Moritz Seider schlug ungläubig die Hände vor den Mund.
Seider überraschend früh ausgewählt
Gerade hatten sich die Detroit Red Wings das deutsche Eishockey-Talent beim NHL-Draft 2019 bereits mit dem sechsten Pick gesichert. Damit ist der 18 Jahre alte Verteidiger der zweithöchste deutsche Pick nach Leon Draisaitl, der 2014 als Nummer drei an die Edmonton Oilers gegangen war.
"Ich war geschockt. Das habe ich nicht erwartet", sagte Seider zum großen Moment, als sein Name bei der Verteilung der Nachwuchsspieler in Vancouver fiel. "Mein ganzer Körper hat gezittert. Es war surreal. Es gab prozentual nur eine kleine Chance, dass ich von Detroit gedraftet werde. Am Ende hat es gepasst."
Auch USA von Seiders Wahl geschockt
Seider fiel seiner Mutter Sabine und seinem Vater Kay um den Hals, ehe er zu Detroits General Manager Steve Yzerman auf die Bühne stieg und das rote Trikot mit dem geflügelten Rad überzog.
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"Ich war total überrascht und überfordert mit der Situation", schilderte Seider.
Für ESPN war Seiders frühe Auswahl sogar die größte Überraschung, The Athletic sprach vom "Schock des NHL-Draft".
Detroit begründet Seiders Wahl
Der Youngster vom deutschen Meister Adler Mannheim hatte Anfang des Monats bei der sogenannten NHL Scouting Combine mit 29 der 31 Teams gesprochen, das Meeting mit den Red Wings war laut Seider das letzte - und mit "gut 40 Minuten" das längste. Detroits GM Yzerman habe "jede Einzelheit" über ihn wissen wollen.
"Er ist groß, er ist effizient, er ist schlau", sagte Wings-Coach Jeff Blashill: "Er macht unter Druck gute Plays und keine Fehler. So sollten die besten Verteidiger sein."
Yzerman meinte: "Er hat ein exzellentes Hockey-Verständnis. Wenn du ein jungen Typen in Deutschland siehst, erwartet man nicht diese Art von Hockey-IQ." Zudem sei Seider "ein wirklich guter Skater."
Die Wahl sei zwar kein "No-Brainer" gewesen, doch "wir sind froh, ihn bekommen zu haben."
Seider zurück nach Mannheim?
Als Nummer eins ging US-Supertalent Jack Hughes an die New Jersey Devils. Danach sicherten sich die New York Rangers den Finnen Kaapo Kakko, der als einziger Europäer früher als Seider dran war. Auch bei den Verteidigern war der Deutsche zweiter Pick nach Bowen Byram (Colorado Avalanche/Nr. 4).
Seider, der zuletzt in der Slowakei als jüngster Verteidiger seit 41 Jahren zwei Tore bei einer Weltmeisterschaft erzielte, ist der sechste deutsche Erstrunden-Pick nach Olaf Kölzig (1989/Nr. 19), Marco Sturm (1996/21), Marcel Goc (2001/20), Draisaitl und Dominik Bokk (2018/25).
In der kommenden Woche wird Seider zunächst am Development Camp in Detroit teilnehmen. Danach fliegt er zurück nach Mannheim, wo er eigentlich noch ein Jahr bleiben möchte, um sein Abitur zu machen und bei den Adlern in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) weitere Profierfahrungen zu sammeln. Es ist auch möglich, dass der Neuzugang zunächst im Farmteam des elfmaligen Stanley-Cup-Siegers eingesetzt wird.
"Lasst uns das Training Camp abwarten. Wenn er zurück nach Deutschland geht, ist er in einer erstklassigen Organisation, in einem wirklich guten Team", erklärte Yzerman.
Yzerman macht Seider nervös - und schlägt zu
Vor dem Draft hatte Seider bereits eine wichtige Frage geklärt. "Ich habe den passenden Anzug gefunden. Es kann nur gut werden", hatte der 18-Jährige vor dem Abflug gesagt: "Ich freue mich tierisch."
Bei den Vorstellungsgesprächen mit den Klubs vor drei Wochen hatte er noch den feinen Zwirn vergessen. In Polohemd und Turnschuhen beantwortete der Verteidiger beim Scouting Combine in Buffalo die Fragen, "wahrscheinlich bin ich schon wegen der Schuhe in Erinnerung geblieben", meinte er schmunzelnd.
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Der deutsche Shootingstar der WM in der Slowakei, der als jüngster Verteidiger seit 41 Jahren zwei Tore bei einer Weltmeisterschaft erzielte, hat bei den NHL-Verantwortlichen auch ohne Anzug mächtig Eindruck gemacht. "Viele Leute haben sehr positiv über meine Leistungen bei der WM geredet", berichtete Seider.
Aber nicht nur sportlich überzeugte der Gymnasiast die Scouts der besten Eishockey-Liga der Welt. Auch sein selbstbewusstes, kommunikatives Auftreten fand Anklang. Er sprach mit allen Teams außer Toronto und Arizona, unter anderem auch mit der NHL-Legende Yzerman, "da kneift man sich schon, ob das wirklich passiert".
Jener Yzerman schlug jetzt zu - und sagte dem nervösen Seider, er solle ruhig bleiben und den Moment genießen. "Ich habe so geschwitzt", meinte Seider. Dennoch sei es ein "unglaublich schöner Moment" gewesen, den er "nie vergessen werde"