Am Samstag schrieb Nathalie Armbruster in Oslo Geschichte, ab Dienstag schreibt sie in Freudenstadt Mathematik und Spanisch: Gleich nach ihrer sportlichen Kür zur ersten deutschen Gewinnerin des Gesamtweltcups holte die lästige Schul-Pflicht die Überfliegerin der Nordischen Kombination ein.
Ein deutsches Wintermärchen
„Kommende Woche stehen schon wieder Klausuren an“, sagte die 19-Jährige: „Ich bin heilfroh, wenn ich auch am Abitur einen Haken dran habe.“ Den Haken machte die Schwarzwälderin an einen sportlichen Erfolg, der selbst für die kühne Optimistin gänzlich unerwartet kam.
Nathalie Armbruster von sich selbst überrascht
„Wow! Was für ein Tag! Ich kann mich Gesamtweltcupsiegerin nennen - mit 19 Jahren“, sagte Armbruster, nachdem sie am Final-Wochenende der Kombiniererinnen am legendären Holmenkollen das Gelbe Trikot mit den Plätzen sechs und vier erfolgreich verteidigt hatte: „Es ist so unwirklich, dass ich die Kristallkugel in einem Jahr hole, in dem ich überhaupt nicht damit gerechnet habe.“
Ein Jahr, in dem alles ein bisschen viel war für die junge Athletin, die bereits mit 17 Vizeweltmeisterin war: der immense Aufwand für den Doppelsport, das Basteln am Abitur auf Einser-Niveau, die ersten Weltcupsiege, das Zittern um die Zukunft der Kombination, die für die Frauen 2026 nicht im Olympiaprogramm steht, der ungewohnte Kontakt mit den Medien, dazu Neuigkeiten aus dem Privatleben - unlängst machte sie ihre Beziehung zum Schweizer Kombinierer Nico Zarucchi (21) öffentlich.
Tränen nach Enttäuschung bei WM
All dies ging an Armbruster nicht spurlos vorbei: Zwei Wochen vor ihren Coup von Oslo stand sie 500 km nördlich schluchzend an der Schanze von Trondheim, knabberte heftig an der WM-Enttäuschung (zweimal Platz sieben im Einzel). Und nun löste sich alles in schiere Freude auf.
„Es ist eine Tonnenlast hier von mir abgefallen. Ich wusste gar nicht, dass ich eine solche Last trage“, sagte Armbruster, die sich als Teenagerin in eine große deutsche Ahnengalerie fügt: Den Gesamtweltcup gewannen vor ihr nur die „Alpha-Elche“ Hermann Weinbuch, Ronny Ackermann und Eric Frenzel. Und seit Sonntag steht auch Vinzenz Geiger als Gesamtsieger praktisch fest.
Genießen kann Armbruster das Füllhorn am Hochgefühlen erst im Sommer, „jetzt kommt mit dem Abitur erstmal eine Zeit auf mich zu, die ebenso fordernd wird wie der Winter.“ Geschichte muss sie dann nicht mehr schreiben - Mathe, Sport und Spanisch sind ihre Leistungskurse.