Die große Verkündung der Europa-Megashow im Londoner Wembley-Stadion war nicht der einzige Hammer, der WWE-Rivale AEW in der Woche nach WrestleMania in petto hatte!
AEW schnappt WWE Topstar in spe weg
Bei der TV-Show Dynamite in Long Island, New York enthüllte die Liga einen weiteren Coup - und zwar gleich zu Beginn der Sendung: Boss Tony Khan hat den auch von WWE umworbenen „Switchblade“ Jay White verpflichtet, hoch anerkannter Ex-Champion der japanischen Partnerliga NJPW und auch in Nordamerika als Topstar der Zukunft gehandelt.
Jay White schlägt bei AEW ein
Der 30 Jahre alte Neuseeländer - Nachfolger von Prince Devitt (Finn Balor), AJ Styles und Kenny Omega als Anführer des mythischen Bullet Club - verbündete sich mit seinem Club-Weggefährten Juice Robinson und attackierte dessen Rivalen „Absolute“ Ricky Starks.
White - der wegen seines Familienstammbaums auch einen niederländischen Pass hat - hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Topstar in Japan entwickelt: Er trat als World Champion der Traditionsliga in die Fußstapfen von Omega und Styles, aber auch Brock Lesnar und Ikonen der Vergangenheit wie Antonio Inoki, Vader und dem frisch in die WWE Hall of Fame berufenen Great Muta.
Noch in diesem Jahr war White Headliner der Megashow Wrestle Kingdom, wo er vor über 26.000 Fans im ehrwürdigen Tokyo Dome den Titel an „Rainmaker“ Kazuchika Okada verlor, den größten und populärsten Star des Landes.
Direkt danach wurde offenbar, dass White NJPW verlassen und in die USA übersiedeln würde. Offen war monatelang nur, ob es ihn zu WWE oder AEW ziehen würde - wo er im Zuge der Kooperation mit NJPW schon einige Gastauftritte hatte.
Ein klarer World-Champion-Kandidat der Zukunft
AEW hat nun den Zuschlag bekommen und damit einen dicken Fang gemacht: Auch wenn White noch eher nur den eingefleischten Wrestling-Fans ein Begriff ist, darf der 1,86-Meter-Mann auch in Amerika als veritabler World-Champion-Kandidat der Zukunft gelten.
Whites vergleichsweise schnörkelloser, aber technisch hoch ausgereifter Stil und seine charismatisch-seriöse Aura haben ihm schon diverse Vergleiche mit Bret Hart oder auch den jungen Triple H und Randy Orton eingebracht (Orton war Whites Kindheitsidol).
Durch Whites Geschichte mit dem Bullet Club (der bei NJPW nun von Fit Finlays Sohn Dave angeführt wird) liegen bei AEW für White auch diverse Storys mit den früheren Mitgliedern der Gruppierung auf der Straße - unter ihnen neben Omega auch die Young Bucks, Adam Cole und Hangman Page.
Neben der Verpflichtung von White hat Khan am Mittwoch auch erwartungsgemäß bestätigt, dass er den früheren WWE-Kommentator Nigel McGuinness fest unter Vertrag genommen hat. McGuinness debütierte am Freitag unangekündigt bei der L.A.-Show Supercard of Honor bei der AEW-Schwesterliga ROH - McGuinness war dort zu aktiven Zeiten World Champion und ein großer Rivale Bryan Danielsons.
Die Ergebnisse von AEW Dynamite am 5. April 2023:
Ricky Starks vs. Juice Robinson - No Contest |
AEW World Trios Title Match: The House of Black (c) besiegen The Best Friends |
AEW World Women‘s Title Match: Jamie Hayter (c) besiegt Riho |
Sammy Guevara besiegt Komander |
FTW Title Match: Hook (c) besiegt Ethan Page |
The Blackpool Combat Club besiegen drei lokale Wrestler |
AEW World Tag Team Title Match: FTR besiegen The Gunns (c) - TITELWECHSEL! |
Auch Zukunft von FTR offiziell geklärt
Ebenfalls offiziell geklärt ist auch die Zukunft von FTR, dem Tag Team des Jahres 2022: Im Hauptkampf der Show, in dem die beiden ihre Karriere bei AEW aufs Spiel gesetzt hatten, besiegten Dax Harwood und Cash Wheeler das Bruderpaar Austin und Colten Gunn und holten sich damit die Tag-Team-Titel von AEW zurück.
Auch um Harwood und Wheeler gab es Wechselgerüchte zu WWE, die sich jedoch schon im Vorfeld des Matches relativiert hatten. Diverse Insider-Medien hatten vermeldet, dass FTR AEW erhalten bleiben würden und der drohende Abgang nur noch Story war.
Und wäre es nicht da schon klar gewesen, wäre die Entscheidung wohl spätestens am Montag gefallen: Mit dem nun wieder am WWE Hebel sitzenden Ligagründer Vince McMahon verbindet FTR ein angespanntes Verhältnis - Harwood hatte zuletzt in einem Interview mit Sports Illustrated enthüllt, dass McMahon ihnen einst ins Gesicht gesagt hätte, dass sie „nur Wrestler“ seien, keine „Sports Entertainer“, wie er es sich wünschen würde.
Drei weitere Titelmatches
In drei anderen Titelmatches blieben die Gürtel, wo sie waren: Das House of Black um Whites niederländischen Halb-Landsmann Malakai Black verteidigte die Trios Titles gegen die Best Friends, Damenchampion Jamie Hayter gegen Ex-Titelträgerin Riho, der inoffizielle FTW-Title blieb bei Top-Talent Hook, dem Sohn von Legende und AEW-Kommentator Taz.
Der aktuelle World Champion MJF hatte in seiner Heimat auch einen größeren Auftritt: Nachdem er vor Dynamite eine reale Ehrung für seine Verdienste um die Stadt erhielt (und seinen echten Einsatz gegen Antisemitismus), wurde daran auch bei Dynamite angeknüpft - wo der Erzbösewicht seine Ansprache aber erwartungsgemäß ins Höhnische und Größenwahnsinnige abdriften ließ. Rivale „Jungle Boy“ Jack Perry sprengte die Zeremonie mit einer Prügel-Attacke.
AEW stellt weitere Coups in Aussicht
Generell herrscht nach dem vom Eklat-Abgang CM Punks überschatteten Krisenherbst 2022 aktuell wieder spürbar gute Laune bei AEW.
Boss Khan präsentierte sich am Freitag in Los Angeles bei einer Pressekonferenz - bei der auch SPORT1 vor Ort war - in Hochstimmung und deutete an, dass in seiner Liga demnächst noch viele weitere „interessante“ Dinge passieren würden.
Khan wird damit unter anderem darauf angespielt haben, dass die wegweisende Verlängerung des auslaufenden TV-Vertrags mit Warner Brothers Discovery mittlerweile als sicher gilt, Berichten zufolge ist auch eine dritte wöchentliche Show in Planung, anscheinend für den Samstag anvisiert.
Goldberg? Banks und Naomi? McInytre? CM Punk?
Auch weitere Personal-Coups scheinen ins Haus zu stehen: Khan sprach am Freitag zum wiederholten Mal auffällig offen über sein Interesse an der nicht mehr bei WWE unter Vertrag stehenden Legende Bill Goldberg, undementiert ließ Khan zuletzt auch die wieder heißer gewordenen Spekulationen um die bei WWE abtrünnigen Ex-Damenchampions Mercedes Moné und Trinity Fatu (Sasha Banks und Naomi).
Auch die um WrestleMania enthüllte Meldung, dass Drew McIntyres WWE-Vertrag in diesem Jahr ausläuft und aktuell noch keine Verlängerung in Sicht ist, wird Khan aufmerksam registriert haben. Im Rennen um Kenny Omega, dessen AEW-Vertrag in diesem Jahr ausläuft, dürften sich die Gewichte durch die veränderte Führungslage bei WWE auch zu Gunsten von AEW verschoben haben.
Selbst eine Versöhnung mit CM Punk erscheint mittlerweile wieder möglich: Der Wrestling Observer vermeldete vergangene Woche, dass Khan Punk zurück wolle und entsprechende Schritte eingeleitet hätte - unter anderem eine Verlegung des Herbst-Events All Out in das United Center in Punks Heimat Chicago, wo 2021 sein Debüt stattfand.
Nachdem Punk mit einem brisanten und vorwurfsvollen Instagram-Post zuletzt aber neue Irritationen ausgelöst hat, ist derzeit wieder unklar, wo die Dinge stehen.
Seitenhieb auf McMahon-Beben bei WWE
Khans Stimmungshoch dürfte nicht kleiner geworden sein durch die neuerliche Machtübernahme von Vince McMahon bei WWE: Mit dem auch bei WWE-Fans umstrittenen Mogul als Gegenspieler war das Leben für AEW leichter als mit „Triple H“ Paul Levesque, der in den vergangenen Monaten viele vorher enttäuschte Anhänger zu WWE zurückgeholt hatte.
Einen Seitenhieb auf das McMahon-Beben und das chaotische und vielkritisierte „RAW after Mania“ ließ sich AEW bei Dynamite auch nicht nehmen. Ex-WWE-Star Bryan Danielson (Daniel Bryan) platzierte in einer Promo-Ansprache seines Blackpool Combat Club eine offensichtlich auf RAW gemünzte Ansage.
Im Zuge einer Attacke auf Combat-Club-Rivale Hangman Page erklärte Danielson (im realen Leben ironischerweise erklärtermaßen ein großer Bewunderer McMahons) sich und seine Kollegen (Jon Moxley, Claudio Castagnoli, Wheeler Yuta) zu den „einzigen echten professionellen Wrestlern hier bei AEW“ - und ergänzte den Zusatz: „Nach dem, was ich diese Woche gesehen habe, sind wir auch die einzigen professionellen Wrestler in Amerika!“