinerzeit: WWWF) vor allem durch seine Fehde mit deren erstem großen Star Bruno Sammartino. Später wandelte er sich zum Publikumsliebling, der unter anderem in ein Duell der Giganten mit Ikone André the Giant und auch gegen den jungen und damals bösen Hulk Hogan gestellt wurde.
Zum berühmtesten Monsoon-Moment kam es 1976, als Muhammad Ali - ja, DER Muhammad Ali - plötzlich ein Match des Altstars gegen den späteren Hall-of-Fame-Kollegen Baron Mikel Scicluna stürmte und Monsoon mit Tänzeln und Schlagandeutungen provozierte. Monsoon griff sich den Schwergewichts-Weltmeister, nahm in in sein berühmtes Spezialmanöver Airplane Spin und wirbelte ihn durch die Luft - Ali schnitt entsetzte Grimassen.
So wie für Wrestler seiner Generation üblich, gab Monsoon nie zu, dass der Vorfall inszeniert war (“Habe ihn davor nie gesehen und danach nie wieder“). Was dahintersteckte: Ali bereitete sich gerade auf sein berühmtes Boxer-Wrestler-Match gegen Japan-Idol Antonio Inoki vor. Die Promoter des Fights - unter ihnen der heutige WWE-Boss Vince McMahon (Jr.) - schürten mit dem Segment die Illusion, dass Ali sich im Wrestling auf gefährliches Terrain begab.
Kongeniale Duos mit Jesse Ventura und Bobby Heenan
Anfang der Achtziger beendete Monsoon seine Ringkarriere, wurde danach berühmt als Kommentator der WWF-Shows und Pay Per Views wie WrestleMania: Sein erstes legendäres Gut-Böse-Duo am Pult formierte er mit dem schillernden Jesse „The Body“ Ventura - bekannt auch aus Hollywood (Predator, Running Man) und als späterer Gouverneur von Minnesota, später spielte er sich mit dem 2017 verstorbenen Heenan die Bälle zu (“Will you stop“) und schloss mit diesem eine tiefe und lebenslange Freundschaft.
Auch abseits der Kameras spielte Monsoon jahrzehntelang eine Schlüsselrolle im McMahon-Imperium: Er war ein enger Vertrauter von Vince Senior und Junior, galt auch als „Troubleshooter“, der Streits mit Wrestlern notfalls körperlich unter Kontrolle brachte.
Monsoon prägte auch den bei WWE bis heute gebrauchten Begriff der „Gorilla Position“, an der bei den Shows die Kontrollfäden zusammenlaufen. Monsoon dirigierte von diesem Platz aus Wrestler und Ringrichter. Während letztere heute über Funk mit den Verantwortlichen verbunden sind, signalisierte Monsoon seinerzeit durch das Abnehmen seiner Brille, wenn ein Match zum Schluss kommen sollte.
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Unter denjenigen, die Monsoon von der Gorilla Position aus anleitete, war sein Adoptivsohn Joey Marella, der bei WWE Ringrichter wurde - und 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Es war ein Schicksalsschlag, von dem Monsoon - der 1996 nach einer Attacke von Schwergewicht Vader aus dem WWE-Programm geschrieben wurde - sich nie erholte.
Heenan nahm mit rührenden Worten Abschied
Monsoons Gesundheit verfiel in der zweiten Hälfte der Neunziger infolge von Diabetes, er wurde nach einem Herzinfarkt im September 1999 zum Pflegefall und entschied von sich aus, eine lebenserhaltende Dialysebehandlung zu beenden, er starb am 6. Oktober 1999 in seinem Haus in Willingboro, New Jersey.
Noch mehr als der anschließende WWE-Tribut blieb der Nachruf des 2017 selbst verstorbenen Weggefährten Heenan in Erinnerung. Heenan - damals zu WWE-Rivale WCW gewechselt - bestand darauf, Monsoon auch dort zu würdigen.
Er erinnerte sich an Monsoon als „harten Kerl“, aber „ehrlichen und anständigen Menschen“ und schloss mit den Worten: „And you know the pearly gates in heaven? It‘s now gonna be called ‚the Gorilla position.‘ Goodbye, my friend.“
Gorilla Monsoon wurde 62 Jahre alt.