Die größten Football-Talente haben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im NFL Draft 2023 bereits ein neues Team gefunden.
Nächster Deutscher in der NFL?
An den zwei verbleibenden Tagen werden sich noch für 228 weitere Spieler der Traum erfüllen, von einem NFL-Team gedraftet zu werden.
Zu den vielen hundert College-Athleten, die auf einen Anruf eines NFL-Teams warten, zählen mit Kilian Zierer und Lorenz Metz auch zwei deutsche Talente.
Die beiden Hünen könnten dabei in die Fußstapfen von Sebastian Vollmer treten, der auch als Offensive Lineman in der NFL von sich reden machte.
Ex-Coach lobt Zierer: „Ist ein Riesenkerl“
Die besten Chancen, im Draft gepickt zu werden, hat Zierer. Der junge Mann aus Hohenbrunn, einem Münchner Vorort, begann erst im Alter von 16 Jahren mit dem Sport.
Zuvor spielte er Fußball, erst als Stürmer und dann als Torwart. Doch wegen seiner immensen Größe beendete er den Sport. Nach einem Besuch in den USA packt ihn die Football-Begeisterung, sodass er zu einem Tryout der Munich Cowboys ging.
Zunächst begann er als Wide Receiver, ehe er Muskelmasse zulegte, um als Tight End zu spielen. In seiner dritten Saison wechselte er schließlich in die O-Line - und in die U19 der Allgäu Comets.
„Er war schon damals mit seinen knapp zwei Metern ein Riesenkerl“, erinnert sich sein ehemaliger Jugendtrainer Matthias Schütz bei SPORT1 an das erste Treffen mit der Nachwuchshoffnung.
In seiner Zeit bei den Comets legte Zierer bereits die Attribute an den Tag, die ihm nun ins Blickfeld der NFL brachten. „Er war ein sehr ehrgeiziger Spieler, hat ein gutes Footballverständnis und sich durch harte Arbeit ausgezeichnet. Er hat die ‚No-days-off‘-Mentalität (Übersetzung: keinen Tag frei), die es in unserem Sport gibt“, schildert Schütz.
Zierer überzeugt am College in den USA
Dank der Unterstützung vom Ex-NFL-Profi Björn Werner gelang ihm 2018 den Sprung in die USA. Es reichte zunächst zwar nur für Junior College of The Canyons in Santa Clarita, doch dort erarbeitete er sich bereits nach sechs Wochen einen Startplatz.
„Das Beste war, wie roh ich war. Ich meine, die Trainer sagten zu mir: ‚Vergiss alles, was du zu wissen glaubst, du wirst es so machen.‘ Und da ich keine schlechten Angewohnheiten hatte, konnten sie mit mir machen, was sie wollten. Ich habe getan, was sie wollten, und es hat funktioniert“, erklärte er auf dem englischsprachigen Online-Portal The Touchdown.
In seinen zwei Spielzeiten entwickelte er sich zum beste Tackle im Junior College. So warben zahlreiche Top-Programme wie Alabama, Florida State oder TCU um ihn - insgesamt 15 Stipendien-Angebote lagen ihm vor.
Seine Entscheidung fiel auf die Auburn Tigers. „Das ist eine Institution. Dort herrscht ein ganz hohes Level“, meint Schütz anerkennend.
Wann wird Zierer gedraftet?
Zwar verpasste Zierer wegen eines Kreuzbandrisses seine erste Saison, doch bereits in Jahr zwei stand er mehrfach in der Startelf.
In der abgelaufenen Saison gelang dem 2,01m-Hünen sogar der nächste Schritt: Er übernahm die Position des Left Tackles - der wichtigsten Aufgabe in der Offensive Line. Dabei spielte er bereits vor rund 110.000 Menschen, die sich das Spiel der Tigers bei Penn State anschauen wollten.
Diese Atmosphäre könnte er in den kommenden Jahren regelmäßig erleben, denn vielen Draft-Experten vermuten, dass Zierer im Laufe des dritten Tages gepickt wird. „Es wäre sehr cool für ihn, wenn er gedraftet wird“, schildert Schütz, der über das Draft-Wochenende geschäftlich in den USA ist und sich fest vorgenommen hat, die TV-Übertragung einzuschalten.
Das dürfte auch seine Familie machen, die ihn auf seinem Weg sehr unterstützt hat. Besonders sein jüngerer Bruder Wilson dürfte ganz genau hinschauen, denn schließlich spielt er derzeit in der U16 der Comets.
„Körperlich ist er ein ziemlich ähnlicher Typ wie sein Bruder. Er hat letztes Jahr sein erstes Jahr Tackle-Football gespielt und ähnliche Ambitionen wie sein Bruder“, erläutert der Jugendtrainer.
Metz wie Zierer ein Spätberufener
Eine noch imposantere Person ist Lorenz Metz. Mit einer Körpergröße von 2,06 Metern ist er sogar noch etwas größer als sein Landsmann.
Wie Zierer stammt auch er aus Bayern und ist ein Spätberufener. Der Neuöttinger kam mit 17 Jahren bei den Kirchdorf Wildcats zum Football. Erst dort packte ihn das Football-Fieber, denn ein erstes Tryout drei Jahre zuvor bei den Burghausen Crusaders überzeugt ihn nicht vom Sport.
Doch in der Kleinstadt am Inn spielte er sich in den Vordergrund und sorgte nicht zuletzt durch seine Statur für Eindruck. Zunächst spielte er in der Defensive Line und jagte die gegnerischen Quarterbacks, ehe er in den USA die Seiten wechselte.
„Der Wechsel in die Offensive Line war für ihn der richtige Schritt, weil seine Athletik auf NFL-Niveau vermutlich nicht ausgereicht hätte“, schildert Christoph Riener, Head Coach der GFL2-Mannschaft der Wildcats, im SPORT1-Interview.
Ex-Trainer vermasselt fast USA-Traum von Metz
Er trainierte den jungen Mann 2016 und 2017 - und hätte fast seinen Sprung ans College verhindert. Schließlich setzte er Metz in der GFL2 ein, wodurch dieser seine Zulassung eigentlich verloren hat, da er aus Sicht der NCAA somit kein Amateurspieler mehr war.
Doch Riener kämpfte für seinen Schützling. „Er hat von mir ein Empfehlungsschreiben gebraucht, damit er nicht gesperrt wird. Wir haben die Kuh vom Eis bekommen, da ich die Schuld auf mich genommen habe“, berichtet er.
Somit konnte sich Metz, der früher Tischtennis gespielt hat, den Traum von den USA erfüllen. Dank einer College Tour konnte er aus fünf Angeboten wählen und entschied sich für die Cincinnati Bearcats.
Metz überzeugt in Cincinnati
Bereits in seinem ersten Jahr stand er schon für sein neues Team auf dem Feld. Während er zunächst auf den Tackle-Positionen eingesetzt wurde, war in den vergangenen zwei Spielzeiten ausschließlich als Guard aktiv.
Dort ließ er sein Potenzial aufblitzen, denn 2021 wurde er in das beste Team der Conference gewählt. „Ich bin überrascht, dass er sich so gut durchgesetzt hat“, sagt sein Ex-Coach.
Zwar habe Metz den „prädestinierten Körper für den Sport“ und die richtige Einstellung, aber das zwischenzeitliche Wachstum macht ihm zu schaffen. „Da hat sich sein Herz-Kreislauf-System erst dran gewöhnen müssen“, meint Riener.
Metz mit Fragezeichen
Diese Probleme hat er aber hinter sich gelassen, denn Riener lobt ausdrücklich seine verbesserte Koordination und Athletik.
Dennoch wird es schwierig für Metz gedraftet zu werden. So ist sein Alter von 25 Jahren ebenso ein Problem wie seine zahlreichen Verletzungen. Er musste sich unter anderem einer Knöcheloperation unterziehen, wegen der er sechs der ersten sieben Spiele der 2022er Saison verpasst hat. Auch sportlich gibt es noch einige Fragezeichen.
Die Chancen stehen aber hoch, dass er als Undrafted Free Agent bei einem Team unterkommt. Riener hat dafür einen wichtigen Tipp an Metz: „Wenn er eine Chance bekommt, muss er etwas Außergewöhnliches machen. Er muss so glänzen, dass er sich einer der 53-Kader-Plätze holt oder zumindest ins Practice Squad kommt, was für mich sogar der logischere Weg wäre.“
So oder so ist die Hoffnung aus deutscher Sicht groß, dass Metz und Zierer den Sprung in die NFL schaffen. Es würde den Football-Hype in Deutschland nur noch weiter steigen lassen.