Dreimal Olympia-Gold, zweimal WM-Gold und der letzte deutsche Sieg im alpinen Gesamtweltcup: Maria Höfl-Riesch hat in ihrer bewegten Karriere ihren Status als eine der besten deutschen Skifahrerinnen aller Zeiten zementiert.
Triumphe, Dramen und Zoff
Am 20. März 2014 tritt sie von der großen Bühne zurück. „Es fällt mir schwer, aber ich denke, es ist die richtige Entscheidung“, sagt Höfl-Riesch damals schwer schluckend auf einer Pressekonferenz.
13 Jahre und genau 4780 Tage nach ihrem ersten Start bei einem Weltcup-Rennen geht die Laufbahn einer absoluten deutschen Legende zu Ende. Eine Karriere, die durch große Siege, aber auch bittere Rückschläge und eine zerbrochene Freundschaft mit Superstar Lindsey Vonn geprägt wurde. SPORT1 blickt zurück.
Höfl-Riesch: Aufstieg und enge Freundschaft mit Vonn
Erstmals steht die kleine Maria Riesch, am 24. November 1984 in Garmisch-Partenkirchen geboren, mit zwei Jahren auf Skiern. Wohin die Reise geht, ist schnell klar. Nach zahlreichen Erfolgen im Juniorenbereich debütiert die einstige Klassenkameradin von Felix Neureuther am 16. Februar 2001 im Weltcup, ein Jahr später steht sie erstmals auf dem Podest.
Den ersten großen Sieg ihrer Karriere feiert sie am 30. Januar 2004, als sie die Abfahrt von Haus im Ennstal gewinnt. Riesch ist endgültig in der Weltspitze angekommen und räumt kurz darauf auch bei der Junioren-WM mit Gold in Abfahrt und Riesenslalom richtig ab: Insgesamt holt sie fünfmal Gold und je zweimal Silber und Bronze bei Nachwuchs-Weltmeisterschaften.
Schon bei den Juniorinnen freundet sich die Garmischerin mit Lindsey Kildow (ab 2007 Vonn) an. Die US-Amerikanerin verbringt unter anderem 2004 ihren Weihnachtsurlaub bei den Rieschs, später soll das Verhältnis jedoch große Risse bekommen.
Kreuzbandrisse in beiden Knien
Diese aber gibt es für Riesch zunächst sportlich: Nach einer Schulterfraktur im Training Ende 2004 zieht sie sich im Januar 2005 bei einem Sturz in Cortina D‘Ampezzo einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu und muss die Saison vorzeitig beenden.
Noch schlimmer läuft es in der Olympia-Saison 2005/2006: Verletzung am Schienbeinkopf, Bruch des Mittelhandknochens und im Dezember 2005 in Aspen Totalschaden im linken Knie: Kreuzbandriss, Meniskusschaden, Knorpelverletzungen, Knochenstauchung und damit Ende der Saison nach nur sechs Rennen.
Doppel-Gold bei Olympia und Thriller-Triumph im Gesamtweltcup
Doch Riesch kämpft sich zurück: Ende 2006 gewinnt sie überraschend gleich das erste Abfahrtsrennen der Saison, 2007/2008 katapultiert sich die gelernte Zollbeamtin dann endgültig zurück in die Weltspitze.
Erstmals in ihrer Karriere gewinnt sie die kleine Kristallkugel für den Sieg in einer Disziplinwertung, und dann gleich doppelt. Weder im Super-G, noch in der Kombination ist Riesch über die Saison gesehen zu schlagen.
Es ist der Beginn der absoluten Gala-Jahre für Riesch: Von 2007 bis zum Karriere-Ende 2014 wird sie in sieben Wintern hintereinander immer unter den Top 3 des Gesamtweltcups stehen. 2010/2011 gewinnt sie ihn, letztmals als Maria Riesch startend, in der knappsten Entscheidung der Geschichte: Ganze drei Punkte trennen die Deutsche am Ende von ihrer mittlerweile großen Rivalin Lindsey Vonn.
2010 in Vancouver krönt sich Riesch zudem noch zur Doppel-Olympiasiegerin: Im Slalom und in der Super-Kombination fährt die Garmischerin zu Gold, wird später auch zur deutschen Sportlerin des Jahres gewählt. Einzig bei der Heim-WM in Garmisch Anfang 2011 läuft es nicht ganz nach Plan: Unter großem Druck und grippegeschwächt wird die große Favoritin in der Super-Kombi nur Elfte, am Ende stehen immerhin zwei Bronze-Medaillen zu Buche (Abfahrt, Super-G).
Eiszeit bei Riesch und Vonn - selbst am Hochzeitstag
Während es auch in der Liebe läuft (seit der Hochzeit mit ihrem Manager Marcus Höfl startet sie unter dem Namen Höfl-Riesch), hat das Verhältnis zur einstigen Freundin Vonn in der Zwischenzeit böse gelitten.
Da beide über viele Jahre zu den absoluten Topläuferinnen gehören, entwickelt sich ein immer größerer Konkurrenzkampf, das Verhältnis der beiden kühlt merklich ab. Ein Streit um Vonns angeblich regelwidrige Ausrüstung bringt das Fass zum Überlaufen.
Die einstigen Freundinnen wechseln kein Wort mehr miteinander. So ist Vonn auch bei Höfl-Rieschs Hochzeit am Wilden Kaiser nicht anwesend.
„Lindsey braucht es, sich selber zu pushen. Immer gewinnen zu wollen und andernfalls nicht zufrieden zu sein, das gehört zu ihrem Image“, sagt Höfl-Riesch Jahre später der Welt und verrät, dies sei „übrigens auch der Grund für das kleine Zerwürfnis, das wir in dem Winter hatten, als ich den Gesamtweltcup vor ihr gewonnen habe.“
Erst eine Aussprache Ende des Jahres in Lake Louise beendet den Streit. Dennoch sagt Höfl-Riesch damals: „Es ist nicht mehr so, wie es vorher zwischen uns war. Das wird es wahrscheinlich auch nie wieder, denn die letzten Jahre haben uns beide verändert.“
Gold bei Olympia – aber auch Helikopter-Abgang
Sportlich bleibt der Gesamtweltcupsieg 2011 Rieschs einziger. Wie zuvor bereits viermal in Folge sichert sich Vonn auch 2011/2012 wieder die große Kugel (Riesch wird hinter Tina Maze „nur“ Dritte), danach verweisen Maze und Anna Fenninger die Deutsche jeweils auf Rang zwei.
Zum Abschluss ihrer Karriere trumpft Höfl-Riesch aber noch einmal groß auf: Bei Olympia in Sotschi darf sie die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier tragen.
„In Vancouver durfte ich schon weit vorne mitlaufen, das war eine Gänsehaut-Atmosphäre, die Stimmung im Stadion zu fühlen. Es geht ein ganz großer Traum für mich in Erfüllung“, sagt die Garmischerin. Später rast sie zum zweiten Mal in ihrer Karriere zu Gold in der Super-Kombi, hinzu kommt noch einmal Silber im Super-G.
Der Abschied im Weltcup dagegen ist einmal mehr dramatisch: In Lenzerheide soll es am letzten Weltcup-Wochenende zum Showdown mit Fenninger um den Sieg im Gesamtweltcup kommen. Doch Höfl-Riesch stürzt im vorletzten Rennen und muss sogar mit dem Helikopter abtransportiert werden. Zwar ist sie wenig später wieder auf den Beinen, die große Kristallkugel ist allerdings futsch.
Mit insgesamt 27 Weltcup-Siegen (nur Katja Seizinger hat für Deutschland mit 36 mehr geholt), fünf kleinen Kristallkugeln plus einmal dem Gesamtweltcup und insgesamt vier Olympia-Medaillen ist Höfl-Rieschs Bilanz aber auch so historisch, als sie am 20. März 2014 ihren Abschied verkündet.
TV-Expertin, DFB-Pokal – und auf dem Traumschiff
Nach ihrer aktiven Karriere bleibt Höfl-Riesch der Öffentlichkeit aber erhalten: So trägt sie zum DFB-Pokal-Finale zwischen Bayern und dem BVB die Trophäe auf den Rasen und bleibt dem Ski-Zirkus als TV-Expertin erhalten.
Aber auch abseits der Pisten ist Höfl-Riesch immer wieder zu sehen: Nachdem sie bereits während ihrer Karriere in Telenovelas auftrat („Marienhof“ und „Sturm der Liebe“), spielt sie 2022 in der „Traumschiff“-Folge „Lappland“ mit, auch wenn sie der Augsburger Allgemeinen damals sagte: „Ich halte mich nicht für das Megatalent. Darum werde ich diesen zweiten Bildungsweg eher nicht beschreiten.“
„Das war eine ganz neue Erfahrung. Ich schaue das Traumschiff schon, seit ich ein Kind bin, kenne den Florian Silbereisen (spielt den Kapitän, Anm. d. Red.) schon seit mehreren Jahren gut“, verrät Höfl-Riesch 2022 bei ihrem Auftritt in der Sendung SKI & BERGE: Das DSV Magazin“ bei SPORT1.
„Es war ein Außendreh in Levi, das war tatsächliche eine meiner Lieblingsstrecken. Ich konnte drei Siege dort feiern“, berichtet die Ski-Ikone weiter: „Es war lustig, nach acht Jahren wieder an den Ort zurückzukommen.“
Von Verletzungen bleibt sie unterdessen auch als Privatperson nicht verschont: 2018 zieht sie sich bei einem Bootsunfall am Gardasee eine Fraktur des Ellbogens, Prellungen und einen Cut am Auge zu und muss sogar operiert werden.
Dennoch hat sie auch nach dem Rücktritt ein ausgefülltes Leben: „Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich nach meinem Karriereende so viele tolle Sachen machen kann. Sachen, die mir Spaß machen“, schwärme sie 2022 bei ihrem Gastauftritt im SPORT1-Studio.
Denn eines ist klar: Langweilig wird es der deutschen Ski-Legende auch nach ihrer aktiven Ski-Karriere nicht.