Im NFL-Draft 2018 entschieden sich die San Francisco 49ers mit dem 70. Pick in der dritten Runde, einen Spieler auszuwählen, der ihre Defensive für die folgenden sechs Spielzeiten als Anführer prägen und sich zum Spieler mit den meisten Playoff-Tackles der Teamgeschichte (84) entwickeln sollte.
Vom Nobody zum MVP?
Drei Auszeichnungen als All-Pro, 766 kombinierte Tackles, neun Sacks und acht Interceptions sind nur einige ausgewählte Statistiken, die die ganze Klasse von Linebacker Fred Warner zum Ausdruck bringen.
„Er ist riesig, ganz ehrlich. Er stellt die komplette Defense auf, er bringt die Calls rein, stellt sicher, dass jeder sich richtig aufstellt. Und dann macht er natürlich auch wichtige Plays“, erklärte der ehemalige deutsche NFL-Star Mark Nzeocha jüngst im SPORT1-Interview.
Überwinden die 49ers ihr Finaltrauma?
„Für mich ist das auch cool zu sehen: Er war ein Drittrundenpick, ein Projekt - und dass er die ganze Arbeit reingesteckt und sich so entwickelt hat, das ist einfach großartig. Er ist der Kleber, er hält die komplette Defense zusammen“, meinte Nzeocha, der der von 2017 bis 2021 bei den 49ers gespielt hatte.
Dieser „Kleber“ der Defense wird voraussichtlich auch beim Super Bowl in der Nacht von Sonntag auf Montag einer der entscheidenden Faktoren sein, um den Fans der 49ers endlich den Traum vom nächsten Super-Bowl-Triumph zu erfüllen.
Insgesamt fünfmal reckte die Franchise in ihrer Geschichte die begehrte Vince Lombardi Trophy in die Höhe, nur die Pittsburgh Steelers und New England Patriots waren noch erfolgreich. Seit dem letzten Titel (1994) sind aber beinahe 30 Jahre ins Land gezogen.
2020 war der Traum bereits zum Greifen nahe, doch trotz einer Interception von Warner hagelte es am Ende eine 20:31-Niederlage gegen die Kansas City Chiefs und Quarterback Patrick Mahomes, der seinen ersten von bisher zwei Titeln einfahren konnte.
20:10 führten die 49ers damals vor dem Beginn des entscheidenden Viertels, ehe Mahomes mit drei Touchdowns in den letzten 6:13 Minuten der Partie ein unglaubliches Comeback anführte. Eine Niederlage, die Warner nach eigenen Aussagen auf einer Pressekonferenz am Donnerstag für sein Leben gezeichnet hat.
Selbstkritischer Warner fordert Leistungssteigerung
In diesem Jahr kommt es zum Rematch und damit auch zur Chance auf die große Revanche für Warner und die San Francisco 49ers. Allerdings zeigte sich der 27-Jährige auf einer Pressekonferenz in Las Vegas zunächst verhalten und forderte eine Leistungssteigerung seiner Mannschaft.
„Nach den Widrigkeiten in der Verteidigung ist dies eine Gelegenheit, die Fehler, die wir gemacht haben, zu korrigieren“, meinte Warner und spielte damit auf die knappen Siege gegen die Green Bay Packers (24:21) sowie gegen die Detroit Lions (34:31) an.
Bei letzterem Erfolg hatten die 49ers zwischenzeitlich mit 7:24 hinten gelegen. Eine Leistung, die Warner nun als „nicht gut genug, überhaupt nicht genug genug“ bezeichnete.
In beiden Spielen ließ die sonst so starke Defensive deutlich mehr Punkte zu als die im Schnitt 17,5 aus der regulären Saison. Besonders das Laufspiel der Gegner, mit durchschnittlich 159 Yards, bereitete dem Team aus Santa Clara enorme Schwierigkeiten.
Der Weg zum MVP beim Super Bowl?
Der ehemalige NFL-Star Shawne Merriman traut der 49ers-Verteidigung - angeführt von Fred Warner - allerdings die Rückkehr zu der gewohnten Stärke zu, wobei er vor allem von Warner begeistert scheint.
„Egal, wohin der Ball geworfen wird, egal, wer rennt und den Ball über das Feld wirft - wenn man nach oben schaut, ist Fred Warner immer in der Nähe des Footballs“, sagte der frühere Linebacker bei der NBC-Show Radio Row und fügte an: „Das ist, was ich an ihm liebe.“
Aus diesem Grund rechnet Merriman Warner ernsthafte Chancen auf die Ehrung zum MVP aus und traut ihm zu, „ein strahlender Star“ des Spiels zu werden - und damit jener Mann, der das Finaltrauma der 49ers überwindet.