Gemeinsam mit Karl Geiger ist Markus Eisenbichler in den vergangenen Jahren zur Führungsfigur im deutschen Skisprung-Team avanciert.
Gewichts-Wirbel: Das sagt Eisenbichler
Der Siegsdorfer gilt auch für den Olympia-Winter 2021/22 mit dem Höhepunkt Peking als heißer Kandidat für Erfolge und Medaillen.
Für den 30-Jährigen selbst sind die Olympischen Winterspiele aber nicht das überstrahlende Saison-Highlight, wie er im Interview mit SPORT1 erzählt.
Außerdem verrät er, was er von einem Olympia-Boykott hält und spricht über den Gewichts-Wirbel um Olympiasiegerin Maren Lundby.
Skisprung-Star Eisenbichler will Titel verteidigen
SPORT1: Am 20. November startet die neue Skisprung-Saison. Wie groß ist die Vorfreude bei Ihnen?
Markus Eisenbichler: Die Vorfreude ist wirklich sehr groß. Ich hatte eine gute Vorbereitung. Der Start ist dieses Jahr in Russland, das ist zwar ein weiter Flug, aber dafür ist es da schneesicher und sie haben eine wirklich schöne Schanze. Deswegen freue ich mich sehr auf den Auftakt.
SPORT1: Wie lief die Vorbereitung insgesamt für Sie?
Eisenbichler: Generell lief es gut. Klar gab es ein, zwei Baustellen: Ich bin mal gestürzt, hatte ein paar kleine Verletzungen, aber insgesamt habe ich mich schon gut vorbereitet. Im Endeffekt ist es eh so, dass man zum Saisonstart erst mal dabei sein muss und dann versucht man, sich Stück für Stück zu den Highlights zu steigern.
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Eisenbichler: „Gesamtweltcup wäre schon großes Ding“
SPORT1: Was sind Ihre Ziele für die Saison?
Eisenbichler: Ich möchte auf jeden Fall im Gesamtweltcup stabil sein. Natürlich würde die große Kugel schon gerne mal gewinnen, aber da gehört sehr große Konstanz dazu. Es gibt aber auch noch die Vierschanzentournee, Olympia und die Skiflug-WM in Vikersund 2022. Uns gehen die Ziele auf jeden Fall nicht aus. Mal schauen was möglich ist, aber der Gesamtweltcup wäre schon ein großes Ding.
SPORT1: Sie sprechen den Gesamtweltcup als großes Ziel an, aber in dieser Saison finden auch die Olympischen Winterspiele statt. Wie kommt es, dass Olympia nicht Ihr Hauptziel ist?
Eisenbichler: Als ich als Kind Skispringen geguckt habe, haben mich immer die Springer begeistert, die beim Skifliegen oder den Gesamtweltcup gewonnen haben. Die waren für mich immer die Größten und so wollte ich auch werden. Um Olympiasieger oder Weltmeister zu werden, muss man einen Tag stark springen, das hat auch immer ein wenig mit Tagesform und Glück zu tun. Deswegen hat mich das noch nie so sehr gereizt wie die anderen möglichen Erfolge. Trotzdem würde ich es natürlich mitnehmen, wenn ich eine Medaille gewinnen würde.
SPORT1: Die Olympischen Spiele finden in China auf einer neuen Schanze statt. Stimmt es eigentlich, dass Sie diese Schanze bisher nur von Bildern kennen?
Eisenbichler: Ja, richtig. Die kenne ich bisher noch gar nicht. Wir sind zwar bisher noch nicht auf der Schanze gesprungen, aber im Endeffekt haben wir dann in der Vorbereitung noch genug Zeit, die Schanze kennenzulernen und dort zu trainieren. Auch von Weltcup-Ort zu Weltcup-Ort unterscheiden sich die Schanzen immer wieder. Auch deswegen kann ich mit neuen Schanzen immer gut umgehen. Da braucht man dann zwei, drei Sprünge und dann geht das in der Regel ganz gut.
Eisenbichler: China als Austragungsort „nicht optimal“
SPORT1: Wenn man eine Schanze gar nicht kennt, was muss man dann in der Vorbereitung beachten?
Eisenbichler: Im Endeffekt muss man da nichts Besonderes beachten. Man muss einfach schauen, dass man nach den ersten Sprüngen den Rhythmus der Schanze aufnimmt. Eigentlich sind alle Skisprungschanzen ähnlich. Alle Schanzen haben einen Anlauf und einen Absprung: Man muss dann nur ein wenig herausfinden, wie die Charakteristik der Schanze ist. Da merkt man aber relativ schnell, was man beachten muss.
SPORT1: China wird oft wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert - auch deswegen fordern viele Menschen, dass Wettkämpfe in solchen Ländern boykottiert werden. Wie stehen Sie dazu?
Eisenbichler: Der Austragungsort bei den Olympischen Spielen 2022 ist natürlich nicht optimal. Die Spiele finden aber statt und im Endeffekt werde ich da teilnehmen, um das Land Deutschland bestmöglich zu vertreten und Medaillen zu gewinnen. Wenn ich jetzt nicht mitfahren würde oder Sportler von Deutschland fernbleiben würden, werden dort ja trotzdem Medaillen vergeben. Deswegen fahre ich lieber hin und repräsentiere mein Land. Hoffentlich wird es mit den Austragungsorten dann irgendwann mal anders. Ich glaube, 2026 sind die Olympischen Spiele in Italien. Da finde ich schon, dass das ein Land ist, wo die Spiele gerne stattfinden können.
„Olympia sollte da stattfinden, wo es sinnvoll ist“
SPORT1: Olympische Spiele an Orten wie Peking sind ja oft nicht wirklich nachhaltig. Gerade die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden immer wichtiger. Beschäftigen Sie diese Themen?
Eisenbichler: Ja, natürlich beschäftigt mich das. Da werden einfach Zentren gebaut an Orten, wo danach dann nicht mehr gesprungen wird. Ich finde, das sollten die Verbände und der IOC einfach anders aufziehen. Die Olympischen Spiele sollten da stattfinden, wo es sinnvoll ist und wo der Wintersport auch etwas davon hat. Da sollte man sich die Standorte auf jeden Fall nachhaltiger aussuchen.
SPORT1: Severin Freund hat gesagt, dass für ihn die Ski-Flug-WM das Highlight der Saison ist. Wie sehen Sie das?
Eisenbichler: Die Ski-Flug-WM ist schon ein Highlight, die Olympischen Spiele sind natürlich auch ein Highlight und die Vierschanzentournee sowieso. Das sind die Klassiker. Aber ich versteife mich da jetzt letztendlich nicht auf ein Event. Ich versuche einfach, gut durch die Saison zu kommen und wenn dann eins dieser Highlights kommt und ich bin fit, dann versuche ich, anzugreifen.
Eisenbichler äußert sich zu Lundby-Absage
SPORT1: Olympiasiegerin Maren Lundby hat angekündigt, diese Saison auszulassen, da sich ihr Körper zuletzt verändert habe und sie für die Wettkämpfe und Olympia nicht in kurzer Zeit stark abnehmen wolle. Können Sie das verstehen?
Eisenbichler: Wenn Maren das nicht machen möchte, dann soll sie das so handhaben. Andere Sportler müssen auch auf ihr Gewicht achten, Langstreckenläufer oder Radfahrer. Generell aber ist das eine persönliche Entscheidung. Wenn Maren das nicht will, kann ich das aber auch verstehen.
SPORT1: Es gibt eine BMI-Regel, die dafür sorgen soll, dass sich die Sportlerinnen und Sportler nicht zu sehr herunterhungern. Wird diese Ihrer Meinung nach scharf genug umgesetzt?
Eisenbichler: In vielen Sportarten muss man auch körperlich an seine Grenze gehen. Bei uns ist es halt eine Mischung zwischen leicht und trotzdem fit - und körperlich gesund sein. Ich fühle mich wohl in meinem Körper - und wenn ich ein oder zwei Kilos zu viel habe, ist das auch nicht schlimm. Ich bin da echt entspannt. Es ist auf jeden Fall nicht mehr so, dass ich mich da herunterhungern muss.
SPORT1: Also würden Sie sagen, dass Sie sich vor Wettkämpen einfach nur normal und gesund ernähren?
Eisenbichler: Ich achte allgemein auf die Ernährung. Konkret darauf, was ich esse, also gesund und kein Fast-Food. Da achte ich auch immer drauf, egal ob ein Wettkampf ansteht oder nicht. Deswegen ist mein Körper auch fit und ich fühle mich wohl.