Die NFL Free Agency ist bekannt für Monster-Deals, sensationelle Kehrtwenden und Trades, die sich wie Kaugummi ziehen: Die Saga, die sich nun bei den Cleveland Browns vollzogen hat, ist aber nochmal eine Spur bemerkenswerter, auch gemessen an den Maßstäben der üblichen NFL-Theatralik.
Schmierentheater um Star-Quarterback
Der Trade von Skandal-Quarterback Deshaun Watson, der am vergangenen Freitag über die Bühne gegangen ist, bedeutet das damit wohl verbundene Aus für Baker Mayfield: Es sind Tage des Donners in Cleveland - und vorausgegangen waren zahlreiche Wendungen im Browns-Irrgarten der Free Agency. (NFL-Transfers - die größten Trades und heißesten Gerüchte im TICKER)
Cleveland Browns: Hin und Her bei Baker Mayfield
Bereits am vergangenen Dienstag hatten die Browns verkündet, dass sie mit Deshaun Watson Gespräche führen wollen. Der Quarterback war trotz Vorwürfen der sexuellen Belästigung zum begehrten Tradeobjekt aufgestiegen, obwohl trotz eingestellter Strafprozess-Ermittlungen noch immer eine Zivilklage gegen ihn anhängig ist.
Als Reaktion auf diese Ankündigung verfasste Mayfield einen zweiseitigen Brief an die Stadt Cleveland, in der er sich für die letzten vier Jahre bedankte. Zudem erklärte er, dass er keine Ahnung habe, was als nächste passieren werde, er aber Vertrauen in Gottes Plan habe.
Dass der Plan aber weitere Spiele im Trikot der Browns vorsieht, scheint eher fraglich. „Ich habe dieser Franchise alles gegeben, was ich habe. Das habe ich immer getan, in jeder Phase und auf jeder Ebene. Und das wird sich nicht ändern, egal wo ich meinen nächsten Snap mache“, führte er weiter aus.
Am vergangenen Mittwoch legte die Franchise dann nach und erklärte, dass man einen „erwachsenen“ Quarterback brauche und man sich auf jeden Fall von Mayfield trennen werde - egal, was mit Watson werde.
Am Donnerstagmorgen wurde den Browns mitgeteilt, dass sie für Watson nicht mehr in Frage kämen. Die Browns vollzogen eine absurde Kehrtwende - und erklärten öffentlich, dass man nicht mehr an dem Quarterback der Texans interessiert sei, da man auf Mayfield setzen würde.
Mayfield besteht auf einen Trade
Der machte seinem Team aber einen Strich durch die Rechnung. Er positionierte sich klar und forderte einen Trade, wie Adam Schefter berichtete. „Die Beziehung ist zu weit auseinandergefallen, um sie zu flicken. Es ist im besten Interesse beider Seiten, weiterzuziehen“, erklärte der Browns-Quarterback bei ESPN.
Zwar sollen die Browns Berichten zufolge ihrem Quarterback mitgeteilt haben, dass sie einem Trade nicht zustimmen werden, dennoch wirkte das Tischtuch endgültig zerschnitten.
Am Freitagnachmittag kam dann der Watson-Trade doch noch zustande, nachdem es wenige Stunden zuvor hieß, dass die Entscheidung zwischen den Atlanta Falcons und New Orleans Saints fallen werde. (KOMMENTAR: Dieser Deal ist eine Schande)
Somit dürfte der Abgang von Mayfield nun besiegelt sein. Aber welche Teams kommen für den Nummer-1-Pick des Drafts 2018 überhaupt in Frage?
Seahawks, Panthers, Raiders und Saints: viele Optionen für Mayfield
Mayfield hatte in der vergangenen Spielzeit mit zahlreichen Verletzungen zu kämpfen und stand am Ende bei einer Bilanz von 6-8 - nachdem er die Browns in der Saison zuvor noch mit einer 11-5-Bilanz in die Playoffs geführt hatte.
Die heißeste Spur führt aktuell zu den Indianapolis Colts. Nach dem Trade von Carson Wentz zu den Washington Commanders befindet sich die Franchise auf der Suche nach einem Nachfolger. Auch der 26-Jährige scheint einem Wechsel nicht abgeneigt zu sein. Laut Jeff Howe von The Athletic will Mayfield am liebsten zu den Colts getradet werden.
Nach dem Weggang von Russell Wilson sind die Seattle Seahawks natürlich auf der Suche nach einem neuen Franchise-Quarterback. Zudem hat das Team für Wilson einiges an Picks als Trade-Kapital von den Denver Broncos bekommen. (SERVICE: NFL-Wissen - die Positionen im Football)
Ironischerweise könnten die Carolina Panthers in Frage kommen, nun da sich Watson gegen das Team aus North Carolina entscheiden hat. Sam Darnold ist dort trotz seiner 24 Jahre keine langfristige Lösung. Besitzer David Trepper hat bereits angekündigt, einen jungen „Franchise Quarterback“ holen zu wollen, einen, der das Team lange prägen soll. Der könnte Baker Mayfield sein, der im 2018er Draft zwei Picks vor Darnold gezogen wurde.
Auch die Atlanta Falcons könnten noch eine mögliche Anlaufstation für Mayfield sein. Nach der Watson-Absage könnten auch sie dennoch einen neuen Starter holen. Matt Ryan ist mit seinen 36 Jahren bereits im Herbst seiner Karriere und hat in der vergangenen Saison erstmal seit 2010 die Marke von 4.000 Passing Yards verpasst. Einziges Problem: In einem Trade mit den Browns könnten sie Ryan nicht involvieren, da diese nun bereits einen Quarterback haben. (SERVICE: NFL-Wissen - die wichtigsten Begriffe im Football)
Eine Entscheidung dürfte schon bald fallen, denn schließlich wird Mayfield seine eigentlich geliebte Stadt in Ohio lieber heute als morgen verlassen wollen.