Am Nachmittag des 24. Dezember 2007 erreichte die Nachricht die Skisprungwelt wie ein Schock. Reinhard Heß, der erfolgreichste Bundestrainer in der Geschichte des deutschen Skispringens, war an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben.
Ein Leben für den Skisprung
Mit nur 62 Jahren verlor der Thüringer den Kampf gegen die Krankheit, die er bis zuletzt mit beeindruckender Stärke ertragen hatte. Sein Tod hinterließ eine Lücke – nicht nur in der Skisprungszene, sondern auch bei all denen, die ihn als Mensch, Mentor und Visionär kannten.
Mehr als nur ein Trainer
Heß war mehr als ein Trainer: Er war der Architekt der erfolgreichsten Ära des deutschen Skispringens. Unter seiner Führung erreichte das Team Höhen, die bis heute unerreicht geblieben sind.
Doch sein Weg dorthin war geprägt von harter Arbeit, Leidenschaft und der Fähigkeit, Sportler zu Höchstleistungen zu treiben.
Heß wird Bundestrainer
Heß wurde am 13. Juni 1945 in Lauscha geboren, einem kleinen Ort in Thüringen, der für seine Glasbläsertradition bekannt ist. Doch für Heß war es der Sport, der sein Leben bestimmen sollte.
Früh begeisterte er sich für das Skispringen und wagte sich selbst von der Schanze. Zwar blieb ihm als Springer der große Erfolg verwehrt, doch setze er so bereits die Grundlagen für Technik und Taktik, die ihn später als Trainer auszeichnen sollten. Seine Trainerkarriere begann Heß in der DDR. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde er 1993 zum Bundestrainer der Skisprung-Nationalmannschaft ernannt. Mit dieser Aufgabe begann ein neues Kapitel, das dem deutschen Skispringen Jahre des Erfolgs bescheren sollte.
Der Vater der goldenen Ära
Die Jahre unter Heß waren die erfolgreichste Phase in der Geschichte des deutschen Skispringens. Mit Athleten wie Jens Weißflog, Martin Schmitt und Sven Hannawald formte er ein Team, das den Skisprung-Sport dominierte.
Besonders in den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren war die deutsche Mannschaft das Maß aller Dinge. Der größte Triumph seiner Karriere war zweifellos Sven Hannawalds historischer Sieg bei der Vierschanzentournee 2001/2002.
Hannawalds Erfolg bewegt
Hannawald gewann als erster Springer überhaupt alle vier Wettbewerbe in einer Saison – ein Rekord, der lange Zeit bestehen blieb. Heß selbst bezeichnete diesen Erfolg später als einen der bewegendsten Momente seiner Laufbahn. Doch Heß war mehr als nur ein Techniker. Seine größte Stärke lag darin, das Vertrauen seiner Athleten zu gewinnen. „Er war der Vater des Erfolgs“, sagte Hannawald einst. Auch Martin Schmitt betonte immer wieder, wie sehr er von Heß‘ Arbeit profitiert habe: „Ohne ihn wären meine Erfolge nicht möglich gewesen.“
Heß war bekannt für seine Bodenständigkeit. Oft stand er mit seiner charakteristischen Mütze am Schanzentisch, beobachtete akribisch die Sprünge seiner Athleten und gab ihnen klare Anweisungen. Auch abseits der Schanze war Heß ein geschätzter Begleiter. Seine Menschlichkeit, und seine Fähigkeit, in schwierigen Momenten Stärke auszustrahlen, machten ihn zu einer echten Persönlichkeit.
Ein schmerzhafter Verlust
Die Nachricht von seinem Tod an Heiligabend 2007 traf die Skisprungwelt hart. Viele seiner ehemaligen Athleten und Wegbegleiter äußerten ihre Trauer und würdigten Heß als einen der bedeutendsten Trainer, den der Sport je gesehen hat. „Sein Verlust ist nicht in Worte zu fassen“, sagte damals Martin Schmitt.
Der Spiegel veröffentlichte damals Worte, die Reinhard Heß noch Ende November Freunden anvertraut hatte: „Ich bin dankbar, dass mir der Herrgott noch eine schöne Zeit geschenkt hat. Ich konnte viel mit meiner Frau Regina unternehmen, hatte mein zweites Enkelkind im Arm. Da habe ich manchmal fast vergessen, dass ich unheilbar krank bin. Jetzt muss ich dem Sensenmann in die Augenschauen.“
Heute, 17 Jahre später, ist Reinhard Heß immer noch unvergessen. Sein Name steht für eine Ära, in der das deutsche Skispringen die Weltspitze eroberte. Er hinterlässt ein Vermächtnis, das weit über sportliche Erfolge hinausgeht.
Sein Name bleibt untrennbar mit der goldenen Ära des deutschen Skispringens verbunden – und mit all den Momenten, in denen ein Athlet die Schanze verlässt und fliegt.