Als Thomas Dreßen vor ein paar Wochen mal gefragt wurde, warum ihm die Abfahrtsstrecke im kanadischen Lake Louise denn so gut gefalle, lachte er kurz auf und sagte lapidar: „Weil ich dort schon mal gewonnen hab.“
Comeback des ewigen Pechvogels
Das ist nun schon ein paar Jahre her, genau genommen passierte es am 30. November 2019. Bemerkenswert daran aber war: Dreßen siegte damals in seinem ersten Rennen nach einem Kreuzbandriss, erlitten auf den Tag im Jahr davor. (NEWS: Alles Wichtige zum Ski Alpin)
Am Freitag, drei Tage nach seinem 29. Geburtstag, wird der beste deutsche Abfahrer erneut ein Comeback geben, erneut auf der „Olympic Downhill“ in Lake Louise. Seit zweieinhalb Jahren ist Dreßen bei keinem Weltcup-Rennen mehr gestartet, er ist seit März 2020 tatsächlich nur die WM-Abfahrt 2021 gefahren.
Damals belegte er praktisch aus dem Stand heraus Rang 17, immer noch eine erstaunliche Leistung für einen, der gerade eine Hüftoperation überstanden hatte.
Thomas Dreßen über depressive Phasen und Tiefschlag
Unmittelbar nach dieser WM wurde Dreßen am linken Knie operiert, es war ein komplizierter Eingriff, vor allem aber kostete er den Sieger von schon fünf Weltcup-Abfahrten eine weitere Saison.
Die Zwangspause war so lange, dass sie auch den grundsätzlich optimistischen Dreßen zermürbte. Er habe „leichte depressive Phasen durchlebt“, berichtete er, und ein „richtiger Tiefschlag“ war vor allem, als die anderen Deutschen im vergangenen Jahr nach Nordamerika flogen. (ARTIKEL: Dreßen: „Knie nie wieder bei 100 Prozent“)
Diesmal ist alles anders. Dreßen war dabei, als die deutschen Abfahrer vor gut zweieinhalb Wochen nach Copper Mountain/Colorado reisten, um sich nach der Absage der zwei Rennen am Matterhorn auf ihren Saisonstart in Lake Louise vorzubereiten. Er war auch dabei, als die Mannschaft nach Kanada übersiedelte zu Wochenbeginn. Und er war dabei, als am Dienstag die erste Trainingsfahrt anstand auf der Piste, die wie geschaffen ist für ein Comeback.
Wie viel ihm all dies bedeutet, teilte Dreßen in emotionalen Worten auch in den sozialen Netzwerken mit. „Es ist hart, meine Gefühle zu beschreiben, manchmal musst du dir eine Minute Zeit nehmen und den Moment sacken lassen“, schrieb er auf Englisch. Es folgte eine Danksagung an alle, die ihn durch diese zweieinhalb Jahre begleitet haben, besonders hob er seine Frau hervor. „Und jetzt“, schloss er, „freue ich mich auf das, was ich am liebsten mache.“
Dreßen voller Vorfreude auf Saisonstart
Im ersten Training belegte Dreßen Rang 42, 2,13 Sekunden betrug sein Rückstand auf die Bestzeit des Kanadiers James Crawford. Aber: kein Grund zur Beunruhigung. Dreßen ist ja dafür bekannt, dass er sich erst mal herantastet an eine Strecke und dann im Rennen selbst auf ein ganz anderes Niveau kommt. Außerdem „waren die Verhältnisse schwierig“, die Sicht war schlecht, „ich habe mich mit dem Timing etwas schwer getan, das würde ich aber nicht überbewerten.“ (DATEN: Alle Rennen und Ergebnisse)
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Und klar, sagte Dreßen, „ich freue mich sehr, dass es nach so langer Pause für mich jetzt am Freitag endlich losgeht mit dem Rennfahren.“ Nach der Abfahrt am Freitag folgen in Lake Louise am Samstag und am Sonntag noch Super-G-Rennen, dann wird Dreßen, dann werden auch die Kollegen wie Romed Baumann, Josef Ferstl oder Andreas Sander wissen, wo sie denn stehen nach ihrer Vorbereitung im Sommer in Chile und nun in Colorado. (DATEN: Weltcup-Kalender)
Dreßen jedenfalls sagt: „Körperlich geht es mir gut, das ist erst mal das Wichtigste.“ Noch wichtiger allerdings: „Mein Ziel ist klar. Ich will wieder dahin, wo ich vorher war.“ Nach ganz oben also. Und möglichst mal wieder über einen längeren Zeitraum.