Wenn man sich in den vergangenen Wochen nach den Wettquoten für den Super-Bowl-Favoriten im kommenden Februar erkundigte, wurden die Buffalo Bills genannt, der Titelverteidiger aus Kansas City und natürlich auch die Philadelphia Eagles.
Platzt der deutsche NFL-Traum?
Doch neben den drei Franchises gibt es ein weiteres NFL-Team, was bei den Buchmachern ganz vorn ist: die Detroit Lions um den deutschen NFL-Profi Amon-Ra St. Brown.
Nachdem sie bereits in der Vorsaison mit dem Einzug in das Championship Game der NFC eine hervorragende Spielzeit geliefert hatten, läuft es in der aktuellen Saison sogar noch besser.
Zwölf Siege gab es in 14 Spielen, neben der Führung in der NFC North steht zudem seit Wochen Rang eins in der gesamten NFC, was ein Freilos in der ersten Playoff-Runde bedeuten würde.
Viele Verletzungen gegen die Bills
52:14, 47:9, 52:6 - die Ergebnisse der Lions in den vergangenen Wochen lesen sich wie Resultate einer Spielekonsole. Doch sie sind echt - und haben Erwartungen geschürt.
Detroit begeistert mit offensivem Football, vielen Touchdowns und Head Coach Dan Campbell, der in kritischen Situationen zumeist die gefährlichere, aber auch erfolgsversprechendere Taktik wählt - und damit beinahe immer goldrichtig liegt.
Doch die Hoffnungen auf einen Super-Bowl-Lauf haben einen Dämpfer bekommen. Am vergangenen Spieltag setzte es gegen die Buffalo Bills eine 42:48-Pleite. Erstmals seit den Buccaneers in Woche zwei gelang es also mal wieder einem Team, den Lions die Grenzen aufzuzeigen. Doch es ist nicht die Pleite selbst, die für Stirnrunzeln sorgt. Stattdessen sind es Verletzungen, viele Verletzungen.
Denn nach der Partie ist die Saison gleich für mehrere Spieler der Franchise vorbei.
Besonders schlimm waren dabei vor allem die Szenen rund um Cornerback Khalil Dorsey, der kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit unglücklich mit Teamkollege Ezekiel Turner kollidierte, woraufhin sofort Spieler beider Mannschaften zu ihm eilten, um Hilfe zu leisten. Nach einer Versorgung durch die medizinische Abteilung musste er schließlich vom Platz gefahren, und in eine Klinik gebracht werden.
Montgomery ebenfalls verletzt
Die Lions-Verantwortlichen setzten ihn wegen einer schweren Knöchelverletzung bereits auf die Injured-Reserve-Liste.
Und dort ist er in guter Gesellschaft. Defensive Tackle Alim McNeill zog sich gegen die Bills einen Kreuzbandriss zu, Cornerback Carlton Davis III brach sich den Kiefer. Auch für diese beiden ist die Saison vorbei. Doch der Ausfall des Trios ist noch nicht alles.
Der für die Franchise so wichtige Running Back David Montgomery zog sich gegen Buffalo ebenfalls eine Knieverletzung zu, die US-Reporter zunächst ebenfalls als eine die Saison beendende Verletzung vermeldeten.
Ganz so weit ist es aber noch nicht. „Wir befinden uns im Moment in einer Warteschleife“, erklärte Cheftrainer Campbell am Mittwoch, was er als „etwas Positives“ deklarierte.
So hole sich Montgomery aktuell noch die Meinung eines anderen Arztes ein und wurde deshalb noch nicht auf die IR-Liste gesetzt. Dass er in den kommenden Wochen noch einmal eingesetzt werden kann, darf aber bezweifelt werden.
21 Spieler auf der Injured-Reserve-Liste
Mit den bisher drei Neuzugängen vom vergangenen Wochenende haben die Lions aktuell 21 Spieler auf der Injured-Reserve-Liste. So viele wie kein anderes NFL-Team. Vor allem die Defensive wurde schwer getroffen.
Schon in Woche sechs hatte sich Star-Defensive-End Aidan Hutchinson einen Schienbeinbruch zugezogen. Im Podcast „The Squeeze“ erzählte er nun, dass er seinen Teamkollegen ein Versprechen gegeben hat.
„Ich sage allen Jungs, wenn ich sie in der Facility sehe: ‚Ihr müsst einfach da sein, und ich verspreche euch, dass ich zurückkommen werde‘“, erklärte er im Hinblick auf den am 9. Februar stattfindenden Super Bowl. Dafür müssten es die Lions aber erst einmal bis in das Endspiel nach New Orleans schaffen.
Amon-Ra St. Brown spielte trotz Problemen
An der nötigen Willenskraft mangelt es in jedem Fall nicht.
Der deutsche Wide Receiver Amon-Ra St. Brown, einer der Stars des Teams, lieferte gegen die Bills eines der besten Spiele seiner Karriere. 14 Catches für 193 Yards und einen Touchdown brachte er auf das Scoreboard. Und das, obwohl er alles andere als fit war, kämpfte er doch mit den Folgen einer Magenverstimmung.
Noch am Samstagabend litt er an Durchfall und musste sich zum ersten Mal in seinem Leben übergeben, wie er in seinem Podcast verriet. Zwar konnte er auch am Sonntag kaum etwas essen, nach einer Infusion stand er aber schließlich doch auf dem Platz.
Übrigens: Seinem Trainer erzählte er davon nichts. „Niemand hat es mir gesagt, das ist typisch. Er sagt nichts davon, bis es vorbei ist“, erklärte Campbell gegenüber US-Reportern. Videoaufnahmen des deutschen Passempfängers nutzte er dann auch in einer Teambesprechung unter der Woche.
Campbell lobt deutschen Receiver
Zu sehen dabei neben St. Brown auch der nun verletzte Montgomery, wie sie gemeinsam Lions-Tight-End Sam LaPorta nach einem erfolgreichen Catch schieben, um weitere Yards zu erzielen.
„Das sagt viel aus, und wenn man das Video anschaut, dann merkt man keinen Unterschied, weil er einer von denen ist, die sich sch*** fühlen können, ohne dass es die Art und Weise beeinflusst, wie er das Spiel angeht und wie sehr er sich anstrengt“, fand Campbell lobende Worte für den Receiver: „Wenn sich etwas nicht gut anfühlt oder man krank ist und es nicht geht, dann geht er einfach trotzdem los, weil er die Jungs nicht im Stich lassen will.“
Vielleicht ist es am Ende ja gerade diese Einstellung, die die Lions trotz einer sich rasant füllenden Verletztenliste in der Postseason weit bringen kann.