Das hatte er sich sicherlich anders vorgestellt zum Saison-Auftakt: Bei seiner Rückkehr an alter Wirkungsstätte ist NFL-Superstar Russell Wilson von den Fans der Seattle Seahawks mit Buhrufen empfangen worden - und kassierte mit den Denver Broncos eine 16:17 (3:7, 13:17, 13:17)-Niederlage gegen sein Ex-Team. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur NFL)
Seltsamer Schachzug irritiert die NFL
Zum Matchwinner im Monday Night Game avancierte Wilsons Quarterback-Nachfolger Geno Smith, der sich dabei 23/28 Pässe für 195 Yards und zwei Touchdowns verantwortlich zeichnete, unter frenetischem Jubel des Seahawks-Anhangs. (DATEN: Alle Tabellen der NFL)
Für Wilson dagegen, der mit der Francise 2013 den Super Bowl gewonnen hatte, war es ein Abend zum Vergessen - an dessen Ende auch ein irritierender Taktik-Schachzug seines Coachs Fragen aufwarf.
Russell Wilson schied bei Seattle Seahawks im Unfrieden
Bei seiner Heimkehr wurde von den Seattle-Fans mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht. Und nicht nur das: Viele Fans hatten ihre Wilson-Trikots mitgebracht und den Namen des Abgewanderten mit „Verräter“ überklebt. (SERVICE: NFL-Wissen - die Positionen im Football)
Auf spottenden Plakaten als Warnung an die Broncos war überdies zu lesen: „Gewinnt lieber oder er wird auch euch auch verlassen.“
Der 33 Jahre alte Wilson ging im März nach zehn Jahren in Seattle in einem Blockbuster-Trade zu den Broncos, drei Jahre, nachdem er mit einem 140-Millionen-Dollar-Deal zum damals bestbezahlten Spieler der NFL-Geschichte aufgestiegen war.
Die Beziehung zu seinem langjährigen Arbeitgeber war zuletzt angespannt gewesen: Wilson hatte nach dem Super Bowl 2021 in einem Aufsehen erregenden Manöver öffentliche Kritik an seinem Team geübt, es tue zu wenig, um das Bestmögliche aus seiner Karriere rauszuholen.
Auch umgekehrt vollzog sich eine Entfremdung: Vor einer Woche offenbarte ein Insider-Bericht von ESPN, dass bei den Seahawks zuletzt die Zweifel gewachsen waren, ob Wilson auch im fortschreitenden Alter auf Topniveau bleiben und seine nachlassenden Stärken als laufstarker „Running Quarterback“ kompensieren könnte.
Die Broncos haben offensichtlich eine andere Einschätzung, sie statteten Wilson nach dem Trade mit einem noch besseren, insgesamt 245 Millionen Dollar schweren Sieben-Jahres-Deal aus.
„Verräter!“ - Fans buhen Wilson aus
Bei seiner Wiederkehr blieb Wilson, der zuvor 292 Touchdowns für Seattle realisiert hatte, definitiv unter seinen Möglichkeiten, fand seine Wide Receiver gerade zweimal für 97 Yards und einen Touchdown. (SERVICE: NFL-Wissen - die wichtigsten Begriffe im Football)
Danach wurde es bei sechs erfolgreichen Pässen nach elf Versuchen für 77 weitere Yards kaum besser. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der NFL)
Folge: Wilson schrammte dank der Seahawks-Defense zudem gerade so an zwei Interceptions vorbei, nachdem bereits im ersten Drive Safety Jamal Adams einen Ball fallen gelassen und der Routinier im letzten Drive der ersten Hälfte einen Pass weit an Courtland Sutton vorbei in die Endzone geworfen hatte. (NFL-Transfers - die größten Trades und heißesten Gerüchte im TICKER)
Anders dagegen der Auftritt von Smith, der seine Team mit einem 36-Yard-Touchdown sogleich zu einer 7:0-Führung verhalf.
Zwar kamen die Broncos in die Folge immer besser in Fahrt und unter anderem dank Wilsons Touchdown-Wurf auf Jerry Jeudy zum zwischenzeitlichen 10:10 in Fahrt. Die Seahawks hatten jedoch auch in der Folge stets eine Antwort parat, hielten auch nach der Pause im auf beiden Seiten von vielen Fehlern und Strafen geprägten Duell dagegen. (SERVICE: NFL-Wissen - die wichtigsten Regeln im Football)
Geno Smith (QB-Rating: 119,5) fand noch vor der Halbzeit seinen Tight End Colby Parkinson in der Endzone und stellte auf 17:10, erst nah 25 Minuten hatte er seine erste Incompletion geworfen.
Seltsamer Taktik-Schachzug der Broncos irritiert
Die Broncos kamen jedoch noch heran und hatten beim Stand von 17:16 mit 20 Sekunden an der gegnerischen 46-Yard-Line nochmal bei 4&5 die Chance auf den Sieg. Coach Nathaniel Hackett entschied sich jedoch für einen schwieriges 64-Yards-Field-Goal, anstatt Wilson die Chance zu geben, die nötigen 5 Yards zu überbrücken. Kicker Brandon McManus scheiterte an dem ambitionierten Auftrag, von Fans und Experten gab es Spott und Kritik, dass die Broncos McManus in die Situation brachten, statt in dieser Star-Quarterback zu setzen.
Wilson selbst verteidigte nach dem Spiel Hacketts taktische Entscheidung: „Wir haben den vielleicht besten Field-Goal-Kicker überhaupt. Es hat leider nicht geklappt, aber ich glaube an Coach Hackett, an das, was wir tun, ich glaube an alles. Ich denke nicht, dass es die falsche Entscheidung war.“
Wermutstropfen allerdings für Seattle: Adams verletzte sich am linken Oberschenkel, wurde unter Tränen vom Feld gebracht.