Wer spielt im Herbst in München gegen die Carolina Panthers? Wie geht es nach 2025 mit den Deutschland-Spielen weiter? Und wie kann das Interesse an der NFL hierzulande noch weiter gesteigert werden?
Mehr NFL in Deutschland? „Stehen bereit“
Als Deutschland-Chef der NFL stehen für Alexander Steinforth in den kommenden Monaten wichtige Entscheidungen an. Erst einmal aber freut er sich genau wie die Fans auf einen hoffentlich spektakulären Super Bowl LVIII.
SPORT1 traf Steinforth vor dem Duell zwischen 49ers und Chiefs in Las Vegas zum Interview - und sprach mit ihm neben aktuellen Themen vor allem über die Zukunft der NFL in Deutschland.
„Wir haben uns mit den Chiefs ausgetauscht“
SPORT1: Las Vegas, Super Bowl, Taylor Swift, Patrick Mahomes und die vielleicht besten beiden Teams der vergangenen fünf Jahre. Sind das die Zutaten für einen perfekten Super Bowl?
Alexander Steinforth: Es ist auf jeden Fall ganz viel dabei, wenn der beste Quarterback und das vielleicht beste Team in dieser Stadt aufeinandertreffen. Es ist ja das erste Mal, dass hier ein Super Bowl stattfindet. Ich glaube, wenn man hier durchgeht, merkt man auch, wie die Stadt das atmet - und wir freuen uns auf ein hoffentlich hochklassiges Spiel in einer super Location. Es ist ein tolles Stadion.
SPORT1: Wie glücklich sind Sie als Deutschland-Chef, dass mit den Kansas City Chiefs auch eines der „Deutschland-Teams“ der NFL mit dabei ist?
Steinforth: Wir haben uns hier vor Ort auch schon mit den Chiefs ausgetauscht, haben da einen sehr engen Draht und drücken natürlich auch immer ein Stück weit den Teams die Daumen, die die Marketingrechte für Deutschland haben. Sie haben jetzt schon einige starke Saisons gespielt - und natürlich freuen wir uns, wenn sie oder andere Teams, mit denen wir eng zusammenarbeiten, es noch einen Tick weiter schaffen in der Saison.
SPORT1: Die Chiefs wären ja auch ein potenzieller Gegner für das Deutschland-Spiel der Carolina Panthers im kommenden Herbst. Wie weit sind die Planungen und wann gibt es für die deutschen Fans Gewissheit?
Steinforth: Das sind genau die Gespräche, die im Moment stattfinden und es wird sich auch noch ein Stück weit in die Länge ziehen. Es ist jetzt ein noch komplexer werdender Prozess mit einem weiteren Standort in Brasilien. Am Freitag haben wir ja auch verkündet, dass wir ein Jahr später nach Spanien gehen werden. Man merkt, es kommen mehr Länder dazu - und dann geht es sehr komplex zu in der Spielplangestaltung, damit man auch das richtige Team, das noch nicht international gespielt hat und vielleicht auch in den Markt hineinpasst, als Gegner findet. Wahrscheinlich wird es wieder Ende April oder Anfang Mai, bis wir es verkünden können.
SPORT1: Wie viel Mitspracherecht hat die NFL Deutschland bei der Spielplangestaltung?
Mehr NFL-Spiele für Deutschland?
Steinforth: Wir sind da im ganz engen Austausch mit den USA. Das ist tatsächlich sehr komplex, weil es so viele Faktoren gibt, die da reinspielen und es nicht so viele potenzielle Gegner gibt. Die „Heimteams“, die wir zuerst bekannt geben, sind meistens schon die, die eben auch Marketingrechte haben und sich besonders stark dafür einsetzen, in Deutschland spielen zu können. Auf der Gastseite ist es dann bunter gemischt, zuletzt hatten wir die Miami Dolphins und die Indianapolis Colts zu Gast.
SPORT1: Ungewiss ist bis jetzt, wie es nach 2025 weitergehen wird. Was spräche denn dagegen, weitere Spiele in Deutschland auszutragen?
Steinforth: Gar nichts! Wir sind damals schon mit der Hypothese gestartet, dass Deutschland ein sehr attraktiver Markt ist und haben es in den vergangenen zwei Jahren nochmal sehr eindrucksvoll untermauert gesehen. Unsere Planung ist nicht auf diese ersten vier Jahre beschränkt, die wir am Anfang verkündet hatten. Wir sind schon dabei, uns Gedanken zu machen, wie es danach weitergeht. Man merkt, wenn man die NFL insgesamt verfolgt, dass es gerade viel Bewegung im internationalen Bereich gibt. Wir werden wahrscheinlich in Zukunft noch den einen oder anderen Markt zusätzlich sehen und Deutschland wird da immer einen ganz zentralen Platz einnehmen.
SPORT1: Im Gegensatz zu Brasilien oder Spanien wurde die Vereinbarung für Deutschland von Anfang an auf vier Jahre ausgelegt. Zeigt das, wie viel Potenzial die NFL in Deutschland vermutet?
„Der Fan kann mehr NFL verfolgen als jemals zuvor“
Steinforth: Auf jeden Fall! Wir sprechen nicht umsonst davon, dass Deutschland für uns der Wachstumsmarkt Nummer 1 ist. Das sehen wir auch immer wieder bei den Zahlen, wenn wir uns ansehen, wie viele Leute die Spiele im Fernsehen verfolgen, wie hoch die Fan-Anzahl, aber auch das Fan-Potenzial in Deutschland ist. Insofern ist Deutschland ein sehr wichtiger Markt und steht für uns ganz oben auf der Liste.
SPORT1: Im Fernsehen gibt es seit dieser Saison bekanntlich einen neuen TV-Partner. Wie hat sich diese Veränderung bemerkbar gemacht und wie zufrieden sind Sie mit der neuen Partnerschaft?
Steinforth: Erstmal kann man sagen: Der Fan kann heute mehr NFL im Fernsehen verfolgen als jemals zuvor. Für uns war es wichtig, dass es auch abseits des Spieltags viel zu sehen gibt und wir unterschiedliche Zielgruppen erreichen. Deswegen Kinderfernsehen, News, viele Dokus und ganz tiefe Berichterstattung am Spieltag. Darüber hinaus Audioformate, was es vorher auch nicht gab. Mehr Leute als zuvor verfolgen den Sport und haben auch die Möglichkeit, ihn zu verfolgen. Wir sind bis zu 20 Prozent über den Einschaltquoten vom letzten Jahr und sind damit sehr zufrieden.
SPORT1: Wie soll es Ihnen gelingen, die bestehende Fanbase zu binden, aber gleichzeitig neue Zielgruppen zu erschließen?
Steinforth: Das ist genau der Spagat, den wir schaffen müssen. Wir wissen natürlich, dass es ganz viele Fans gibt, die schon länger dabei sind und ganz tief im Sport drinstecken. Gleichzeitig ist es unser Ziel, neue Fans zu erreichen. Wir müssen immer wieder gedanklich den Schritt zurück machen und gucken, wie wir diejenigen erreichen, die noch nicht von Anfang an dabei sind, vielleicht noch nicht die Regeln kennen oder nicht so sehr mit dem Sport vertraut sind, die aber merken, dass es Spaß macht, sich den Sport im Fernsehen anzuschauen. Das versuchen wir über unterschiedliche Wege zu machen. Zum Beispiel, dass wir auf unseren eigenen Social-Media-Kanälen immer in zwei Richtungen kommunizieren.
SPORT1: Ein großes Thema rund um die Spiele in Deutschland ist leider auch jedes Jahr die Ticketvergabe. Wird es bei diesem Prozess nochmal zu einer Anpassung kommen?
Steinforth: Wir machen uns immer Gedanken darüber, schauen auch sehr aufmerksam auf das Feedback. Der Prozess hat insgesamt im letzten Jahr sehr gut funktioniert. Der Shop hat gehalten und wir haben alles in kurzer Zeit durchbekommen. Wir haben eine riesige Nachfrage gehabt und haben bereits im letzten Jahr gewisse Anpassungen vorgenommen. Wenn es dann so weit ist, schauen wir, ob wir es für dieses Jahr genauso beibehalten oder ob wir an der einen oder anderen Schraube noch einmal nachjustieren. Insgesamt sind wir aber, glaube ich, auf einem guten Weg.
„Alleinstellungsmerkmal innerhalb der NFL“
SPORT1: Kann es eine Option sein, weniger Tickets pro Anfrage zu vergeben?
Steinforth: Das haben wir in der letzten Saison schon gemacht und sind von sechs auf vier Tickets heruntergegangen. Ich glaube nicht, dass wir noch weiter heruntergehen, weil wir bewusst sagen ‚Football is Family‘ - und wir wollen allen die Möglichkeit geben, nicht nur mit einer weiteren Person ins Stadion zu gehen. Gleichzeitig sind wir auch intensiv dabei zu gucken, dass der Weiterverkauf, soweit es geht, nicht stattfindet. Das ist für uns ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der NFL. Wenn wir auf die USA schauen, kommen die im Bereich Ticketing aus einer ganz anderen Welt. Dort ist es weit verbreitet und klar akzeptiert, dass diese Zweitmarkt-Plattform auch ein Teil des Ticketkaufprozesses ist. Wir haben hart dafür gekämpft, dass das in Deutschland nur über die offiziellen Wege möglich ist.
SPORT1: Könnte es perspektivisch zu einem Ausbau des Engagements der NFL mit mehr Spielen in Deutschland kommen? In London gibt es beispielsweise jedes Jahr drei Spiele zu sehen.
Steinforth: Das vergangene Jahr war erstmal ein besonderes Jahr, weil wir außer der Reihe ein Spiel aus Mexiko in Deutschland hatten. Wir in Deutschland stehen dafür auf jeden Fall bereit und freuen uns darüber. Wir sehen auch und arbeiten intensiv daran, dass wir derzeit noch globaler werden wollen, dass wir in noch mehr Märkte, in noch mehr Städte hineingehen. Ob das für uns in Zukunft die Möglichkeit ergeben wird, noch ein weiteres Spiel pro Jahr in Deutschland auszutragen, wird die Zeit zeigen. Aber wenn es jetzt ein Spiel in Spanien zusätzlich gibt, ist das für uns auch extrem wertvoll. Es öffnet nochmal einen anderen Zugang, weil man bei uns in der Zeitzone die Spiele besser verfolgen kann.
SPORT1: Dürfen sich auch Fans aus anderen Städten als München und Frankfurt Hoffnungen machen, dass die NFL künftig mal zu Gast sein wird?
Steinforth: Wir haben sehr gute Partnerschaften mit beiden Städten, auch mit den Klubs vor Ort, und sind da sehr zufrieden gewesen. Wir haben jetzt jede Stadt, jedes Stadion einmal kennengelernt und einmal bzw. in Frankfurt zweimal dort gespielt. Wir sehen aber gleichzeitig auch, dass es Interesse aus anderen Städten gibt und schauen uns dies aufmerksam an. Allerdings gibt es nichts, was wir derzeit verkünden könnten.
NFL-Deutschland-Boss mit Ankündigung
SPORT1: Wenn wir noch einmal auf die Teams schauen: Inwiefern wäre ein Modell wie mit den Jacksonville Jaguars, die jedes Jahr in London spielen, auch in Deutschland möglich?
Steinforth: Das ist das sogenannte Club-Opportunity-Modell. Die Jaguars geben freiwillig ein Spiel bei sich zu Hause auf, um selbstorganisiert in London zu spielen. Am Ende ist es keine Entscheidung, die wir treffen, sondern es obliegt den Teams. Es ist für sie noch mal mehr Aufwand, als wenn es von uns durch die Liga organisiert ist. Man sieht aber, dass der Markt für viele Teams extrem spannend ist. Insofern würde ich es nicht gänzlich ausschließen, aber die Entscheidung liegt eben nicht bei uns.
SPORT1: Das große Szenario, welches von vielen immer mal wieder beschrieben wird, wäre eine eigene NFL-Division in Europa. Kann sich die NFL dem angesichts der Entwicklung noch verwehren?
Steinforth: Was man sieht, ist, dass der internationale Bereich immer wichtiger und immer größer wird innerhalb der NFL. Im Moment haben wir erst mal die Zusage der Eigentümer, dass wir die Anzahl der international stattfindenden Spiele in den nächsten Jahren verdoppeln können. Wir sind aktuell bei vier von der NFL organisierten Spiele und werden auf acht hochgehen. Das heißt, wir werden wahrscheinlich noch den einen oder anderen neuen Markt sehen. Ob es in der Zukunft mal kommen wird, das wird man sehen. Wir sind davon überzeugt, dass einfach noch so viel Wachstumspotenzial in dem Bereich vorhanden ist, dass wir das erstmal vorantreiben wollen.