In solchen Momenten werden Heldengeschichten geschrieben: Super Bowl LVIII geht in die Overtime, zum zweiten Mal überhaupt erst in der NFL-Geschichte. Die San Francisco 49ers gehen durch ein Field Goal mit drei Punkten in Führung. Kansas City muss punkten, sonst werden sie den Männern von der Westküste zusehen müssen wie sie im Konfettiregen die Vince Lombardi Trophy in die Höhe reißen.
Wird Mahomes größer als Brady?
Die Chiefs schieben sich mit Superstar Patrick Mahomes über das Feld, sind dazu verdammt mindestens ein Field Goal zu erzielen. Alle acht Pässe, die Mahomes wirft, finden seine Mitspieler. Zwei Mal läuft der 28-Jährige selbst mit dem Ball - in entscheidenden Situationen.
Am Ende stehen die Chiefs drei Yards vor der Endzone. Mahomes rollt zur rechten Seite aus der Pocket heraus, sieht Receiver Mecole Hardman frei auf der rechten Seite. Und wirft den entscheidenden Pass: Touchdown! Die Chiefs gewinnen Super Bowl LVIII in einem nie zuvor gesehenen Herzschlagfinale.
Am Ende von Super Bowl LVIII werden 34 Completions, 333 Passing Yards und zwei Touchdowns für Mahomes gezählt, bei einer Interception. Es ist damit die dritte Meisterschaft für den Superstar in seinem sechsten Jahr als Starter.
Mahomes: Vier Super-Bowl-Teilnahmen in sechs Jahren
Er hat es wieder einmal allen gezeigt. Und nun lautet die Frage: Wer ist der Greatest of All Time, also der G.O.A.T. der NFL? Tom Brady oder doch Mahomes?
Amerikanische Medien überschlagen sich mit Lobeshymnen. Das Las Vegas Review Journal schreibt: „Die Frage stellt sich nicht mehr. Es gibt keine Zweifel, keine Verwirrung, keine Unsicherheit: Die Chiefs sind eine Dynastie.“
ImBoston Globe heißt es: „Die stete Verweigerung von Patrick Mahomes, eine Niederlage zu erleiden - das sollte sogar Tom Brady nervös machen. Der Chiefs-Superstar hat jetzt nach sechs Saisons als Starter drei Super Bowls gewonnen - wie Brady, der am Ende sieben Ringe hatte.“
Mahomes auf einer Stufe mit Joe Montana
Auf den ersten Blick spricht vieles dafür, dass der 28-Jährige Tom Brady als GOAT ablösen könnte.
Vier Mal stand Mahomes bereits im Super Bowl. Dabei räumte er auch so viele persönliche Auszeichnungen ab, wie kaum einer vor ihm: Sechs Mal war er im Pro Bowl, zwei Mal wurde er zum MVP gekürt. Seine Pass-Statistiken (ganz zu schweigen von den Lauf-Statistiken) schlagen jene aus Bradys ersten sechs Jahren in den meisten Kategorien deutlich. Auch sein Quarterback-Rating ist höher als das des siebenmaligen NFL-Champions.
Mit dem jüngsten Meisterstück aus der gestrigen Nacht hat es Mahomes auch bereits drei Mal zum Super-Bowl-MVP geschafft. Das gelang vor ihm nur zwei Quarterbacks überhaupt: Tom Brady (insgesamt fünf) und 49ers-Legende Joe Montana (drei).
Der 28-Jährige beeindruckt auch besonders damit, wie abgezockt er in den verzwicktesten Situationen agiert.
Brady hält fast alle NFL-Rekorde
Genau diese Coolness erinnert aber auch an Brady selbst. Der Ex-Patriots- und -Buccaneers-Star war dafür gefürchtet, Spiele jederzeit drehen zu können. Der heute 46-Jährige hält mit 58 Game-Winning-Drives (Regular Season) den Liga-Rekord in dieser Kategorie. Mahomes steht in der Statistik bei 16.
Dass Tom Brady in der GOAT-Frage entspannt sein kann, dafür sprechen auch andere Zahlen. Brady wurde 15 Mal in den Pro Bowl gewählt, drei Mal MVP der Liga, hat mit Abstand die meisten NFL-Spiele der Geschichte gewonnen (250 in der Regular Season). Brady stand zehn Mal im Super Bowl, neunmal mit den New England Patriots, einmal mit den Tampa Bay Buccaneers. Sieben Mal ging er als Gewinner vom Platz. Sieben Ringe!
Kommt Mahomes da wirklich ran? So überragend muss es nicht zwingend für ihn weitergehen. So gewann etwa der ehemalige Quarterback der Dallas Cowboys, Troy Aikman, seine drei Super Bowls ebenfalls noch bevor er 30 Jahre alt wurde. Bei ihm blieb es dann bei den drei Meisterschaften.
Niemand weiß zudem, wie sich der Kader der Kansas City Chiefs in den nächsten Jahren verändert. So wird es etwa für Tight End und Schlüsselfigur Travis Kelce wohl nicht mehr ewig weiter gehen, wird dieser im Oktober 35 Jahre alt. Wie lange macht Coach Andy Reid, der als Genie bei der Auswahl der Plays gilt, noch weiter?
So groß wie Brady? Mahomes zeigt sich bescheiden
Mahomes betont selbst auch immer wieder, dass er sich nicht auf einer Stufe mit Brady sieht. Zumindest noch nicht.
Selbst nach dem Super-Bowl-Sieg reagierte er in der Sendung „GameDay Final“ auf NFL Network bescheiden auf die Frage, ob er besser werden könne als Brady: „Es wird immer schwierig sein, das zu schaffen, denn Brady hat mich im Super Bowl geschlagen.“
2021 schlugen Bradys Tampa Bay Buccaneers damals die Chiefs mit 31:9. Es war das einzige Aufeinandertreffen der beiden Quarterbacks in der Postseason.