Franziska Preuß stützte sich im strömenden Regen von Oberhof enttäuscht und angefressen auf ihre Skistöcke. Statt einer rauschenden Party vor den heimischen Fans erlebte die Führende im Gesamtweltcup bei extremen Wetterbedingungen einen Nachmittag zum Vergessen. Reichlich Frust schob die 30-Jährige nach ihrem ernüchternden 28. Platz auch wegen einer Entscheidung des Verbandes.
Preuß schimpft - und kriegt Kontra
„Mein Rennen war schlecht. Es ist viel zusammengekommen“, sagte Preuß und übte gleichzeitig Kritik an der Internationalen Biathlon Union (IBU): „Ich muss ehrlicherweise sagen, ich verstehe es nicht von der IBU. Das weiß jedes Kind, dass es immer tiefer wird, wenn es regnet“.
Ihr erschließe sich daher nicht, „wieso man dann nicht die Startgruppe verschiebt“. Man habe doch gewusst, „dass es regnet wie Hölle und die Strecke immer weicher wird. Da hätte man reagieren müssen. Das verstehe ich nicht.“
Neue Start-Regel als Streitpunkt
Der Streit um die Startreihenfolge hat seine Wurzeln in der umstrittenen Regeländerung, die die IBU vor der laufenden Saison beschlossen hat: Testweise müssen die besten 15 Athleten der Weltcup-Gesamtwertung aktuell in Sprint und Einzel mit einer Startnummer zwischen 46 und 75 loslaufen. Vorher hatten diese Topathleten ihre Startgruppe frei wählen dürfen, meist entschieden sie sich aus Angst vor sich verschlechternden Bedingungen für eine sehr niedrige Nummer.
Mit der neuen Regelung soll sichergestellt werden, dass die Rennen bis zum Schluss spannend bleiben - bei außergewöhnlichen Wettersituationen kann die Wettkampfjury zudem beschließen, dass die 15 besten Athleten der aktuellen Weltcup-Gesamtwertung zu Beginn des Wettkampfs starten, damit ihnen keine Nachteile entstehen. Dass genau das nun nicht passiert ist, sorgt nicht nur bei Preuß für Unmut.
Vor dem Rennen hatte der Deutsche Ski Verband (DSV) noch eine Verschiebung der Startreihenfolge gefordert, war mit seinem Ansinnen aber gescheitert. So konnte Sportdirektor Felix Bitterling den Frust von Preuß, die bei zum Teil strömendem Regen und böigem Wind Startnummer 64 hatte, „verstehen“. Wenn das kein Wetter sei, bei dem die Reihenfolge umgedreht werde, um Chancengleichheit zu gewähren, dann wisse er nicht, „wann so ein Wetter sein soll“.
Der gescholtene Verband ließ die Kritik nicht auf sich sitzen. „Es gab eine einstimmige Entscheidung. Auch keiner der Trainer hat darauf bestanden, etwas zu ändern, weil man der Meinung war, dass die Strecke hält“, ließ sich IBU-Kommunikationschef Christian Winkler als Reaktion zitieren.
Preuß hadert mit Bodenbedingungen
Trotz guter Form kam Preuß in Oberhof kaum von der Stelle: „Ich habe mich auf der Strecke von der Energie her nicht so schlecht gefühlt, aber die Bedingungen auf der Strecke wurden immer schlechter. Dann stapft man irgendwie durch die nasse Pampe und merkst, du kommst nicht vom Fleck, obwohl du dich gar nicht so schlecht fühlst.“
Die Weltcup-Führende leistete sich zusätzlich drei Schießfehler und hatte am Ende einen satten Rückstand von 2:00,2 Minuten auf die französische Überraschungssiegerin Paula Botet.
Die Ausgangsposition für den Verfolger am Samstag (12.30 Uhr/ZDF und Eurosport) über 10 km ist damit nicht ideal. Aber, so Preuß kämpferisch: „Es hilft nicht. Da muss man sich eben wieder nach vorne kämpfen.“
Drei Neulinge auf dem Treppchen
Am Ende des Biathlon-Sprints der Frauen in Oberhof standen drei Neulinge auf dem Treppchen. Weder die Siegerin Paula Botet, noch die Zweite Maren Kirkeeide (1/+31,1) oder Milena Todorova (1/35,0) als Dritte landeten in einem Weltcup-Rennen unter den ersten drei. Bestes Weltcup-Ergebnis von Botet war bislang ein 21. Platz gewesen.
Immerhin deutete Julia Tannheimer vor 10.000 Fans erneut ihr Potenzial an. Die 19-Jährige landete mit einem Fehler (+56,4 Sekunden) auf einem guten Rang neun und war beste DSV-Athletin. „Ich war echt verwundert, wie gut es auf der Strecke gelaufen ist. Im Rennen hat man den Regen nicht so gemerkt“, sagte Tannheimer.
Knapp drei Wochen nach einer Herzoperation war erstmals wieder auch Ingrid Landmark Tandrevold am Start. Die Norwegerin leistete sich bei ihrem Comeback zwei Schießfehler und kam immerhin auf Rang 15. „Es ist fast unglaublich, dieses Gefühl so schnell wieder zu haben“, sagte Tandrevold im ZDF. Kurz vor Weihnachten war der 28-Jährigen nach Herzrhythmusstörungen bei einem minimalinvasiven Eingriff ein dünner Katheter gelegt worden.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)