Zwischen Loipe und Kita kamen Therese Johaug irgendwann die Tränen. „Ich bin in einem Schlamassel gelandet, in dem man nicht landen sollte“, sagt die Skilanglauf-Königin über ihren nicht immer einfachen Weg zurück, der sie bis an ihre Grenzen führte.
Comeback der „Königin“
Denn einerseits ist da die ein Jahr alte Tochter Kristin - aber eben auch jener unbändige Wille, es noch einmal zurück an die Weltspitze zu schaffen.
Sie habe versucht, „zwei Trainingseinheiten zu absolvieren, bevor ich Kristin von der Kita abholte. Da war die Erholungszeit etwas zu kurz“, sagt die Norwegerin über die Vorbereitung auf ihr Weltcup-Comeback am Freitag im finnischen Kuusamo. Irgendwann seien aus Erschöpfung eben die Tränen geflossen. Weil zwei Welten sich nicht so leicht vereinbaren lassen, sagt die 36-Jährige.
Weltcup-Entzug! „Ich wollte zurück“
Johaug hatte ihre überaus erfolgreiche Laufbahn eigentlich im März 2022 beendet, als 14-malige Weltmeisterin, viermalige Olympiasiegerin und Gewinnerin von 82 Einzel-Weltcups. Im Mai 2023 wurde sie Mutter - doch irgendetwas fehlte. „Eine Startnummer zu tragen, den Wettkampf zu spüren, den Startschuss zu hören - das habe ich vermisst“, sagt sie: „Ich wollte zurück.“
Was also ist möglich im Weltcup, nach einer so langen Babypause? „Therese kann gewinnen“, sagt Bundestrainer Peter Schlickenrieder: „Ich glaube tatsächlich, dass sie es schaffen kann, weil sie einen brutal starken Willen hat.“
Doch einfach wird es nicht. Am Wochenende wurde Johaug bei einem Testrennen über 10 Kilometer in Beitostölen „nur“ Zweite hinter ihrer Teamkollegin Heidi Weng. Immerhin: In ihrer geliebten Klassik-Technik gewann sie tags zuvor mit großem Vorsprung.
Johaug hat klare Ziele für ihr Comeback
Johaug hat schon einmal den Weg zurück geschafft: Nach einer positiven Dopingkontrolle auf das Steroid Clostebol wurde sie ab Oktober 2016 für 18 Monate gesperrt, der Wirkstoff soll in einer Lippencreme enthalten gewesen sein. Doch nun, acht Jahre später, fällt ihr das Comeback naturgemäß schwerer. „Sie ist genauso schlagbar wie alle anderen“, sagt die deutsche Olympiasiegerin Victoria Carl.
Johaug treibt ein Ziel an: Bei der Heim-WM in Trondheim will sie im März eine Medaille im „Marathon“ über 50 km holen, der erstmals im Programm der Frauen steht - möglichst Gold. Dafür trainierte sie zuletzt mit Marit Björgen (44). Die Rekordweltmeisterin hat vorgemacht, wie es gehen kann: Björgen wurde im Dezember 2015 Mutter - und holte danach noch vier WM-Titel und zweimal Olympia-Gold.
Nach der Trondheim-WM soll Schluss sein für Johaug, auch wenn ihr Mann noch nicht so recht dran glaubt. „Bei Therese weiß man nie, 2026 ist ja schon Olympia“, sagt Nils Jakob Hoff, der zuletzt mit Tochter Kristin sogar ein eigenes Schlafzimmer bezog, um Johaug Ruhe zu gönnen. Die zwei Welten lassen sich eben nicht so leicht vereinbaren.