Es hatte sich stark angedeutet, aber manch einer hatte es bis zuletzt nicht geglaubt - nun konnte es jeder mit eigenen Augen sehen.
WWE-Coup mit brisanten Hintergründen
Cody Rhodes, der Mitgründer und frühere Co-Geschäftsführer von Konkurrent AEW, ist zurück bei WWE und ist an Tag 1 der Megashow WrestleMania 38 im NFL-Stadion der Dallas Cowboys als Überraschungsgegner von Seth Rollins enthüllt worden.
Der 36 Jahre alte Rhodes gewann erwartungsgemäß sein großes Comeback-Match - in dem sich durch gekonntes Storytelling viel von den pikanten Hintergründen des Hammer-Wechsels widerspiegelte (NEWS: Alle Neuigkeiten zu WWE).
- Die Tops und Flops der Megashow WrestleMania mit Vor-Ort-Eindrücken aus Dallas: Heelturn - der SPORT1 Wrestling Podcast - die aktuelle Folge auf SPORT1, Spotify, Apple Podcasts, Google Podcasts, Podigee und überall, wo es Podcasts gibt
Cody Rhodes bei WWE mit demselben Theme wie bei AEW
Bemerkenswertes Detail gleich zu Beginn: Unter dem Jubel der anwesenden Fanmassen lief der Sohn der 2015 verstorbenen Ikone Dusty Rhodes zum selben Theme ein, das er bei AEW hatte. Auf das Intro „Wrestling has more than one royal family“ folgte der Song „Kingdom“ von der Band Downstait.
Auch der Name „American Nightmare“, Outfit und andere Details stimmten mit seinem AEW-Charakter ein - es gab keine Rückkehr zu seinen WWE-Alter-Egos „Dashing“ Cody Rhodes oder Stardust und keine Neuschöpfung.
In einem Interview mit The Ringer, das Rhodes kurz nach dem Match führte (und von einem „mehrjährigen Vollzeitvertrag“ mit WWE sprach), erklärte Rhodes, das er darauf bestanden und WWE-Boss Vince McMahon seinem Standpunkt gefolgt sei.
Seth Rollins mit Seitenhieben gegen Codys Ex-Arbeitgeber
Der auf Augenhöhe geführte Kampf beinhaltete auch Sticheleien gegen AEW, die am Vorabend im Gegenzug Samoa Joe als neuesten Zugang enthüllt hatten.
Rollins - der zuletzt auch in Medien-Interviews gegen AEW schoss - schrie Rhodes im Lauf des Kampfs „Welcome back to the big leagues“ entgegen (“Willkommen zurück in der ersten Liga“). Später folgte auch die ebenfalls mit Codys AEW-Zeit spielende Provokation: „My league, my industry“ (“Meine Liga, meine Branche“).
Der tatsächlich nur vermeintlich aus einer „Minor League“ kommende Rhodes (AEW ist WWE so nahe gekommen wie keine Liga seit WCW auf ihrem Höhepunkt) behauptete sich am Ende mit einer Aktionsfolge, mit der er auf größtmöglicher Bühne seinen toten Papa würdigte.
- Folgen Sie den SPORT1-Wrestlingexperten Martin Hoffmann (@Wrestlerzaehler) und Marcus Hinselmann (@heelturnmarcus) auf Twitter
Verbeugung vor totem Vater Dusty Rhodes
Cody setzte nach diversen vergeblichen Anläufen am Ende seinen Frinisher Cross-Rhodes an, führte ihn zweimal aus - unterbrach dann aber und zeigte die tänzelnde Schlagserie und den Bionic Elbow, die sein Vater berühmt gemacht hatte. Danach folgte Cross-Rhodes Nummer 3 und der Pinfall.
Ein Aspekt, den die US-Kommentatoren dabei hervorhoben: Vor seiner Zeit im WWE-Hauptkader hatte auch Rollins viel mit Dusty gearbeitet, der in seinen letzten Lebensjahren die Nachwuchsförderung bei WWE und das frühe NXT geprägt hatte.
Eine weitere mit beiden verbundene Legende, die zitiert wurde, war Triple H: Rollins besiegte Rhodes fast mit dem Pedigree, der Standardaktion seines früheren WWE-Mentors. Ein „False Finish“ mit spezieller Note: Rhodes hatte bei AEW einige Hiebe gegen den WWE-Vorstand platziert - in Erinnerung blieb vor allem die Zertrümmerung eines an den „King-of-Kings“-Charakter von Triple H angelegten Throns bei einem seiner Einzüge.
Diverse Seitenhiebe in der Vergangenheit
Rhodes unterstrich mit solchen Aktionen die Ansicht, die er in einer recht giftigen Abrechnung nach seinem WWE-Abgang 2016 formuliert hatte: Dass er bei WWE das Zutrauen vermisste, ein „Quarterback“ zu sein, nicht nur eine Nebenfigur. Triple H - Schwiegersohn von Vince McMahon - gestaltet seit Jahren die Personalpolitik von WWE wesentlich mit (vor seinen jüngsten Herzproblemen noch mehr). Codys programmatisches Intro, dass das Wrestling mehr als eine „Königsfamilie“ habe, ist eigentlich ein klar erkennbarer Seitenhieb gegen die McMahons.
Auch mehrere Stinkefinger-Bilder, die Rhodes nach den erfolgreichen ersten AEW-Events auf Social Media veröffentlichte, schienen an den damaligen Ex-Arbeitgeber gerichtet zu sein.
Noch bei einem seiner letzten Auftritte für AEW zu Beginn des Jahres platzierte er Seitenhiebe gegen WWE, unter anderem zur vieldiskutierten Umbenennung von Österreich-Phänomen WALTER zu Gunther.
Niveau von Brock Lesnar und Roman Reigns ist das Ziel
Über die Gründe, warum Rhodes AEW (wie auch seine Frau Brandi Rhodes) dann nach Ablauf seines Vertrags trotz allem den Rücken kehrte, bewahrt er weiterhin Stillschweigen. Die Gründe, die von diversen Insider-Medien kolportiert werden - in unterschiedlicher Gewichtung: Streit ums Geld, kreative Differenzen, anhaltender Frust, dass AEW-Boss Tony Khan die Ende 2019 die Gestaltungshoheit über die Liga komplett an sich gerissen hatte.
Bei The Ringer betont Rhodes nun, dass es „kein böses Blut“ mit AEW gebe, sprach unter den gegebenen Umständen aber dennoch von „der einfachsten Entscheidung meines Lebens“. Er sei zufrieden mit dem, was er bei AEW erreicht hätte, für sich und für andere Wrestler, denen er geholfen hätte, „nun war es Zeit weiterzuziehen“.
Seine Ex-Liga sei mit neu verpflichteten Stars wie CM Punk, Bryan Danielson und Adam Cole und zahlreichen Youngstern prima aufgestellt, er hätte keine Lust gehabt, dort als Platzhirsch im Weg zu stehen und „den TNT-Titel in Geiselhaft zu nehmen“, ein Neustart hätte sich aufgedrängt. Rhodes scheint mit dieser Feststellung auch darauf anzuspielen, dass sich ein Teil der Fans bei AEW zuletzt begann, ihn beständig auszubuhen.
Für sein WWE-Comeback formulierte Rhodes das klare Ziel, an die absolute Spitze vorzustoßen, einen der beiden großen Titel zu gewinnen, die heute Nacht WWE-Champion Brock Lesnar und Universal Champion Roman Reigns an Tag 2 von WrestleMania unter sich ausmachen werden.
Cody fühlt sich als „bester Wrestler der Welt“
Es gebe da „unerledigte Geschäfte in meiner Familie“, ein „Stück Leder“, das bislang weder er, noch Papa Dusty, noch Bruder Dustin (Goldust bei WWE, aktuell weiterhin bei AEW) errungen hätten. Er werde das nachholen.
In einem weiteren noch am Sonntag veröffentlichten Interview mit Variety unterstrich Rhodes sein Selbstbewusstsein, mit der Aussage, dass er sich als aktuell „bester Wrestler der Welt“ fühle.
Nach seinem Comeback-Match ging Cody so weit, sich nicht nur von den Fans feiern zu lassen, sondern nach einem Blick in den Himmel auch den Ringboden seiner neuen, alten Heimat zu küssen.