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Vierschanzentournee: Der Skandal, der Wintersport-Deutschland erboste

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Vierschanzentournee: Der Skandal, der Wintersport-Deutschland erboste

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Ein legendärer Tournee-Skandal

Vor 30 Jahren verpasste Jens Weißflog unter skandalösen Umständen seinen historischen 4. Triumph bei der Vierschanzentournee. Ein Norweger namens Lasse Ottesen machte sich zum Feindbild.
Jens Weißflog verpasste 1994 seinen vierten Sieg bei der Vierschanzentournee
Jens Weißflog verpasste 1994 seinen vierten Sieg bei der Vierschanzentournee
© IMAGO/WEREK
Vor 30 Jahren verpasste Jens Weißflog unter skandalösen Umständen seinen historischen 4. Triumph bei der Vierschanzentournee. Ein Norweger namens Lasse Ottesen machte sich zum Feindbild.

Olli Dittrich, der schon damals große deutsche Humorist, machte am Ende einen großen Witz aus dem Skandal.

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In der Talkshow-Parodie „Zwei Stühle, eine Meinung“ trat Dittrich in der TV-Show „RTL Samstag Nacht“ als Jens Weißflog auf. Als die deutsche Skisprung-Legende, die kurz zuvor um ihren möglichen vierten Sieg bei der Vierschanzentournee gebracht worden war.

Er sei trotz seiner großen Zahnschmerzen eigentlich bestens vorbereitet gewesen, sächselte Dittrich/Weißflog im Gespräch mit seinem Bühnenpartner Wigald Boning. Eine Schlüsselrolle hätte dabei vor allem eine Mohrrübe gespielt, die er sich zur Orientierung an den kritischen Punkt der Schanze in Bischofshofen gesteckt hätte.

Guten Mutes sei er dann also von der Schanze abgehoben „und dann sehe ich, wie der Norweger Lassen Ottensen die Mohrrübe einfach aufisst!“

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Es war natürlich alles etwas anders, bei diesem denkwürdigen Tournee-Finale 1994, das sich an diesem Wochenende zum 30. Mal jährte. Die damaligen Geschehnisse erbosten ganz Wintersport-Deutschland - und schienen der glanzvollen Karriere der Ikone Weißflog ein Ende mit bitterer Note zu bereiten.

Jens Weißflog erlebte bittere Vierschanzentournee 1994

Weißflog war seinerzeit auf bestem Wege, seinen vierten Tourneesieg und seinen zweiten für das wiedervereinte Deutschland einzusacken.

Er gewann - wie soeben sein am Ende ebenfalls vom Pech verfolgter Erbe Andreas Wellinger - den Auftakt in Oberstdorf. In Garmisch und Innsbruck musste er die Tagessiege dann zwar seinen Rivalen Espen Bredesen aus Norwegen und Weltcup-Leader Andreas Goldberger aus Österreich überlassen. Dennoch verteidigte er die Gesamtführung - ehe sich dann die Ereignisse überschlugen.

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Weißflog musste sich nach dem dritten Springen einer Zahn-OP unterziehen und einen Schneidezahn entfernen lassen. Trotz der gute Ausgangslage wuchsen damit die Befürchtungen, dass er den Tourneesieg auf der Zielgeraden in Bischofshofen verspielen würde - wie vorher auch schon zweimal.

Weißflog und Bredesen mit packendem Zweikampf

Ein schmerzfreies Training auf der Paul-Außerleitner-Schanze vergrößerte den Optimismus wieder – ehe dann jedoch Rivale Bredesen mit einem 130-Meter-Satz den Schanzenrekord um drei Meter verbesserte und damit ein dickes Ausrufezeichen setzte.

Bredesen hatte auch in der Qualifikation die Nase vorn, ebenso wie im ersten Durchgang. Weißflog lag mit 120 Metern aber in Schlagdistanz zu Bredesen (123,5) und dem zweiten Tagessieg-Konkurrenten, dem ewigen Noriaki Kasai aus Japan (121,5).

Wäre das Springen zu diesem Zeitpunkt beendet worden, Weißflog wäre immer noch Tourneesieger gewesen. Es kam anders - und eine die dritte Hauptrolle spielte dabei Bredesens norwegischer Teamkollege, der in Wahrheit Lasse Ottesen hieß.

Lasse Ottesen mit schmutzigem Spiel

Der in der Gesamtwertung längst abgehängte Ottesen half Bredesen mit unfairen Mitteln: Ottesen - der unmittelbar vor Weißflog an der Reihe war - blieb vor seinem Sprung quälend lang auf dem Absprungbalken sitzen, verließ ihn zwischenzeitlich sogar, bis er sich schließlich erst unter drohenden Ermahnungen der Wettkampfleitung zum Sprung bewegen ließ.

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Nach eigener Darstellung wollte Ottesen bessere Windbedingungen für sich abwarten, es drängte sich aber schnell der Verdacht auf, dass er anderes im Sinn hatte: Absichtlich so lange zu warten, bis Weißflog mit schlechterem Wind zu kämpfen haben würde.

Tatsächlich kam es genau so: Weißflog wurde von ungünstigem Rückenwind auf eher schwache 113,5 gedrückt - Bredesen machte später mit 121,5 Metern den Tages- und den Tourneesieg klar.

Ottesen wurde für sein unsportliches Verhalten zwar disqualifiziert, das Gesamtergebnis wurde aber nicht angetastet.

„Das haben wir Ottesen zu verdanken, dem A***hloch“

Ob Ottesens schmutziges Spiel am Ende wirklich den entscheidenden Unterschied gemacht hat: ungewiss. Ein unverdienter Sieger war der heute 55-Jährige, der damals in der Form seines Lebens war, trotz allem nicht.

Weißflog machte seinen Ärger dennoch vor allem an Ottesen fest. „Das haben wir dem Ottesen zu verdanken, dem Ar***loch!“ schimpfte er im Auslauf vor laufender TV-Kamera ins Funkgerät.

Der „Floh vom Fichtelberg“ hatte eigentlich vorgehabt, seine Karriere nach der Saison 1994 zu beenden - und vorher Geschichte zu schreiben: Vier Tournee-Gesamtsiege hatte bis dato noch keiner geschafft.

Die Geschichte nahm dann doch nochmal eine andere Wendung.

Weißflog erlebte doch noch ein großes Happy End

Weißflog beendete die Olympia-Saison 1994 mit zwei Goldmedaillen in Lillehammer - auf der Großschanze vor Bredesen und im Team mit Dieter Thoma, Christof „Duffi“ Duffner und Hansjörg Jäkle.

Vom doppelten Gold-Coup ermutigt, entschloss sich Weißflog, doch noch weiterzumachen. Er holte dann 1996 den ersehnten vierten Tournee-Triumph und trat danach ab. Mit Ottesen - der später in seiner Heimat Funktionärs-Karriere machte - versöhnte er sich später dann auch noch.

Weißflogs Rekord hatte Bestand bis 2008, als ein Finne den Rekord auf 5 aufbaute, der bei der Skandal-Tournee 1994 noch als 16 Jahre junges Talent mitsprang: ein gewisser Janne Ahonen.