Übermenschliche Helden ohne reale Probleme: Kein Tatort-Kommissar, auch keine Hauptfigur eines Superhelden-Films ist noch so gestrickt.
Mit diesem Duell brach WWE-Rivale AEW ein Tabu
Im Wrestling ist es dagegen bis heute unüblich, dass menschliche Brüche der Ring-Heroen Teil der Show sind. „Larger than Life“, größer als das Leben, ist das altbekannte, bis heute angewandte Erfolgsrezept von WWE und Co.: Manchen Dinge, die zum Leben gehören, wird da im Drehbuch kein Platz eingeräumt.
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Vor diesem Hintergrund ist ungewöhnlich, auf welche Weise WWE-Konkurrent AEW an diesem Freitag ein großes und vielgelobtes Match bei der Show AEW Rampage aufbaute: Bryan Danielson (ehemals Daniel Bryan bei WWE) und Eddie Kingston haben ihren tatsächlichen Kampf mit Depressionen zur Story-Grundlage ihres Duells gemacht.
Ein bemerkenswerter Tabubruch - der das Potenzial hat, stilbildend zu werden.
Harte Anwürfe gegen Eddie Kingston
Danielson und Kingston bestritten bei Rampage das Halbfinale eines Turniers, dessen Sieger nach dem Pay Per View Full Gear den dann amtierenden World Champion herausfordern darf.
In einem vorab gesendeten Interview prognostizierte Danielson einen Sieg über Kingston: Er habe zwar größten Respekt vor seiner Leistung im Ring - außerhalb des Rings jedoch stecke er nicht so viel harte Arbeit in sich wie er, das werde er nicht aufholen können.
Danielson spielte damit darauf an, dass Kingston nicht so durchtrainiert ist wie im Wrestling üblich - ein Faktor, der Kingstons Karriere lange behindert hat, ehe sie bei AEW spät aufgeblüht ist.
Wissenswertes zum Thema Wrestling:
Bryan Danielson thematisiert gemeinsame Depressions-Geschichte
Bei der Mittwochsshow Dynamite antwortete Kingston hierauf und verbat sich Danielsons Kritik: Er müsse sich jeden Morgen Tabletten einwerfen, um seine Depressionen und damit verbundenen Aggressionen unter Kontrolle zu behalten und „niemanden umzubringen“, jemand, der nicht in seinen Schuhen gelaufen ist, könne sich kein Urteil über ihn erlauben.
Danielson antwortete, dass Kingston ihn nicht belehren brauche: Er habe selber mit Depressionen zu kämpfen, er beschwere sich nur nicht darüber und schiebe es als Entschuldigung vor. Unzählige Menschen in Amerika „und hier in der Umkleidekabine“ hätten mit denselben Problemen zu kämpfen und würden trotzdem die nötige Arbeit leisten. Er freue sich, Kingston gereizt und motiviert zu haben, denn er wolle das Beste von ihm sehen, wenn er ihn schlage (Dieses Verletzungs-Drama bereitete Danielson auf psychische Probleme).
Danielson streute also auch beiläufig ein, wie verbreitet Depressionen im Wrestling sind - nach Einschätzung von Szene-Experte Dave Meltzer (Wrestling Observer) „weit mehr als im Bevölkerungs-Durchschnitt“. Es in dieser Weise aufzubringen und dem Thema auch in der Story-Welt eine Plattform zu geben, ist dennoch unüblich.
Eddie Kingston bei Full Gear gegen CM Punk?
Das Match der beiden profitierte von dem emotionalen Aufbau, es erzählte die Geschichte des von Danielson angestachelten Kingston weiter - und auch das Element, dass es trotz allem für ihn nicht reichte: Er musste sich am Ende einem Triangle-Hold Danielsons beugen, dessen Wirkung er mit Ellbogen-Schlägen so weit steigerte, dass Kingston bewusstlos wurde und das Match abgebrochen wurde.
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Hinterher deutete sich eine neue Fehde für Kingston an, als er hinter den Kulissen CM Punk begegnete und sich frustriert mit ihm anlegte - die beiden könnten Gegner bei Full Gear sein.
Danielson trifft dort im Turnierfinale entweder auf Orange Cassidy oder Jon Moxley - Kingstons Freund und Partner, mit dem dieser im vergangenen Jahr eine ähnlich vielschichtige Fehde hatte.
Die Ergebnisse von AEW Rampage am 29. Oktober 2021:
World Title Eliminator Semi Final: Bryan Danielson besiegt Eddie Kingston
Dante Martin besiegt Matt Sydal
No DQ Non Title Match: Britt Baker besiegt Abadon