Der Zweikampf der beiden großen US-Wrestling-Ligen ist aufgeheizt wie lange nicht - und diese Ausgabe von AEW Dynamite dürfte die Schärfe nicht herausnehmen.
AEW rächt sich für WWE-Giftpfeil
In einer turbulente Episode ihrer wichtigsten TV-Show platzierte die Promotion von Tony Khan diverse Sticheleien gegen Konkurrent WWE - womöglich als Rache für einen brisanten Giftpfeil, den der Rivale im Vorfeld der Show gesandt hatte - und konnte sich am Ende über einen Prestigesieg freuen.
Zum dritten Mal in der Geschichte der 2019 gegründeten Liga besiegte Dynamite das langjährige WWE-Flaggschiff Monday Night RAW im US-Quotenvergleich der Kernzielgruppe der 18- bis 49-Jährigen.
Obwohl die aktuelle RAW-Ausgabe sich am Montag gegen harte NFL-Konkurrenz überraschend gut behauptete und ein Rating von 0,43 einfuhr, toppte Dynamite es mit 0,44. Bei der Gesamtquote siegte RAW mit 1,61 Millionen zu 1,032 Millionen.
Die ersten beiden Siege für Dynamite hatte es im Herbst im Windschatten der Debüts von CM Punk, Bryan Danielson und Adam Cole gegeben. Der erneute Erfolg wurde nun begünstigt durch den jüngsten Senderwechsel von TNT zu TBS, durch den Dynamite wieder in allen US-Landesteilen in der Prime Time läuft.
Cody Rhodes lässt mehrfach aufhorchen
Im Zentrum von Dynamite stand das umjubelte Comeback von Jon Moxley nach seinem Alkohol-Drama und überstandenem Entzug. Ein weiteres Kernelement war ein Auftritt von TNT-Champion Cody Rhodes, der mit diversen Anspielungen auf seine persönliche Situation und andere aktuelle Themen aufhorchen ließ.
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AEW-Mitgründer Rhodes - wie oft zuletzt von Buhrufen empfangen - hielt im Ring eine längere Promo-Ansprache, die Bezug nahm auf die Meldung, dass er sich mit Boss Tony Khan noch nicht über eine Vertragsverlängerung einig geworden sei und aktuell Free Agent sei.
In Anspielung auf (inzwischen klar als abwegig einzuordnende) Gerüchte, dass Rhodes durch das „Forbidden Door“ schreiten und beim WWE Royal Rumble auftauchen könnte, holte Rhodes länger aus und erklärte, dass er derjenige gewesen sei, der die verbotene Tür gebaut hätte.
Rhodes erinnerte an die legendäre „Pipe Bomb“ seines AEW-Kollegen CM Punk bei WWE 2011 - und führte aus, dass er am Ende derjenige gewesen sei, der wahr gemacht hätte, was Punk damals angedeutet hätte: Er sei den neuen Weg zu NJPW in Japan, zur Indy-Liga ROH gegangen. Am Ende der Revolution AEW aufgebaut, den Ort, an dem Punk nun sein „Comeback des Jahrzehnt“ erst hätte feiern können - und die Fans die Cody jetzt ausbuhten, hätten ihn bejubelt.
Keine „Gunthers“ bei AEW
Cody ging dann auf diverse Geschehnisse während seiner zweiwöchigen Corona-Pause ein, unter anderem auf das Debüt von Brody King vergangene Woche.
Rhodes meinte dazu, dass dieses Debüt den Geist von AEW widerspiegle - und betonte dabei mit einem Seitenhieb auf die umstrittene Umbenennung von Österreich-Phänomen WALTER den Kontrast zu WWE: Bei AEW gehe es nicht darum, gute Leute umzubenennen in „Gunther McGillybuddy“ oder was auch immer: Er respektiere die „Eier“, die King habe, mit dem Namen „Brody“ bei AEW aufzutauchen - demselben Namen, den das tragisch verstorbene Idol Brodie Lee trug.
Wissenswertes zum Thema Wrestling:
Leitermatch gegen Sammy Guevara kommende Woche
In einer weiteren Stichelei gegen WWE (ohne diese Buchstaben je zu erwähnen) kehrte Rhodes heraus, dass Brodie Lee, Miro, Darby Allin, Sammy Guevara und er dafür bürgen würden, dass der von ihm gehaltene TNT-Titel nicht sekundär wäre wie Titel ohne ein „World“ im Namen es anderswo seien. Das einzige Problem gerade sei nur, dass es derzeit wegen seiner Zwangspause und dem währenddessen von Guevara gewonnenen Interimstitel zwei TNT-Champions gebe.
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Dies gebe es zu klären, er habe deswegen gerne den von Khan zugesandten Vertrag unterschrieben, „auch wenn es nicht der Vertrag war, den ich mir eigentlich gewünscht hätte“.
Rhodes bettete damit die Aufregung um seine ausstehende Verlängerung in die Story-Welt ein - nicht ohne überdeutlich zu machen, dass eine Rückkehr zu WWE kein Thema für ihn ist.
Bei der Dynamite-Ausgabe kommende Woche - dem Special „Beach Break“ in Cleveland (Heimatstadt von Free Agent Johnny Gargano) - wird es ein Leitermatch zwischen Rhodes und Guevara um den Titel geben.
Duo The Acclaimed beantwortet WWE-Giftpfeil
Rhodes‘ verbale Stiche gegen WWE waren nicht die einzigen an diesem Abend: Auch das Tag Team The Acclaimed hatte vor dem Main Event gegen Legende Sting und Jungstar Darby Allin einen Seitenhieb im Gepäck.
Die an Sting und Allin Rapzeile „Fighting with us is gory self-mutilation“ (“Mit uns zu kämpfen ist wie blutrünstige Selbstverstümmelung“) vor dem Fight - der dann an Sting und Allin ging - war eine Anspielung auf eine zuvor von WWE lancierte Kritik am AEW-Produkt.
Als „gory self-mutilation“ bezeichnete WWE am Wochenende in einem Artikel der Toronto Sun das tatsächlich bewusst blutige Frauen-Match zwischen Tay Conti und Anna Jay sowie Penelope Ford und The Bunny. Ein WWE-Sprecher betonte mit dem Hinweis, dass solche „gefährlichen und brutalen“ Dinge zeigen würden, dass AEW und WWE „klar in komplett anderen Geschäftszweigen“ operieren würden. WWE glaube anders als in früheren Zeiten nicht mehr daran, dass solche Matches „TV-Partnern, Sponsoren, Arenabetreibern, Kindern und der Öffentlichkeit“ gefallen würden - Ausführungen, die allgemein als Versuch verstanden wurden, AEW an den Pranger zu stellen und potenzielle Geschäftspartner zu verschrecken.
AEW hatte bislang keine direkte Antwort auf die Kritik gegeben, die mit vielen Attacken auf WWE geführte Dynamite-Ausgabe dürfte die indirekte Replik gewesen sein.
Die weiteren Highlights:
- Im ersten gemeinsamen Match des Liebespaars Adam Cole und Britt Baker feierten der World-Title-Aspirant und der Damenchampion einen Sieg über Orange Cassidy und Kris Statlander.
- CM Punk ließ in einem Match gegen Shawn Spears - Lakai von seinem Erzrivalen MJF - keine Fragen offen: Er bezwang den „Chairman“ binnen Sekunden mit dem Go to Sleep, ehe ihm MJF in einer anschließenden Konfrontation durch die Finger glitt (Punk sich dabei aber dessen edlen Burberry-Schal schnappte).
Parallel dazu wurde auch die Story um die Spannungen zwischen MJF und Bodyguard Wardlow weitererzählt: MJF teilte Wardlow mit, dass er ihm wegen der (von ihm selber verschuldeten) Niederlage gegen Punk vergangene Woche das Gehalt kürze.
- Ein klares Zeichen setzten auch die als Duo debütierenden Malakai Black und Brody King: Die „Kings of the Black Throne“ fertigten die Varsity Blonds schnell ab - anschließend meldete sich jedoch der von Black an beiden Augen attackierte Pac mit einer Videobotschaft und verdeutlichte, dass er noch nicht fertig mit seinem Rivalen sei.
- Der nun vom großmäuligen MMA-Coach Dan Lambert begleiterte Lance Archer untermauerte seine Ambitionen auf Hangman Pages World Title mit einem einseitigen Triumph über Veteran Frankie Kazarian - eine Konfrontation mit Page folgte.
Die Ergebnisse von AEW Dynamite am 19. Januar 2022:
Adam Cole & Britt Baker besiegen Orange Cassidy & Kris Statlander
CM Punk besiegt Shawn Spears
The Kings of the Black Throne besiegen The Varsity Blonds
Lance Archer besiegt Frankie Kazarian
Serena Deeb besiegt Skye Blue
Darby Allin & Sting besiegen The Acclaimed