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Biathlon-WM: Philipp Nawrath exklusiv - "Ich nehme mir eine Medaille vor!"

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„Ich nehme mir eine Medaille vor!”

Die deutschen Biathlon-Männer laufen der Weltspitze in diesem Winter noch hinterher. Trotzdem will Philipp Nawrath wie seine Teamkollegen bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Lenzerheide nach Edelmetall greifen. Im SPORT1-Interview erklärt der 31-Jährige, was ihn zuversichtlich stimmt.
Die Biathlon-WM findet dieses Jahr im schweizerischen Lenzerheide statt. Zwölf Mal kämpfen die Biathleten vom 12. Bis zum 23. Februar um Edelmetall.
ntrettin
Die deutschen Biathlon-Männer laufen der Weltspitze in diesem Winter noch hinterher. Trotzdem will Philipp Nawrath wie seine Teamkollegen bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Lenzerheide nach Edelmetall greifen. Im SPORT1-Interview erklärt der 31-Jährige, was ihn zuversichtlich stimmt.

Kein einziger Athlet in den Top Ten des Gesamtweltcups, lediglich zwei Podestplätze in den bisherigen Einzelrennen dieses Winters: Noch laufen die Biathlon-Männer des Deutschen Skiverbandes (DSV) der Weltspitze und den eigenen Ansprüchen hinterher. Besonders schlecht lief es im Januar vor heimischem Publikum in Oberhof und Ruhpolding sowie beim Abstecher ins italienische Antholz.

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Doch woran es haperte, ist den Beteiligten längst klar. Und an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, ebenfalls. So rechnet sich Philipp Nawrath, neben Justus Strelow, Johannes Kühn, Philipp Horn und Danilo Riethmüller einer der fünf Nominierten, bei der anstehenden Biathlon-WM in Lenzerheide einiges aus. Im SPORT1-Interview spricht der 31-Jährige unter anderem über seine Ziele, die Chancen des Teams und den angekündigten Rücktritt der Bö-Brüder.

Philipp Nawrath nimmt sich für die Biathlon-WM viel vor
Philipp Nawrath nimmt sich für die Biathlon-WM viel vor

SPORT1: Herr Nawrath, am Mittwoch beginnt der Saisonhöhepunkt in Lenzerheide. Wie geht es Ihnen und wie läuft die Vorbereitung?

Philipp Nawrath: Aktuell geht es mir wieder richtig gut. Nach dem letzten Weltcup in Antholz hatte ich körperlich einen kleinen Durchhänger und einen leichten Infekt, der ist jetzt wieder weg. Das Training läuft bestens. Ich fühle mich bereit für die Weltmeisterschaft. Mittlerweile fängt es langsam an, zu kribbeln.

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SPORT1: Das zweite Trimester mit den Weltcup-Stationen Oberhof, Ruhpolding und Antholz verlief für die DSV-Herren nicht gut. Es gab nur eine einzige Top-Ten-Platzierung, die hat Justus Strelow eingefahren. Woran hakte es?

Nawrath: Im Biathlon, auch in der Weltspitze, geht es unheimlich knapp zur Sache. Kleine Fehler werden da knallhart bestraft. In den letzten Rennen waren wir als deutsches Team oft nah an den vorderen Plätzen dran, haben aber am Schießstand immer eine Scheibe zu viel stehen lassen - auch ich. Wenn dann keiner alles zusammenbringt, sieht das Ergebnis am Ende mannschaftlich durchwachsen aus, obwohl deutlich mehr möglich gewesen wäre. Aber: Wir haben im ersten Drittel der Saison bereits gezeigt, was in uns steckt. Und das ist viel mehr, als wir in Oberhof, Ruhpolding und Antholz auf den Schnee gebracht haben.

„Müssen versuchen, positiv an die Sache heranzugehen“

SPORT1: Sportchef Felix Bitterling sagte zuletzt: Es gebe kein „generelles Schießproblem, das Problem ist zwischen den Ohren.“ Wie löst man das?

Nawrath: Es fehlt ja zum Glück nicht viel. Jeder im Team hat das Zeug dazu, ganz vorne reinzulaufen. Ich selbst habe es in diesem Winter zum Beispiel häufig gezeigt. Im Dezember waren mit den Plätzen drei, acht und sechs sehr gute Sprints dabei. Deshalb dürfen wir uns jetzt nicht in dieser Schieß-Problematik verlieren, nicht anfangen zu hadern oder zu grübeln. Wir müssen versuchen, positiv an die Sache heranzugehen. Das heißt: einfach weitermachen und sich auf die Wettkämpfe besinnen, in denen es gut gelaufen ist.

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SPORT1: Was auffällt: Oberhof, Ruhpolding und Antholz waren die drei Weltcuporte mit den meisten deutschen Fans. Hemmt der Heimvorteil auch manchmal und löst, gerade beim Schießen, eher Versagensängste aus?

Nawrath: Prinzipiell freuen wir uns auf die Weltcups zuhause immer ganz besonders. Die Stimmung in Oberhof und Ruhpolding ist jedes Mal aufs Neue der absolute Wahnsinn. Wir wissen, dass es ein großes Privileg ist, das miterleben zu dürfen. Aber vielleicht setzen wir uns gerade deshalb manchmal zu sehr unter Druck, weil jeder von uns weiß, was theoretisch in ihm steckt. Mit einem entsprechenden Erwartungsdruck müssen wir jedoch umgehen können, daher ist die mentale Ebene ein sehr wichtiger Bereich. Am Ende waren es Nuancen, die bei uns in den letzten Rennen nicht funktioniert haben. Umso ärgerlicher, dass wir nicht unser volles Potenzial zeigen konnten.

SPORT1: Wird der mentale Aspekt in den Nachbetrachtungen noch zu wenig berücksichtigt?

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Nawrath: Jeder Athlet hat seine individuelle Herangehensweise und wir sind uns bewusst, dass gerade im Biathlon die mentale Verfassung maßgeblich ist. Ich bin daher mit meinen Trainern bzw. Betreuern im ständigen Austausch. Unsere Saison ist sehr kurz, der Terminkalender dementsprechend voll. Von Ende November bis März geht es Schlag auf Schlag, da ist es an der einen oder anderen Stelle mit der Konzentration nicht immer so einfach. Andererseits muss man natürlich sagen: Das geht allen so, das dürfen wir auf keinen Fall als Ausrede nehmen. Die anderen Athleten kochen auch nur mit Wasser und kämpfen mit den gleichen Problemen, diese Phrase ist da eine sehr treffende.

Greis? „Sein Rat ist extrem wichtig für mich“

SPORT1: Michael Greis, dreifacher Olympiasieger von Turin 2006, ist Ihr Mentor. Wie hilft er Ihnen?

Nawrath: Der Michi ist immer für mich da und ansprechbar, egal ob es um Hintergründe oder sportliche Geschichten geht. Man darf nicht glauben, dass man alles alleine schaffen kann. Seine Hilfe und sein Rat sind extrem wichtig für mich, er ist so erfahren und hat im Biathlon alles erlebt. Ein kleines Beispiel: Zuletzt fuhr ich mit einer riesigen Erwartungshaltung zu den Heim-Weltcups in Oberhof und Ruhpolding und war total gehypt. Michi hat das sofort erkannt, mich wieder gebremst und mir die nötige Gelassenheit zurückgegeben.

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SPORT1: Sind große Biathlon-Nationen wie zum Beispiel die Norweger am Schießstand derzeit auch deshalb stärker, weil sie im Gegensatz zu den Deutschen von Natur aus gelassener sind?

Nawrath: Das kann schon sein, die Norweger sind in manchen Situationen wirklich sehr locker. Laura Dahlmeier hat mal den Spruch geprägt: „Scheiß da nix, dann feid da nix“ („Denk dir nichts, dann passiert dir auch nichts“, Anm. d. Red.). Wenn man sich Rennen im Nachhinein anschaut, ist es oft beeindruckend, mit welchem Selbstbewusstsein und welcher Sicherheit die Norweger agieren. Dazu haben sie mit den Bö-Brüdern seit Jahren zwei absolute Überflieger im Team, die einen großen Einfluss auf das gesamte Gefüge haben. Johannes Thingnes und Tarjei sind so gut, sie sorgen in der Regel alleine dafür, dass mindestens ein Norweger in den Top Sechs landet und die Schlagzeilen positiv sind. Das färbt ab und gibt auch den anderen mehr Gelassenheit im Wettkampf.

SPORT1: Johannes Thingnes und Tarjei Bö bestreiten in der Schweiz ihre letzte Weltmeisterschaft. Werden sie deshalb noch stärker sein?

Nawrath: Ich war überrascht, wie früh die beiden ihren Rücktritt bekannt gegeben haben. Normalerweise passiert so etwas erst bei den letzten drei Weltcup-Stationen des Winters. Tarjei war in Antholz bärenstark. Dennoch hatte ich eher den Eindruck, dass sie das ein bisschen aus der Fassung gebracht hat, weil sie doch eine sehr starke emotionale Bindung zu ihren Fans pflegen. Ich glaube nicht, dass sie noch stärker werden, sie aber ihr ohnehin sehr gutes Niveau halten. Und völlig klar ist: Auch damit werden sie bei allen Rennen zu den Kandidaten für die Medaillen zählen. Vor allem Johannes Thingnes, dem das Streckenprofil in Lenzerheide sehr liegen dürfte.

Philipp Nawrath liegt im Gesamtweltcup auf Rang elf
Philipp Nawrath liegt im Gesamtweltcup auf Rang elf

Bö-Brüder? „Sie haben unglaublich viel erreicht“

SPORT1: Sehen Sie den Rücktritt der Bös mit einem weinenden oder doch eher mit einem lachenden Auge? Immerhin könnte bei den Olympia-Rennen im nächsten Jahr die eine oder andere Medaille frei werden.

Nawrath: Gute Frage. Als ich von den Nachrichten hörte, war es definitiv emotional. Sowohl Tarjei als auch Johannes Thingnes haben einen riesigen Einfluss auf die Biathlon-Szene, vor ihren Karrieren kann man nur den Hut ziehen. Sie haben unglaublich viel erreicht - etwas Vergleichbares wird es in naher Zukunft wahrscheinlich nicht nochmal geben. Johannes gehört sogar zu meinem Jahrgang. Da ist es für mich selbst schön zu wissen: Das war einer der stärksten Jahrgänge, in dem ich mich durchsetzen musste und am Ende auch durchgesetzt habe (lacht).

SPORT1: Trotzdem laufen die Norweger im Gegensatz zum Vorjahr nicht alleine alles in Grund und Boden. Wirkt das deutsche Team in diesem Jahr auch schwächer, weil es nicht mehr nur eine Übermannschaft gibt, sondern mit Frankreich noch eine zweite hinzugekommen ist?

Nawrath: Die Norweger haben eine sehr gute Mannschaft, Frankreich auch. Das wussten wir schon vor der Saison. Im letzten Winter hatten die Franzosen immer wieder Probleme mit dem Material, das spielte uns in die Karten. Nichtsdestotrotz müssen wir auf unsere eigene Leistung schauen, und da kann ich nur für mich sprechen: Mit einem Top-Schießergebnis laufe ich genauso vorne rein. Vielleicht nicht auf dem Niveau des allerbesten Franzosen, aber auf dem des zweiten oder dritten. Im Vergleich zu den Norwegern ist es ähnlich. Wenn mir ein gutes Rennen gelingt, stehe ich auch mal vor denen. Ich bin selbstbewusst genug, das zu behaupten und weiß, was möglich ist - auch wenn wir großen Respekt vor den aktuellen Leistungen der anderen haben.

SPORT1: 34 der bisher 42 Podestplätze in Einzelrennen gingen an Norweger oder Franzosen. Fehlt Ihnen da nicht manchmal die Abwechslung?

Nawrath: Für die Zuschauer wäre es sicher etwas interessanter, wenn mehr Nationen regelmäßig auf dem Podium stehen würden. Und ich würde mir natürlich alleine aus dem Grund etwas mehr Abwechslung wünschen, um die deutsche Fahne wieder öfter ganz vorne zu sehen (lacht). Aber wie gesagt: Im Biathlon entscheiden Millimeter - vor allem beim Schießen. Alles kann sich so schnell drehen und wenden, hoffentlich schon bei den nächsten Rennen.

Philipp Nawrath: „Bin mit meinem Saisonverlauf zufrieden“

SPORT1: Kann die aktuelle Ergebnisdelle der DSV-Männer am Ende sogar ein Vorteil für die WM sein, weil die Erwartungen und der Druck in der Außenseiterrolle geringer sind?

Nawrath: Ich persönlich bin mit meinem Saisonverlauf zufrieden. Im Gesamtweltcup liege ich auf Platz elf und bin der Meinung, dass alle Athleten, die sich in den Top 15 befinden, in jedem Rennen theoretische Siegchancen haben. Deshalb würde ich mich überhaupt nicht in der Außenseiterrolle sehen, sondern eher im erweiterten Favoritenkreis. Auch in der Staffel haben wir zuletzt in Ruhpolding mit Rang drei den ersten Podestplatz des Winters geholt und gezeigt, dass wir es mit den beiden großen Nationen aufnehmen können, wenn alles passt. Das stimmt mich für die WM zuversichtlich. Wichtig ist nur, dass wir am Schießstand mit einer sehr guten Trefferquote die Basis legen.

SPORT1: Was müsste passieren, damit Sie sagen: ‚Die WM in Lenzerheide war eine gute‘?

Nawrath: Ich nehme mir eine Medaille vor. Wenn ich die am Ende mit nach Hause nehme, war es eine gute Weltmeisterschaft.