Bei Fußballfans löst der 18. Platz wohl eher ein mittelschweres Trauma aus.
Sie düpierte sogar Mikaela Shiffrin
Der Abstieg droht, die Leistung wohl äußerst bescheiden und die Gemütslage dürftig. Laurence St.-Germain steht auf genau diesem 18. Platz in der Slalom-Wertung des alpinen Weltcups der Frauen – und sie strahlt!
Die 28-jährige Kanadierin hat wohl auch alles Grund zur Glückseligkeit, mit ihrer besten Karriereleistung stürmte sie am Samstag im Slalom vom Méribel zur WM-Krone – ausgerechnet mit der Startnummer 18. Und das noch vor der scheinbar übermächtigen Mikaela Shiffrin, die sie im ersten Durchgang noch um 61 Hundertstel distanzierte. (NEWS: Alle Infos zu Ski Alpin)
Sie habe gar nicht auf Shiffrins zweiten Lauf geschaut gab St.-Germain zu, zu beschäftigt sei sie mit ihrem eigenen Lauf gewesen, „es war mein erstes Podium, ich wusste gar nicht wohin ich gehen sollte und was ich machen sollte.“ So lobte die deutsche Lena Dürr die Sensationssiegerin: „Speziell, sie hatte zwei perfekte Läufe, so sollen Weltmeisterinnen aussehen“. Wie sahen Weltmeisterinnen denn aus?
Kaum ohne breites Grinsen zu beobachten, zu surreal war dieser Triumph. Doch freudestrahlend ist die 28-jährige Kanadierin ohnehin öfter anzutreffen, sie erscheint der Öffentlichkeit als regelrechte Strahlefrau. Der Öffentlichkeit?
Ja, Laurence St.-Germain ist schon länger im Weltcup mit dabei, genauer seit nun acht Jahren und doch dürfte sie lange Zeit in den Übertragungen maximal eine Statistenrolle übernommen haben. Zu dürftig waren die Ergebnisse. (DATEN: Der Ski-Alpin-Kalender)
Erstes FIS-Rennen mit 15 Jahren
Eine Langsamstarterin also? Nicht ganz, immerhin war die junge Laurence schon in den heimischen Bergen auf Skiern unterwegs, als sie noch die Highschool besuchte, der Traum einer großen Karriere loderte offenbar schon länger in Saint-Ferréol-les-Neiges. Die kleine Gemeinde im Umkreis von Québec zählte vor einem Jahr nicht mehr als 4000 Einwohner – die bekannteste dürfte seit dem Samstag gefunden sein.
Doch einen Vorteil hat die kleine Idylle, die den Weg einer Skikarriere katalysieren sollte: Die unmittelbare Nähe zum Skigebiet Mont Saint-Anne, nur rund 20 Minuten mit dem Auto entfernt. Dort sollte St.-Germain trainieren, als Kind schon, und auch als Jugendliche, als sie mit 15 Jahren ihr erstes offizielles FIS-Rennen absolvierte. (NEWS: Die traurigste Geschichte der Ski-WM)
Langsam arbeitete sie sich an die jugendliche Spitze heran, um final an Weltmeisterschaften teilnehmen zu können, 2013 gab sie dort ihre Premiere. Und wo anders als, richtig, 20 Minuten vor ihrer Haustür. In einem Skigebiet, das ihr bestens bekannt war.
Laurence St.-Germain: Shiffrin vermiest erste Weltcup-Punkte
Zwar blieben die herausragenden Ergebnisse aus, und doch war es ein Schritt näher an diesen vergangenen Samstag, in dem all die Trainings- und Erfahrungsstunden im WM-Titel kulminierten.
Ihr Weltcupdebüt feierte sie dann im November 2015, natürlich auf dem amerikanischen Kontinent in Aspen. Und beinahe wäre die Kanadierin bereits dort, in ihrem zweiten Weltcuprennen, in die Punkte gefahren, wäre da nicht: Mikaela Shiffrin. Denn diese deklassierte die Konkurrenz bereits damals nach Belieben und nahm St-Germain über acht Prozent der Siegerzeit ab – das Reglement sieht dann trotz Qualifikation für den zweiten Durchgang keine Punkte vor. Ernüchternd!
Diese Scharte hat sie nun aber ausgemerzt, indem sie der US-Ameirkanerin das Slalom-Gold vor der Nase weggeschnappt hat.
Strahlefrau St.-Germain nun vor Shiffrin
So brauchte St. Germain zwei weitere lange Jahre, um sich diese Punkte ein erstes Mal zu sichern. Doch es scheint, als wäre St-Germain für die große Bühne gemacht, ihre bis dato beste Weltcupleistung war ein sechster Platz in Are – bei der WM. (DATEN: Weltcupstände im Ski Alpin)
2019 war das, als St.-Germain ebenfalls wenig öffentliche Wahrnehmung generierte und abseits der Strahlkraft ihre Stärken zur Geltung brachte.
Und nun? Laurence St.-Germain wird wohl an Bekanntheitsgrad zulegen, medialer Druck wird auf die 1,74 Meter-Dame einprasseln und vor allem werden nach dem überraschenden WM-Gold die Erwartungen steigen - die internen und die externen. All das wird den Triumph langfristig belegen. Doch das Strahlen dürfte so schnell nicht vergehen.