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Biathlon-Topstar vor WM: "Für so eine Nation wie Deutschland freut mich das sehr"

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Biathlon-Topstar vor WM: "Für so eine Nation wie Deutschland freut mich das sehr"

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Biathlon-Star schwärmt von Deutschen

Seit einer gefühlten Ewigkeit mischt Dorothea Wierer an der Spitze des Biathlons mit. Doch bei der WM in Nove Mesto könnte es zum letzten Mal auf die große Bühne gehen. Bei SPORT1 spricht sie über ihre Karriere, das deutsche Team und die Dominanz der norwegischen Biathlon-Herren.
Im „SKI & BERGE: Das DSV Magazin“ auf SPORT1 spricht Moderatorin Anna Dollak in der Rubrik #SCHNEEVONMORGEN gemeinsam mit Hansueli Rhyner vom WSL Institut für Schnee & Lawinenforschung Davos über die Themen Schnee, Klima und Wetter.
Seit einer gefühlten Ewigkeit mischt Dorothea Wierer an der Spitze des Biathlons mit. Doch bei der WM in Nove Mesto könnte es zum letzten Mal auf die große Bühne gehen. Bei SPORT1 spricht sie über ihre Karriere, das deutsche Team und die Dominanz der norwegischen Biathlon-Herren.

Dorothea Wierer, eigentlich eine Garantie für Top-Platzierungen, tut sich in diesem Winter schwer. Immer wieder warfen Krankheiten die 33-jährige Südtirolerin zurück, sodass vor der WM in Nove Mesto (7. bis zum 18. Februar) der 14. Rang - in Östersund und Antholz - als beste Platzierung zu Buche steht.

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Anfang des Jahres musste Wierer die Weltcups in Oberhof und Ruhpolding gar auslassen. Bei der WM-Generalprobe im heimischen Antholz kehrte die 21-malige Weltcupsiegerin dann zurück. Nun spricht Wierer im SPORT1-Interview über ihre gesundheitlichen Probleme, das nahende Karriereende und auch das deutsche Team.

SPORT1: Frau Wierer, Sie erleben keine einfache Saison. Wie stecken Sie all die Rückschläge weg?

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Dorothea Wierer: Es hatte schon vor der Saison bei den Testwettkämpfen in Sjusjoen schlecht angefangen. Da hatte ich mich schon komisch gefühlt. Deswegen hatte ich die ersten Wettkämpfe auch ausgelassen und erst einige Tage später wieder trainiert. Beim Saisonauftakt in Östersund wollte ich trotzdem starten, weil man sowas nicht auslassen möchte. Früher bin ich auch ab und zu gelaufen, obwohl ich noch krank war. Das habe ich wieder versucht, aber schnell gemerkt, dass die Form überhaupt nicht da ist. Was aber logisch ist: Auf so einem so hohen Niveau muss man immer zu 110 Prozent fit sein.

SPORT1: Das ist sicherlich auch nicht einfach für den Kopf, wenn der Körper immer wieder streikt ...

Wierer: Ich bin eben früher so aufgewachsen, dass man immer Rennen gelaufen ist, obwohl man nicht fit war. Wir hatten in Italien zum Beispiel nur vier Staffelläuferinnen, dieses Rennen wollte man dann immer machen. Mental und körperlich ist das aber natürlich schwierig, wenn man ständig aufs Neue anfangen muss und jedes Mal neue Rückschläge wegstecken muss. Die Trainer haben mir natürlich geraten, dass ich zuhause bleiben und mich auskurieren soll. Aber ich wollte unbedingt Rennen laufen, weil ich mich den ganzen Sommer darauf vorbereitet hatte. Dazu kommt: Ich werde auch nicht jünger (lacht).

SPORT1: Wie fit fühlen Sie sich denn jetzt mit Blick auf die am 7. Februar startende WM?

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Wierer: Obwohl ich Anfang des Jahres schon wieder krank wurde, habe ich in Antholz zwei Rennen mitgenommen. Da war ich allerdings überhaupt nicht fit und nachher auch total am Ende. Jetzt habe ich nochmal mit der Basis angefangen und will allmählich die Intensität erhöhen. Aber natürlich ist das keine optimale Vorbereitung für eine WM. Ich versuche, das Beste daraus zu machen und alles zu geben - obwohl ich weiß, dass es wirklich sehr, sehr schwer werden wird.

SPORT1: Sie haben im vergangenen Jahr gemeinsam mit Ihren italienischen Teamkollegen Gold in der Staffel geholt. Ist es möglich, diesen Titel zu verteidigen?

Wierer: Beim Biathlon weiß man zum Glück nie, was passiert. Natürlich muss man vor jedem Rennen positiv gestimmt sein. Wie sich das am Ende entwickelt, zeigt sich erst von Minute zu Minute. Und gerade in den Staffeln gibt es immer wieder Überraschungen, da kann alles passieren.

SPORT1: Ihre Teamkollegin Lisa Vittozzi und Sie hatten nicht immer das beste Verhältnis, schweißen solche Staffelerfolge dann besonders zusammen?

Wierer: Ja klar, aber Lisa und ich kommen normal miteinander aus, obwohl wir komplett verschieden sind. In unserer Mannschaft gibt es auch große Unterschiede zwischen den Jüngsten und mir - teilweise sind das elf Jahre Altersunterschied. Da ist es logisch, dass jeder ein bisschen anders ist. So sieht das in jedem Beruf aus. Aber jedes einzelne Teammitglied bei uns hat eben den ersten großen Erfolg mit der Staffel gefeiert, daran muss man sich immer erinnern. Da gilt es, alles andere beiseite zu schieben und nur den Teamerfolg in den Vordergrund zu stellen.

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SPORT1: Sind Sie überrascht, wie gut die deutsche Mannschaft abschneidet, obwohl mit Denise Herrmann-Wick die Star-Figur ihre Karriere beendet hat?

Wierer: Ich war wirklich sehr überrascht in Östersund, wie gut sie auf einmal alle waren. Aber natürlich hat man auch gesehen, dass sie auf den Skiern etwas Spezielles hatten. Es war natürlich offensichtlich, dass die Deutschen da extrem gutes Material hatten, darüber hat jeder gesprochen. Aber für so eine Nation wie Deutschland freut mich das sehr. Die haben einen extremen Druck mit den Medien, das darf man nicht unterschätzen. Dazu haben sie ein relativ junges Team. Da gönne ich ihnen diesen Erfolg.

SPORT1: Bei den Männern belegen Norweger die ersten sechs Plätze im Gesamtweltcup. Sind Sie froh, dass bei den Frauen mehr Abwechslung herrscht?

Wierer: Ich denke, für den Biathlon-Sport ist es schöner, je mehr verschiedene Nationen vorne dabei sind. Die norwegische Dominanz ist vielleicht auch manchmal langweilig. Letztes Jahr war im Prinzip nur der Johannes (Thingnes Bö; Anm. d. Red.) so extrem dominant, dieses Jahr gibt es auch noch andere Namen. Das macht es von mir aus gesehen auch interessant, umso mehr dabei sind.

SPORT1: Über ihren Rücktritt wird viel spekuliert. Genießen Sie die Rennen nun daher noch mehr, weil Sie vielleicht den Ort zum letzten Mal als Sportlerin besuchen können?

Wierer: Bei den letzten Wettkämpfen habe ich ehrlich gesagt, nicht viel genossen (lacht). Aber natürlich macht man sich schon Gedanken. Das mache ich schon, seit ich 30 bin. Ich glaube, es ist auch normal, dass man über die Zukunft redet. Natürlich hat man viele Angebote, das habe ich jetzt schon seit mehreren Jahren. Es hängt dann komplett von mir ab, ob ich noch dazu bereit bin, wie jetzt einen ganzen Sommer lang zu trainieren. Das Sportlerleben ist schön. Aber man muss schon viel zurückstecken und kann jetzt zum Beispiel nicht einfach mal ein Wochenende irgendwo hinfahren und frei haben. Das werde ich dann natürlich erst in den nächsten Wochen und so weiter bekannt geben, was ich dann wirklich mache.

SPORT1: Sind die Olympischen Spiele in Ihrer Heimat denn nicht noch ein Ziel, das Sie gerne angreifen möchten?

Wierer: Für uns Italiener ist das sehr speziell. Für mich wäre es dann noch spezieller, weil ich dort 2000 mit dem Biathlon angefangen habe. Daher wäre es natürlich ein schöner Abschluss. Aber wie gesagt, zwei Jahre sind sehr lang für einen Sportler. Irgendwie werde ich sicher dabei sein. Ich habe auch da schon andere Angebote bekommen, also in irgendeiner Art und Weise werde ich sicherlich dabei sein, ob als Athletin oder in anderer Form, das werde ich noch sehen.

SPORT1: Können Sie sich denn vorstellen, auch nach Ihrem Karriereende im Sport zu bleiben oder wollen Sie lieber ein bisschen Abstand davon nehmen?

Wierer: Also ich glaube, das ist generell so, wenn das Karriereende kommt, da sagt man schon: ‚Okay, endlich jetzt mal ein bisschen leben. Nicht jedes Wochenende Wettkämpfe, nicht jedes Wochenende Leistung erbringen müssen.‘ In einem normalen Unternehmen gibt es auch keine Weltrangliste, an der man ständig gemessen wird. Bei uns Sportlern wird immer alles gleich analysiert, weil alles schwarz auf weiß zu sehen ist. Das werde ich sicherlich nicht vermissen, deswegen freue ich mich schon auf das Leben danach.

SPORT1: Auch der Biathlon bekommt die Folgen des Klimawandels zu spüren. Haben Sie Sorgen, dass der Sport aufgrund des Schneemangels irgendwann nur noch im Sommer ausgetragen wird?

Wierer: Nein, ich glaube, man muss nur gut planen. Natürlich ist es offensichtlich, dass weniger Schnee fällt. Aber ich denke, man muss die Logistik gut planen, also in Skandinavien anfangen und auch ansonsten Ortschaften wählen, wo man auf Nummer sicher gehen kann. Natürlich sind die Sommerwettkämpfe einerseits auch interessant, weil alle die gleichen Rollen haben, da gibt es zum Beispiel kein Skiproblem. Da gibt es keine Ausreden. Und ich denke, wenn man das irgendwie auch kombiniert (im Weltcup, Anm. d. Red.), dann wäre das sicherlich cool. Aber es wird dann irgendwie ganz anders werden, wenn man das kombinieren würde. Dann gibt es kein effektives Sommertraining, man muss sich auch vorbereiten auf die Sommerwettkämpfe. Dort sind auch die Platzierungen nicht mehr egal.

SPORT1: Was könnte der Biathlon noch tun, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein?

Wierer: Generell ist die IBU wirklich sehr, sehr gut organisiert. Ich sehe auch, wie viele Initiativen sie haben, auch im Vergleich zur FIS (Internationaler Skiverband, Anm. d. Red.). Also da ist die IBU wirklich Jahrzehnte voraus. Der FIS-Kalender geht gar nicht, das ist ja ein Durcheinander. Wir können uns da wirklich glücklich schätzen.

SPORT1: Gibt es sportlich noch Ansätze, wie man den Biathlon interessanter machen könnte?

Wierer: Nein, ich denke nicht. Es sind ja immer mehr Fans beim Biathlon. Speziell in Italien sehe ich das. Es sind immer mehr Fans und alle schwärmen vom Biathlon. Es ist einfach ein attraktiver Sport zum Zusehen. Es gab mal die Diskussion über das Publikum, weil zum Beispiel in Deutschland eher ältere Fans dabei sind. Aber das lag vielleicht daran, dass man früher so gut war in Deutschland. Ich denke aber, das hat sich in den letzten Jahren geändert. Es kommt auch ein sehr junges Publikum mit Familien und Jugendlichen.

SPORT1: Wie haben Sie als Südtirolerin den Australian-Open-Triumph von Jannik Sinner wahrgenommen, der nur 30 Kilometer von ihnen entfernt geboren wurde?

Wierer: Ich habe das Halbfinale geschaut. Das war so früh, dass ich nachher auch gleich trainieren gehen konnte. Zu Beginn des Endspiels lief unser Training schon. Da haben wir dann die letzten Sätze zu Hause geschaut. Da wurde ich richtig emotional, weil das Sportgeschichte ist. Wir können da wirklich stolz sein, weil er auch so ein netter Junge ist, also ganz normal und nicht überheblich.