Rookie-Quarterbacks bekommen in der NFL nur noch wenig Zeit, um sich zu entwickeln und sich zu beweisen. Ihnen wird nur wenig Spielraum für Fehler gelassen. Von dieser Entwicklung ist Quarterback-Legende Tom Brady sehr besorgt.
Brady-Alarm! „Das ist eine Tragödie“
In der Show von Stephen A. Smith sagte der 47-Jährige in aller Deutlichkeit: „Ich halte es für eine Tragödie, dass wir diese Rookies dazu zwingen, früh zu spielen.“ Er kritisierte diesbezüglich, dass die Universitäten keine Programme mehr anbieten würden, um Spieler zu entwickeln, sondern direkt Teams bilden, die erfolgreich sein sollen.
„Damals in Michigan hatte ich ein Pro-Style-Programm“, verwies Brady auf seine College-Zeit an der University of Michigan. Der siebenmalige Super-Bowl-Sieger fügte hinzu: „Fünf Jahre lang habe ich gelernt, wie ich mich zurückfallen lasse und dann einen Pass werfe, wie man die Verteidigung und Deckung liest und wie man gecoacht wird.“
Der Ex-Profi betonte, dass er sich damals auf dem College alles erarbeiten musste. „Ich musste mich vom siebten Quarterback auf der Rangliste bis zum dritten Quarterback hocharbeiten, bis ich schließlich Stammspieler war. All diese Dinge musste ich auf dem College lernen“, schilderte Brady.
Dabei verwies er auch auf die Entwicklung, die er nach dem Draft im Jahr 2000 genommen habe. Damals gehörte der Quarterback nicht zu den vermeintlich besten Collegespielern seines Jahrgangs, weshalb er erst in Runde sechs an Stelle 199 von den Patriots ausgewählt wurde.
„Ich ging nach New England und wurde von Coach Bill Belichick und dem dortigen Offensivteam entwickelt. In meinem ersten Jahr war ich kein Starter“, erzählte Brady.
Das Dilemma der schnellen Starts
Der Superstar sieht genau darin das Hauptproblem. In den vergangenen Jahren ist es in der NFL eine Rarität geworden, dass Teams ihre früh gepickten Quarterbacks erst einmal auf die Bank setzen, damit sie genügend Zeit haben, um in der besten Football-Liga der Welt anzukommen, sowie von erfahrenen Spielern lernen zu können.
Deutsche in der NFL | Verein | Position | Geburtstag und Ort | Größe/ Gewicht | College | bisherige Stationen |
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Amon-Ra St. Brown | Detroit Lions | Wide Receiver | 24. Oktober 1999 in Anaheim (USA/Kalifornien) | 1,83m/ 92 kg | University of Southern California | USC Trojans |
Equanimeous St. Brown | New Orleans Saints | Wide Receiver | 30.September 1996 in Anaheim (USA/Kalifornien) | 1,98 m / 97 kg | Notre Dame | Green Bay Packers, Chicago Bears |
Jakob Johnson | New York Giants | Fullback | 15. Dezember 1994 in Stuttgart | 1,91 m / 116 kg | Tennessee | Stuttgart Scorpions, New England Patriots, Las Vegas Raiders |
Kilian Zierer | Houston Texans | Offensive Tackle | 24. Februar 2000 in München | 2,01 m / 142 kg | College of Canyons (2018 bis 2019), Auburn (2020 bis 2022) | - |
Lorenz Metz | Tampa Bay Buccaneers | Offensive Tackle | 7. März 1997 in Neuötting | 2,06 m / 141 kg | Cincinnati | Kirchdorf Wildcats, Chicago Bears, New York Giants |
Julius Welschof | Pittsburgh Steelers | Linebacker | 12. März 1997 in Miesbach | 1,98 m / 120 kg | Michigan (2018 bis 2022), Charlotte (2023) | Munich Cowboys |
Marcel Dabo | Indianapolis Colts | Safety | 10. Januar 2000 in Reutlingen | 1,83 m /
94 kg | - | Stuttgart Surge |
David Bada | Detroit Lions | Defensive Tackle | 24. April 1995 in München | 1,96 m/
130 kg | - | Munich Cowboys, Ingolstadt Dukes, Schwäbisch Hall Unicorns, Washington Commanders |
Im vergangenen Draft wurden insgesamt sechs Quarterbacks in der ersten Runde ausgewählt. Mit Caleb Williams (Chicago Bears), Jayden Daniels (Washington Commanders) und Bo Nix (Denver Broncos) werden gleich drei von ihnen direkt in der ersten Woche starten. Auch J.J. McCarthy hätte sofort für die Minnesota Vikings gespielt, doch er zog sich in der Preseason eine Meniskusverletzung zu und fällt die komplette Saison aus.
Unklar ist die Situation nur bei zwei Rookie-Spielmachern: Drake Maye und Michael Penix Jr. Patriots-Quarterback Maye bekam zuletzt Lob von Head Coach Jerod Mayo, dennoch soll der Youngster in New England in Ruhe aufgebaut und an das NFL-Niveau gewöhnt werden, ohne ihm direkt die Bürde als Brady-Erbe aufzudrücken.
Penix Jr. müsste sich derweil bei den Atlanta Falcons eigentlich klar hinter dem in der Free Agency verpflichteten Kirk Cousins anstellen. Allerdings kommt der 36-Jährige von einem Achillessehnenriss zurück und noch steht nicht zu 100 Prozent fest, ob er in der ersten Woche auflaufen kann oder nicht doch Penix Jr. spielen wird. Im Vergleich zu seinen Rookie-Kollegen war es bei ihm aber zumindest nie der Plan, dass er direkt starten soll.
Direkt unter Druck: Die Last auf den Schultern der Rookies
Im vergangenen Jahr wurden drei Quarterbacks in der ersten Runde des Drafts ausgewählt. Sowohl Bryce Young (Carolina Panthers), als auch C. J. Stroud (Houston Texans) und Anthony Richardson (Indianapolis Colts) hatten keine lange Anlaufzeit und standen direkt ab Woche eins der Saison 2023/24 unter Druck.
Blickt man weiter zurück, ist erkennbar, dass auch Star-Quarterbacks wie Joe Burrow (Cincinnati Bengals), Tua Tagovailoa (Miami Dolphins) und Justin Herbert (Los Angeles Chargers) direkt in ihrem Rookie-Jahr Starter waren.
Doch nicht allzu häufig zahlt sich dieses Management der Teams aus. Dies zeigt sich an den Beispielen Zach Wilson (Denver Broncos, ehemals New York Jets), Mac Jones (Jacksonville Jaguars, ehemals New England Patriots) und Kenny Pickett (Philadelphia Eagles, ehemals Pittsburgh Steelers). Alle Akteure wurden in der ersten Runde im Draft gepickt, waren direkt Starting-Quarterback, aber niemand spielt heute mehr bei seinem Ursprungsteam - und niemand ist Starter.
Lernen von der Seitenlinie: Eine aussterbende Praxis
Das, was früher gang und gäbe war, dass früh ausgewählte Rookie-Quarterbacks erstmal lernen dürfen und nicht sofort spielen müssen, kam in der jüngeren Vergangenheit nicht allzu häufig vor. Beispiele hierfür sind Patrick Mahomes, der bei den Kansas City Chiefs zunächst ein Jahr hinter Alex Smith saß, sowie Jordan Love, der bei den Green Bay Packers drei Jahre hinter Aaron Rodgers Ersatzmann war.
Für Legende Brady ist diese Entwicklung alarmierend. „Der Grund dafür, dass Teams das machen, ist, dass das Spiel vereinfacht wurde. Dadurch wurde ermöglicht, das zu spielen, was früher als höheres Niveau galt.“
Und weiter: „Früher haben wir in der Offseason, im Trainingslager viele Stunden damit verbracht, im nächsten Jahr ein bisschen besser zu sein. Aber ich glaube, das hält die Trainer davon ab, sich auf ein höheres Niveau zu begeben, denn sie wissen, dass die Spieler nicht die Möglichkeit haben, sich auf ein höheres Niveau zu begeben. Also bringen sie ihnen nur das bei, was sie gerade können.“