Er kam. Er sah. Er ging wieder. Und er hinterließ eine Welle der Begeisterung.
Wie ein „deutscher“ Dämon Kult wurde
Innerhalb von 13 Stunden generierte die Ankündigung der Verpflichtung des 31-Jährigen über 37.000 Likes bei Twitter - eine atemberaubende Dimension für einen Wrestler, der noch nie auf der nationalen TV-Bühne präsent war.
Donovan Danhausen, wie er tatsächlich mit vollem Namen heißt, hat mit seinem liebevoll entworfenen Charakter und cleverer Social-Media-Vermarktung ein Phänomen kreiert, das schon jetzt zigtausende Fans begeistert - und nun noch größer herauskommen dürfte.
Was aber steckt hinter dem Kult um Danhausen?
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Danhausen wurde von der Horror- zur Comedy-Figur
Der am 17. August 1990 in Detroit geborene Danhausen, Schüler der Independent-Wrestler Truth Martini und Jimmy Jacobs, hat sich seit seinem Ringdebüt 2013 schrittweise zu einer einzigartigen Erscheinung der Szene entwickelt.
Die ursprünglich als düsterer Charakter á la Bray Wyatt oder Malakai Black konzipierte Rolle nahm Fahrt auf, als Danhausen stattdessen einen komödiantischen Pfad einnahm.
Danhausen kam zum Schluss, dass sein an Stummfilm-Horrorklassiker wie Nosferatu angelehnter und mit albtraumhaften Mini-Clips im Stil von David Lynch vorgestelltes Gimmick zu speziell war - und schuf stattdessen einen burlesken Clown (“very nice, very evil“, „Love that Danhausen or be cursed“), der in seiner Mixtur aus Horror und Comedy eher ein Charakter aus den Filmen von Tim Burton sein könnte.
Der einfache, aber geniale Vorschlag, der Figur den deutsch klingenden Nachnamen seines Schöpfers zu geben, kam von Kollege und Ex-Tag-Team-Partner Effy, einem ähnlich sich ähnlich clever vermarktendem Indy-Star.
„Conan O‘Brien, der von einem Dämon besessen ist“
Der mit pseudo-deutschem Akzent sprechende Danhausen beschreibt sein Alter Ego immer wieder gern als „Conan O‘Brien, der von einem Dämon besessen ist“. Über die Grundidee amüsierte sich auch der echte O‘Brien - bekannt als Comedian, Late-Night-Talker und Autor diverser legendärer Simpsons-Folgen - in einer Podcast-Begegnung mit seinem Nacheiferer sichtlich.
Neben O‘Brien und den Simpsons nannte Danhausen auch Comedy-Horrorfiguren wie Beetlejuice, Elvira - Mistress of the Dark, die komödiantischeren Versionen des Jokers aus Batman und den Mörder-Hippie Chop Top aus Texas Chain Saw Massacre 2 als Inspirationen.
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Auch der in Amerika sehr populäre Pee Wee Herman zählt zu Danhausens Einflüssen. Wie Herman tanzte Danhausen in seinen Independent-Matches immer wieder zu dem Evergreen der Band The Champs auf dem Ringrand - und verteilte dabei Tritte an die unter ihm stehenden Gegner.
Weitere skurrile Markenzeichen Danhausens: Eine ins Absurde übersteigerte Abneigung gegen Schimpfwörter un eine Dose mit gezogenen Zähnen, die er seinen Kontrahenten in den Mund stopft, um sie zu verwirren und anzuekeln.
Twitter, Kochshow, Kaffee
Danhausen steigerte seine Popularität durch ebenso gekonnte wie gewitzte Auftritte in allen denkbaren Social-Media-Kanälen, zu seinem Universum gehört mittlerweile auch eine selbst produzierte Online-Kochshow (“Dining with Danhausen“) und eine eigene Kaffeemarke (“Danhausen Coffeehausen“).
Vielleicht auch weil dieses Drumherum auch in Pandemie-Zeiten ungebrochen funktionierte, explodierte im vergangenen Jahr Danhausens Popularität und Reichweite. Als sich Ende 2021 sein bisheriger Hauptarbeitgeber Ring of Honor (ROH) zu einer Umstruktutierung und der Entlassung aller festangestellten Wrestler entschloss, galt Danhausen deshalb schnell als heißer Kandidat für Größeres.
Der Blick seiner Fans fokussierte sich deutlich mehr auf AEW denn auf WWE: Der 2019 gegründete Rivale hat sich als deutlich offener für scheinbar abseitige Independent-Phänomene gezeigt - und vor allem im Fall Orange Cassidy auch erfolgreich bewiesen, dass sie auch auf Mainstream-Ebene funktionieren können.
AEW ist um einen Typen reicher
Danhausen - im wahren Leben verheiratet mit der kanadischen Burlesk-Tänzerin Lauren Jiles (Lou Lou la Duchesse de Rière) - spielte das Spiel mit.
Immer wieder platzierte er humorvolle Anspielungen auf AEW-Gerücht, etwa durch eine vermeintlich falsch adressierte Gag-Bewerbung an die Fast-Food-Kette A&W (deren Social-Media-Team ihm prompt eine Einstellung zusicherte).
Dass Danhausens Mission, als Dämon unter Menschen gegangen zu sein, um dort viel „human money“ zu verdienen, trotz aller Popularität noch nicht am Ziel ist, zeigte sich bei einem realen Unglück, das Danhausen ausgerechnet bei einer Halloween-Show widerfuhr: Ein Schien- und Wadenbeinbruch zwang ihn, die Fans mit einer Online-Kampagne um Geld zu bitten, um seine Arztrechnungen zu begleichen und Verdienstausfälle zu kompensieren.
Obwohl Danhausen also noch eine Weile nicht für AEW in den Ring steigen kann, hat die Liga nun trotzdem zugeschlagen und den Neuzugang als Überraschungs-Coup präsentiert. Die große Wrestling-Bühne ist damit um einen äußerst unterhaltsamen Typen reicher.