„Wenn man zwei Quarterbacks hat, hat man eigentlich keinen.“ Ein Zitat aus dem American Football, welches NFL-Trainer-Legende John Madden zuzuschreiben ist. Der Gedanke dahinter ist einfach: in einem Team braucht es im Hinblick auf die wichtigste Position eine Hierarchie.
Ein einziges Pulverfass
Die anderen Teammitglieder müssen wissen, wer ihr Anführer ist. Damit werden weitere Ablenkungen reduziert und auch der Backup-Spielmacher kann sich auf seine Rolle einstellen. Ist all dies nicht klar, können unzählige Probleme auftreten.
Gefallener Superstar vs. gescheitertes Talent
Probleme, die in der NFL aktuell vor allem einer Franchise drohen. Denn die Pittsburgh Steelers haben erst wenige Tage vor dem Saisonstart ihren Starting Quarterback benannt. Zur Auswahl standen mit Russell Wilson und Justin Fields zwei namhafte Signal Caller - den Job bekommen hat jetzt Altmeister Wilson. Vorerst.
Wilson gewann einst mit den Seattle Seahawks den Super Bowl, scheiterte zuletzt aber kläglich bei den Denver Broncos.
Fields wiederum wurde 2021 als neuer Franchise-Spielmacher der Chicago Bears gedraftet, konnte schlussendlich aber ebenfalls nicht vollumfänglich überzeugen.
NFL: Wilson und Fields im Quarterback-Duell
Als die Steelers im März die Verpflichtung von Wilson bekanntgaben, wurde dieser umgehend von Head Coach Mike Tomlin zum Starter ernannt.
Doch ganz so klar waren die Dinge seit dem Fields-Trade nicht mehr, zumal der frühere Bears-Profi umgehend zum Ausdruck brachte, den Konkurrenzkampf mit seinem prominenteren Teamkollegen nicht zu scheuen.
„Ich werde auf jeden Fall antreten. Ich habe definitiv nicht die Einstellung, das ganze Jahr draußen zu sitzen. Ich komme jeden Tag her und gebe alles, was ich habe. Ich dränge ihn dazu, sein Bestes zu geben, und er drängt mich dazu, jeden Tag mein Bestes zu geben“, sagte der 25-Jährige.
Deutsche in der NFL | Verein | Position | Geburtstag und Ort | Größe/ Gewicht | College | bisherige Stationen |
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Amon-Ra St. Brown | Detroit Lions | Wide Receiver | 24. Oktober 1999 in Anaheim (USA/Kalifornien) | 1,83m/ 92 kg | University of Southern California | USC Trojans |
Equanimeous St. Brown | New Orleans Saints | Wide Receiver | 30.September 1996 in Anaheim (USA/Kalifornien) | 1,98 m / 97 kg | Notre Dame | Green Bay Packers, Chicago Bears |
Jakob Johnson | New York Giants | Fullback | 15. Dezember 1994 in Stuttgart | 1,91 m / 116 kg | Tennessee | Stuttgart Scorpions, New England Patriots, Las Vegas Raiders |
Kilian Zierer | Houston Texans | Offensive tackle | 24. Februar 2000 in München | 2,01 m / 142 kg | College of Canyons (2018 bis 2019), Auburn (2020 bis 2022) | - |
Lorenz Metz | Tampa Bay Buccaneers | Offensive tackle | 7. März 1997 in Neuötting | 2,06 m / 141 kg | Cincinnati | Kirchdorf Wildcats, Chicago Bears, New York Giants |
Julius Welschof | Pittsburgh Steelers | Linebacker | 12. März 1997 in Miesbach | 1,98 m / 120 kg | Michigan (2018 bis 2022), Charlotte (2023) | Munich Cowboys |
Marcel Dabo | Indianapolis Colts | Safety | 10. Januar 2000 in Reutlingen | 1,83 m /
94 kg | - | Stuttgart Surge |
David Bada | Detroit Lions | Defensive tackle | 24. April 1995 in München | 1,96 m/
130 kg | - | Munich Cowboys, Ingolstadt Dukes, Schwäbisch Hall Unicorns, Washington Commanders |
Steelers schieben Quarterback-Entscheidung lange auf
Mit Blick auf das zurückliegende Trainingslager und die Preseason-Spiele ist klar: „das Beste“ sah bislang noch nicht allzu glorreich aus. In allen drei Vorbereitungsspielen setzte es für Pittsburgh Pleiten, einen Touchdown-Pass brachte dabei keiner der beiden Spielmacher zustande. Wen also zum Leader ernennen?
Tomlin entschied sich jetzt sehr spät für Wilson - als vorletztes Team überhaupt! Nur die New England Patriots lassen sich noch mehr Zeit bei der Klärung der wichtigsten Personalie im Football.
„Es war eine schwierige Entscheidung“, räumte Tomlin ein, war aber sichtlich bemüht, dem Ganzen einen positiven Ton zu verleihen. Schwierig sei es „nicht im negativen Sinne“ gewesen, verkündete der Star-Coach: „Es war auf eine positive Art schwierig. Die Entscheidung war schwierig aufgrund dessen, was sie zu tun imstande sind.“
Die Qual der Wahl also - und nicht die Wahl der Qual. Für viele Beobachter ist Tomlins Spiel auf Zeit allerdings eine fragwürdige Herangehensweise.
„Der Backup-Spielmacher ist eine Art Coach, eine Art Cheerleader, ein positiver Einfluss in der Umkleide. Er gefährdet den Starter nicht mit seinen Aktionen, schon gar nicht mit seinen Worten. Aber wenn du zwei Quarterbacks hast, dann hast du oft ein Problem“, sah der ehemalige NFL-Scout John Middlekauff im Podcast 3&Out schon vor der Entscheidung ein Problem auf die Steelers zukommen.
Denn Wilson sei in keiner starken Position: „Wenn du Justin Fields bist, dann denkst du zu 100 Prozent, dass du besser bist als Russell Wilson. Und da beginnt das Problem.“
TV-Analyst flippt wegen Wilson aus
Wilson selbst gab sich trotzdem die ganze Zeit sehr sicher, als Spielmacher Nummer 1 benannt zu werden. Vor allem für Stephen A. Smith ein Unding.
„Ich werde das im nationalen Fernsehen sagen ... Russell Wilson, du fängst an, mich zu nerven. Jemand musste es sagen, also werde ich es sagen. Russ, du hast vergangenes Jahr versagt. Man hat dir 37,5 Millionen Dollar gezahlt, damit du gehst. Die Broncos waren bereit, das Geld zu verlieren, um dich loszuwerden“, polterte der ESPN-Analyst in der Sendung First Take.
„Du kämpfst mit Justin Fields um einen Starting Job, es ist nicht Josh Allen oder Lamar Jackson - es ist Justin Fields! Und er sitzt da mit einem Lächeln im Gesicht und redet davon, dass sich alle entspannen müssen. Du bist nicht Aaron Rodgers. Du hast kein Recht, das zu sagen“, echauffierte sich Smith: „Du kämpfst um deine Karriere, benimm dich wie Russell Wilson. Du kämpfst um den verdammten Job.“
Vorzeichen für NFL-Saison 2024 sind schwierig
Gewiss, Russell Wilson ist deutlich erfahrener und hat bereits den Super Bowl gewonnen - doch der 35-Jährige ist längst nicht mehr in der Form früherer Tage. Noch dazu ist sein Kontrahent ein ganzes Jahrzehnt jünger.
Klar ist: Sollte Wilson nicht sofort abliefern - nach den Eindrücken aus Denver alles andere als unwahrscheinlich - werden die Rufe nach Justin Fields schnell lauter werden. Zumal es in Pittsburgh schon letzte Saison Ärger gab, unter anderem mit Receiver George Pickens, der sich über zu wenig Targets beschwert hatte.
Und das bei einem Team, das seit dem Karriereende von Superstar Ben Roethlisberger ohnehin nach Stabilität sucht und es gegen die Baltimore Ravens, Cincinnati Bengals und Cleveland Browns in der AFC North alles andere als einfach haben dürfte.
Vorzeichen für eine entspannte Saison sehen anders aus.