Beim größten TV-Event des Jahres hat WWE-Rivale AEW seinen größten Personal-Coup seit langem präsentiert - mit noch nicht ganz klaren Implikationen.
Sensations-Wechsel zu AEW hat Haken
Bei Grand Slam, einer Spezialausgabe der Show Dynamite im mit über 12.000 Fans besetzten Arthur Ashe Stadium in New York, feierte Saraya, die frühere Paige, ihr Überraschungs-Debüt.
Sarayas Karriere schien wegen einer schweren Verletzung eigentlich seit Anfang 2018 früh beendet, sie strebt allerdings erklärtermaßen ein Ring-Comeback an. Wie der Wrestling Observer am Freitag berichtete, hatte sie dafür bis vor „sehr kurzem“ noch keine ärztliche Freigabe. Inzwischen hat Saraya in einem darauf gemünzt scheinenden Tweet darauf reagiert und die Spannung mit einem Verweis auf die nächste Dynamite-Ausgabe weiter angefacht: „Ignoriert den Dirtsheet-Clickbait. Wir sehen uns Mittwoch.“
„Dirtsheet“ ist eine in der Szene gebräuchliches, abwertendes Wort für Wrestling-Medien.
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Im Windschatten der Ankunft des jüngsten Damenchampions der WWE-Geschichte gab es außerdem drei teils überraschende Titelwechsel: Im Hauptkampf der Show krönte sich Jon Moxley gegen Bryan Danielson zum neuen World Champion - und löste damit CM Punk ab, der bei AEW nach dem jüngsten Eklat um seine Person keine Zukunft zu haben scheint. (NEWS: Alle Neuigkeiten zu AEW)
Das Grand-Slam-Special erzielte diesmal in den USA eine Einschaltquote von 0,35 in der jüngeren Zielgruppe, schwächer als in den Vorwochen und deutlich schwächer als im Vorjahr (0,48), im Windschatten der damaligen Verpflichtungen von CM Punk, Bryan Danielson und Adam Cole. Auch im Fernduell mit dem WWE-Flaggschiff RAW (0,45) war AEW diesmal deutlich unterlegen - obwohl RAW infolge der brutalen Konkurrenz durch gleich zwei NFL Monday Night Games sein schwächstes Rating seit zwei Monaten erzielte.
Der aktuelle Abstand verdeutlicht den Trend, dass die Schere zwischen WWE und AEW - das im Herbst und Winter 2021/22 seine drei ersten Siege über RAW in der jungen Zielgruppe hatte einfahren können - wieder deutlich auseinander gegangen ist.
Saraya - ehemals Paige - versetzt AEW-Fans in Ekstase
Saraya - berühmt auch durch die von Dwayne „The Rock“ Johnson produzierte Verfilmung ihrer bewegten Lebensgeschichte (“Fighting with my Family“, mit Florence Pugh in der Hauptrolle) und unfreiwillig bekannter geworden durch einen Sextape-Hack - erschien nach dem vorletzten Match des Abends auf der Bildfläche.
Toni Storm hatte zuvor ihren Interims-Damentitel gegen Britt Baker, Serena Deeb und Athena (ehemals: Ember Moon bei WWE) verteidigt und war danach Opfer einer Attacke von Baker und deren Verbündeter Jamie Hayter geworden.
Im Anschluss ertönte eine bislang unbekannte Musik - und die Fans brachen in Jubelstürme aus, als sich zeigte, dass Saraya dahintersteckte. Die 30-Jährige ging zum Ring, aus dem sich Baker dann überrascht zurückzog (ohne dass es Körperkontakt gab), auch die anderen künftigen Rivalinnen gaben sich schockiert, um den Moment zu unterstreichen.
Ligaboss Tony Khan machte dann via Twitter Sarayas Verpflichtung offiziell.
WWE ließ Vertrag auslaufen
Paige stand bis zum 7. Juli unter WWE-Vertrag, ehe der Marktführer den Kontrakt auslaufen ließ. Eigentlich hatte sie ihre aktive Karriere Anfang 2018 nach einer schweren Rückenverletzung beendet, sie bekam von den WWE-Ärzten keine Freigabe mehr.
Wissenswertes zum Thema Wrestling:
Schon bei ihrem WWE-Aus hatte Saraya allerdings verkündet, dass sie ein Ring-Comeback plant - es wäre auch nicht das erste Comeback nach einem scheinbar unumkehrbaren Wrestling-Bann: Paiges neue AEW-Kollegen Bryan Danielson (Daniel Bryan) und Christian Cage - die ihre Rückkehr jeweils auch noch bei WWE gestartet hatten - sowie Edge sind die prominentesten Beispiele.
Sollte Saraya für fit erklärt werden (oder worden sein) und wie erhofft einschlagen, wäre sie ein großer Gewinn für AEW, wo die Damendivision bislang als Sorgenkind gilt: Abgesehen von der erfolgreich zum populären Phänomen aufgebauten Britt Baker mangelt es an Starpower - was sich auch in immer wieder sinkenden Quoten bei den Frauensegmenten widerspiegelt.
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Auch Chris Jericho und The Acclaimed gewinnen Titel
Den ersten und überraschendesten Titelwechsel des Abends gab es gleich zu Beginn, als Legende Chris Jericho den Schweizer Claudio Castagnoli (früher Cesaro) als World Champion der AEW-Schwesterliga ROH entthronte - nicht ganz sauber allerdings: Jericho brachte kurz vor dem Finish einen unbemerkten Tritt unter die Gürtellinie an. Das Finish spielt hinein in die Dynamik zwischen Jericho und Zögling Daniel Garcia, der zuletzt immer wieder mehr sportliche Fairness von Jericho verlangt hatte.
Angedeutet hatte sich derweil schon die Krönung neuer Champions im Tag-Team-Bereich: Das zuletzt sehr erfolgreich durchgestartete Duo The Acclaimed (Anthony Bowens und der für seine frechen Raps bekannte Max Caster) besiegten in ihrem Heimatstaat New York Swerve in our Glory (Keith Lee und Swerve Strickland) und sicherte sich damit ihr erstes Titelgold bei AEW.
Zum Abschluss der Show sicherte sich Moxley (früher: Dean Ambrose) gegen Danielson den World Title und ist damit der erste dreimalige Champion der Liga-Geschichte. „Mox“ würgte Danielson - wie Castagnoli Partner im „Blackpool Combat Club“ - am Ende eines 20-minütigen, heiß umkämpften Fights in Old-School-Manier mit einem Sleeperhold bewusstlos. Moxley sich anbahnende Fehde gegen den frisch zurückgekehrten Jungstar MJF - während des Kampfes immer wieder eingeblendet - dürfte die tragende Säule des für AEW wegen des auslaufenden Fernsehvertrags wegweisenden TV-Herbsts werden.
Die Ergebnisse von AEW Dynamite: Grand Slam 2022
ROH World Title Match: Chris Jericho besiegt Claudio Castagnoli (c) - TITELWECHSEL!
AEW World Tag Team Title Match: The Acclaimed besiegen Swerve in our Glory (c) - TITELWECHSEL!
AEW All-Atlantic Title Match: Pac (c) besiegt Orange Cassidy
AEW Women‘s Interim Title Match: Toni Storm (c) besiegt Athena, Britt Baker, Serena Deeb
AEW World Title Tournament Final Match: Jon Moxley besiegt Bryan Danielson - TITELWECHSEL!