„Wir werden die Dinge in der Byeweek evaluieren und die Dinge tun, die wir tun müssen. (...) Es ist offensichtlich, dass wir nicht da sind, wo wir sein möchten“, hatte Brian Daboll, Head Coach der New York Giants, vergangene Woche nach der enttäuschenden Niederlage (17:20) in München angekündigt - und eine Woche später Taten folgen lassen.
160-Millionen-Debakel mit Ansage
Nachdem bereits erste Berichte der üblichen NFL-Insider die Runde gemacht hatten, bestätigte der Trainer am Montag schließlich das Ende einer Ära: Das Ende von Daniel Jones als Franchise-Quarterback. „Danny Dimes“ wird nach seiner erneut haarsträubenden Leistung gegen die Carolina Panthers (zwei Interceptions) auf die Bank degradiert.
Übernehmen wird Tommy DeVito vor Drew Look, Jones ist ab sofort die dritte Option auf der Spielmacher-Position - lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
„Ich hatte das Gefühl, dass wir hier eine Entscheidung treffen mussten und versuchen mussten, etwas zu bewegen, etwas zu verändern“, begründete Daboll, 2022 noch der „Coach of the Year“, seine Entscheidung und ließ verlauten, dass die schlechte Leistung der Mannschaft „an uns allen liegt“ - und eben nicht nur an Jones, der in New York vor der letzten Saison noch einen unglaublichen Vertrag über 160 Millionen Dollar und vier Jahre unterschrieben hatte.
Eine schwerwiegende Fehleinschätzung und ihre Folgen
Doch mit diesem Vertrag, der schon bei Jones‘ Unterschrift von vielen Seiten kritisch beäugt wurde, sollte der Schrecken seinen Lauf nehmen. Zur Erinnerung: Die Giants hätten seinerzeit auch noch die Option für Jones‘ fünftes Jahr in seinem Rookie-Vertrag ziehen können, um sich ein weiteres Jahr von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, für deutlich weniger Geld.
Doch die Giants entschieden sich noch vor der Saison 2023 dafür, Jones massiv zu bezahlen, nachdem der einstige Erstrunden-Pick in seinem letzten Vertragsjahr 2022 (für seine Verhältnisse) groß aufspielte. Rückblickend war das ein schwerwiegender Fehler.
Zugegeben: Jones‘ Statistiken sahen 2022 solide aus, vor allem durch sein Laufspiel konnte sich der 1,96 Meter große Spielmacher auszeichnen. Neben 15 Passing Touchdowns bei lediglich fünf Interceptions erlief „Danny Dimes“ abseits seiner Passgeber-Fähigkeiten sieben Touchdowns und über 700 Yards Raumgewinn.
Und auch der Teamerfolg stimmte: Mit neun Siegen und sieben Niederlagen führte Jones die Giants in die Playoffs, wo er die Franchise gegen die Minnesota Vikings zum ersten Postseason-Sieg seit 2011 führte.
Daboll, der damals in seinem ersten Jahr als Head Coach tätig war, wurde als Trainer des Jahres ausgezeichnet - im Big Apple schien sich nach Jahren des Misserfolgs endlich das Blatt zu wenden.
Doch der Schein dieses einen Jahres trog, lenkte ab von Jones‘ durchwachsenen ersten drei Jahren in der Liga (45 TDs, 29 INTs).
Nach der Unterschrift ging es kläglich bergab
Das Geld, das die Giants Jones nur anhand dieser einen soliden Saison bezahlten, konnte dieser zu keinem späteren Zeitpunkt rechtfertigen. 2023 kamen dann auch noch zwei ernsthafte Rückschläge durch Verletzungen hinzu: Erst verpasste er drei Spiele aufgrund einer Nackenverletzung, dann beendete ein Kreuzbandriss seine Saison vorzeitig.
Aber auch fit kam Jones nicht an annähernd an seine 2022er-Saison heran. In seinen sechs Starts blieb er stolze fünfmal ohne einen einzigen Touchdown - die Giants verloren jedes dieser Spiele.
Zwischen dem 1. Januar 2023 und Anfang November 2024 warf er im heimischen MetLife Stadium nicht einen einzigen Touchdown (die Chiefs gewannen währenddessen zweimal den Super Bowl).
GM-Zitat zu Barkleys Abgang sorgt für Kopfschütteln
Zu allem Überfluss spielte dann wohl auch sein kostspieliger Vertrag eine entscheidende Rolle dabei, dass die Giants den Vertrag von Running Back Saquon Barkley 2023 nicht verlängerten. Die Verantwortlichen hatten Barkleys Marktwert unterschätzt - ebenso wie seinen Anteil am Erfolg von Jones und den Giants.
„Du zahlst dem Kerl nicht 40 Millionen Dollar, um den Ball an einen 12-Millionen-Dollar-Back abzugeben. Das ist das Jahr für Daniel“, hatte General Manager Joe Schoen in der Offseason erklärt, mitgefilmt wurde das für die Doku-Serie Hard Knocks - und ging mit jeder Woche, mit jeder schlechten Leistung von Jones, mehr viral.
Zu allem Überfluss spielt Barkley jetzt beim großen Rivalen, den Philadelphia Eagles, noch größer auf als er es während seinen sechs Jahren in New York bereits getan hatte. Schoens Aussagen wurden immer mehr zum Eigentor.
Rookie-Klasse macht New York Hoffnung
Doch so düster, wie der Himmel über dem Big Apple aktuell ist (bei der Stadtkonkurrenz läuft es genauso schlecht), muss er nicht bleiben. Durch die endlich vollzogene Entscheidung, „Danny Dimes“ auf die Bank zu setzen, kann bei den Giants wieder so etwas wie Hoffnung aufkommen. Schließlich ist nicht alles schlecht.
Von den 160 Millionen waren nur etwa die Hälfte garantiert, dazu entgeht man mit der Degradierung weiteren Garantien. Im Vertrag befand sich nämlich eine Klausel, durch die Jones bei einer Verletzung weiteres Geld sicher gewesen wäre. Mit dem Vertrag hat man also womöglich nur zwei Jahre verschenkt, nicht vier.
Dazu sind die Giants nicht so desaströs aufgestellt, wie man es von einem 2:8-Team erwarten würde. Die Defense ist eigentlich solide, mit Defensive Tackle Dexter Lawrence steht dort sogar der vermutlich beste Spieler auf seiner Position unter Vertrag. Zudem macht die diesjährige Draft-Klasse auf sich aufmerksam.
In der Offensive wird Rookie Malik Nabers (WR, 1. Runde) den hohen Erwartungen gerecht, Theo Johnson (TE, 4. Runde) und Tyrone Tracy Jr. (RB, 5. Runde) erweisen sich sogar als echte Steals. Gegen den Ball liefern Tyler Nubin (S, 2. Runde) und Andru Phillips (CB, 3. Runde) ebenso ab. Dazu verspricht die aktuell desaströse Bilanz von zwei Siegen und acht Niederlagen erneut einen hohen Draftpick, der womöglich für einen talentierten Quarterback-Nachfolger investiert werden kann.
QB-Juwel Sanders als Giants-Rettung?
Shedeur Sanders, Sohn von NFL-Legende Deion Sanders, wird bisher als die heißeste Aktie gehandelt. In New York würde er in Daboll um einen Coach an der Seite wissen, der zu Bills-Zeiten maßgeblich zur Entwicklung von MVP-Kandidat Josh Allen beitrug. Dazu bietet die Stadt New York die wohl größte Medienlandschaft der NFL - und damit auch potenziell das meiste Geld.
Die Familie Sanders - auch Vater und Coach Deion hat dort ein Wörtchen mitzureden - scheint bisher auf die Las Vegas Raiders zu schielen, wird allerdings auch um die Argumente pro Giants wissen. Durch die Degradierung von Jones könnte der Stein ins Rollen kommen.
Allerdings gibt es in der NFL neben den Giants auch zahlreiche andere Teams, die ebenfalls eine desaströse Bilanz aufweisen können und somit auch auf einen hohen Draftpick schielen. Die Cleveland Browns, die Tennessee Titans und die Las Vegas Raiders stehen ebenfalls bei einer Bilanz von 2:8. die Jacksonville Jaguars stehen sogar schon bei 2:9. Mit den New York Jets, den New England Patriots je mit einer Bilanz von 3:8 und den Carolina Panthers und Dallas Cowboys (3:7) stehen zudem vier weiter Teams nur einen Erfolg besser da.
Ein richtig hoher Draftpick, der einen möglichen neuen Star-Quarterback garantieren könnte, scheint so aktuell also alles andere als sicher. Sollte der neue Giants Quarterback DeVito plötzlich abliefern und vielleicht doch den ein oder anderen Sieg einfahren, könnte die Entscheidung Jones zu degradieren vielleicht doch noch schlecht altern. So oder so bleibt es spannend, wie es bei den Giants in Zukunft weiter geht.