Vor zehn Jahren vollendete er im Hauptkampf von WWE WrestleMania 30 ein Märchen, das dann in einem bitteren, jahrelangen Verletzungs-Albtraum mündete.
Historisches Happy End einer Legende
Nun hat Bryan Danielson, der ehemalige Daniel Bryan, seiner einst schon beendet geglaubten Karriere einen gebührenden späten Höhepunkt hinzugefügt: Sechs Jahre nach seinem WWE-Comeback und drei Jahre nach seinem Wechsel zu Konkurrent AEW gewann der „American Dragon“ den Hauptkampf der Megashow All In im Londoner Wembley-Stadion und ist erstmals AEW World Champion. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu AEW)
Das Duell gegen Swerve Strickland, vorab vermarktet als Danielsons potenziell letztes - der Vertrag des 43-Jähriges war kurz vorher ausgelaufen und er setzte laut Story seine Karriere aufs Spiel -, endete stattdessen mit einem anderen historischen Ereignis: Der Ausnahmewrestler zwang Strickland mit einem seiner vielen Submission-Griffe zur Aufgabe und ist nun der Erste, der sowohl bei WWE als auch bei AEW den Hauptkampf des Jahreshöhepunkts vor Stadionkulisse für sich entschieden hat.
Der WWE-Rivale inszenierte den lang aufgebauten Triumph am Ende eines hochdramatischen Matches mit Gänsehautatmosphäre: Erstmals zeigte Danielson bei AEW seine Kinder Birdie und Buddy und seine prominente Ehefrau Brie Garcia (Brie Bella), die gemeinsam mit ihm jubelten - zu den teuer eingekauften Klängen von Europes „The Final Countdown“, Danielsons einstigem Theme zu Independent-Zeiten.
AEW All In: Bryan Danielsons Reise ist noch nicht zu Ende
Danielson begründete seinen Ruhm in den Nuller-Jahren, in der damals blühenden US-Independentszene nach dem Untergang des damaligen WWE-Rivalen WCW. Besonders seine Auftritte bei der stilbildenden, inzwischen von AEW geschluckten Promotion Ring of Honor (ROH) stachen hervor.
2010 unterschrieb Danielson bei WWE und widerlegte dort die Skeptiker, die ihm wegen seines vergleichsweise schmächtigen Körperbaus keine große Karriere zutrauten. Emotionaler Höhepunkt war die Krönung zum Doppel-Champion im Hauptkampf von WrestleMania 30 im Frühjahr 2014 - ehe seine Karriere infolge von schweren Verletzungsproblemen wegen wiederholter Gehirnerschütterungen ausgebremst wurde.
Nach einem zwischenzeitlichen Rücktritt feierte Danielson 2018 sein Ring-Comeback und errang dabei auch seinen insgesamt vierten WWE Title. 2021 unterschrieb er einen 3-Jahres-Vertrag bei AEW - und verkündete schon vor einer Weile den Plan, danach seine Vollzeit-Karriere zu beenden und mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.
Die Ahnung, dass damit noch nicht das endgültige Ende gemeint war, hat sich nun bestätigt, die populäre Identifikationsfigur bleibt AEW offensichtlich erhalten: Ligaboss Tony Khan bekundete unlängst schon den Wunsch, Danielson weiter an die Promotion zu binden, bestenfalls „bis ans Lebensende“. Khan nannte den als großen „Wrestling Mind“ bekannten Danielson einmal sogar als seinen potenziellen Nachfolger, sollte ihm je etwas zustoßen.
Danielson selbst sagte bei einer Pressekonferenz nach dem Event, er habe noch nicht über den Tag hinaus geplant. Bei der nächsten TV-Show Dynamite am Mittwoch werde er vor Ort sein und dort dann „wohl“ eine „Ankündigung“ machen. Obwohl er darüber hinausgehenden Fragen mehrfach auswich, klang er nicht so, als wolle er den Titel niederlegen und abtreten - er bekundete unter anderem Interesse, nochmal für die AEW-Partnerliga NJPW im berühmten Tokyo Dome anzutreten, der Brite Zack Sabre Jr. wäre ein passender Gegner.
Ricochet ist da - Legende Nigel McGuinness ist zurück!
Danielsons großer Triumph war der emotionale Höhepunkt einer turbulenten Wrestling-Nacht voller spektakulärer Matches, pompöser Auftritte und Überraschungen.
Wie sich vorab schon angedeutet hatte, feierte in London Ricochet sein AEW-Debüt und bestätigte damit die monatelangen Gerüchte eines Wechsels von WWE zum Konkurrenten: Der Highflyer war unangekündigter Teilnehmer des Casino Gauntlet Matches um eine Chance auf den World Title - ebenso wie der bisher nur als AEW-Kommentator aktive, britische Lokalmatador Nigel McGuinness. Der 48-Jährige hatte einst bei ROH eine hochklassige Fehde mit dem jungen Danielson - ehe er seine Karriere verletzungsbedingt früh beenden musste und um eine Karriere auf größerer Bühne gebracht schien.
Nun lief er wie ehedem zu „Fucking in the Bushes“ von Oasis ein, lieferte sich einen umjubelten Schlagabtausch mit Landsmann Zack Sabre Jr. und nährte die Hoffnung auf ein spätes Revival der Rivalität mit Danielson - zu dem es aber erstmal noch nicht kommt: Etwas überraschend gewann anstelle von Ricochet, McGuinness oder der Topstars Kazuchika Okada und Hangman Page (WWE Hall of Famer Jeff Jarrett schaltete seinen Rivalen mit einer Gitarre aus) ein anderer das Match: Altmeister Christian Cage.
Auch Cage trat unangekündigt an, nachdem er im Opener mit seiner Patriarchy (Killswitch und Nick Wayne) die Trios Title an Pac, Claudio Castagnoli und Wheeler Yuta verlor. Der Titelverlust schien in einem Bruch zwischen Cage und dem maskierten Hünen Killswitch zu münden - was sich aber als Täuschungsmanöver erwies: Killswitsch verhalf Cage im Gauntlet stattdessen zum Sieg, indem er Konkurrent Kyle O‘Reilly einen Chokeslam verpasste und Cage dann auf diesen legte.
Ospreay und May holten Titel beim Heimspiel
Im zweiten zentralen Einzelmatch holte sich wie erwartet der britische Topstar Will Ospreay bei seinem Heimspiel den International / American Title von MJF zurück - mit Hilfe des zurückkehrenden Daniel Garcia, den MJF vor einigen Wochen brutal attackiert hatte.
Weil MJF sich von Garcia ablenken ließ, fing er sich Ospreays Spezialaktion Hidden Blade und schließlich den Tiger Driver 91 ein - die hochgefährliche Aktion, die Ospreay laut Drehbuch eigentlich aus Sorge um die Gesundheit seiner Gegner nicht mehr zeigen wollte, von MJF aber doch wieder dazu provoziert wurde.
Einen weiteren Titelwechsel zu Gunsten eines Lokalmatadors gab es im Damentitelmatch zwischen dem bisherigen Champion „Timeless“ Toni Storm und ihrer verräterischen Ex-Gefährtin „The Glamour“ Mariah May. Die Britin May besiegte Storm mit deren eigenem Finisher Storm Zero - und trieb damit ihre von dem Filmklassiker „All about Eve“ inspirierte Story des vermeintlichen Fans, der den Platz der Stardiva einnehmen will, auf die Spitze.
Im zweiten großen Damenmatch des Abends besiegte die in diesem Jahr neu verpflichtete Mercedes Moné (Sasha Banks bei WWE) AEW-Urgestein Britt Baker und blieb damit TBS-Champion. Moné zelebrierte einen der größten Auftritte des Abends und fuhr mit einer Kutsche wie ein Teil der Königsfamilie ein.
Sting mit Nostalgie-Auftritt - neues Tag Team mischt sich ein
Einen weiteren Überraschungsauftritt gab es von der in diesem Jahr in den Ruhestand verabschiedeten Legende Sting, die dem alten Weggefährten Darby Allin beistand: Nach einem verlorenen Coffin Match gegen TNT-Champion Jack Perry deuteten Perry und die mit ihm verbündeten Young Bucks an, den Sarg anzuzünden, in dem Allin dabei gelandet war - die WCW-Ikone unterband es und verpasste den Bucks einen Double Scorpion Death Drop.
Die Bucks hatten zuvor ihre Tag-Team-Titel in einem Dreikampf gegen FTR und The Acclaimed behalten, ehe ein weiteres Duo auf den Plan trat: die ehemals bei WWE aktiven Brit-Szenegrößen The Grizzled Young Veterans (James Drake und Zack Gibson) aus Liverpool, die sich drohend vor den Bucks aufbauten - und dann FTR attackierten, als die Bucks sich entzogen.
Einen weiteren Titelwechsel gab es im Duell der Generationen zwischen Juwel Hook und Altstar Chris Jericho: Hook holte sich trotz zahlreicher Eingriffe von Jerichos Verbündeten Big Bill und Bryan Keith den einst in der Liga ECW von Vater Taz eingeführten FTW Title zurück. Der als Kommentator am Ring sitzende Papa Taz wendete am Ende einen letzten Interventionsversuch von Keith ab und nahm ihn in seinen alten Tazmission-Finisher, während Hook Jericho mit seinem eigenen Spezialgriff Redrum zur Aufgabe zwang.
Die Ergebnisse von AEW All In 2024 - „The Final Countdown“:
Zero Hour (Preshow):
Tommy Billington, Kip Sabian, Rocky Romero, Kyle Fletcher, Lio Rush, Action Andretti 6 Top Flight (Darius & Dante Martin) besiegen Jay Lethal, Satnam Singh, Anthony Ogogo, Ariya Daivari, Private Party (Isiah Kassidy and Marq Quen) & The Dark Order (John Silver & Alex Reynolds)
Willow Nightingale & Tomohiro Ishii besiegen Kris Statlander & Stokely Hathaway
The Von Erichs (Marshall & Ross Von Erich), Sammy Guevara, Katsuyori Shibata, & Dustin Rhodes besiegen The Undisputed Kingdom (Matt Taven & Mike Bennett) & Cage of Agony (Brian Cage, Bishop Kaun & Toa Liona)
Haupt-Card:
AEW Trios Title London Ladder Match: Pac & The Blackpool Combat Club (Claudio Castagnoli & Wheeler Yuta) besiegen The Patriarchy (Christian Cage, Killswitch & Nick Wayne) (c), The Bang Bang Gang (Juice Robinson, Austin & Colten Gunn), The House of Black (Malakai Black, Brody King & Buddy Matthews) - TITELWECHSEL!
AEW World Women‘s Title Match: Mariah May besiegt „Timeless“ Toni Storm (c) - TITELWECHSEL!
FTW Title Match: Hook besiegt Chris Jericho (c) - TITELWECHSEL!
AEW World Tag Team Title Match: The Young Bucks (Matthew Jackson and Nicholas Jackson) (c) besiegen FTR (Cash Wheeler & Dax Harwood), The Acclaimed (Anthony Bowens & Max Caster)
Casino Gauntlet Match: Christian Cage besiegt Orange Cassidy, Kazuchika Okada, Nigel McGuinness, Kyle O‘Reilly, Zack Sabre Jr., Roderick Strong, Mark Briscoe, Hangman Page, Jeff Jarrett, Ricochet, Killswitch
AEW International / American Title Match: Will Ospreay besiegt MJF (c) - TITELWECHSEL!
TBS Title Match: Mercedes Moné (c) besiegt Britt Baker
TNT Title Coffin Match: Jack Perry (c) besiegt Darby Allin
AEW World Title vs. Career Match: Bryan Danielson besiegt Swerve Strickland (c) - TITELWECHSEL!