In der Nacht zum Sonntag kämpfen seine Green Bay Packers um den vorletzten Schritt in Richtung Super Bowl - doch kurz vor dem wichtigen Divisional-Round-Spiel gegen die San Francisco 49ers schreibt Aaron Rodgers nochmal ganz andere Schlagzeilen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der NFL)
NFL-Superstar entfacht neuen Riesen-Wirbel
In einem bemerkenswerten Telefon-Interview mit ESPN, das in den USA aktuell vieldiskutiert wird, beharrt der Quarterback, der im November mit seiner Impf-Täuschung für weltweiten Wirbel gesorgt hatte, auf seinem Standpunkt - und sucht den öffentlichen Konflikt mit US-Präsident Joe Biden.
Rodgers übt zum einen Kritik an Biden für einen beiläufigen Witz, den dieser im vergangenen Monat auf seine Kosten gemacht hatte.
Zugleich äußerte Rodgers generelle Einschätzungen zur Corona-Pandemie und der politischen Situation in den USA, die zum Teil grob irreführend sind und auch Anklänge an Verschwörungstheorien bieten. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur NFL)
Aaron Rodgers mit irreführenden Corona-Aussagen
Biden war im Dezember bei einem Besuch des von einer Tornado-Katastrophe heimgesuchten Staats Kentucky auf eine Frau mit Packers-Fankluft getroffen und ihr im Scherz gesagt: „Sag deinem Quarterback, dass er sich die Impfung holen soll.“
Rodgers sei darüber „nicht glücklich“ gewesen, schreibt ESPN-Journalist Kevin Van Walkenburg in dem als großes Text-Feature statt als 1.1-Interview veröffentlichten Stück - und zitiert dann direkt aus einem am Donnerstag mit Rodgers geführten Telefonat (28 Minuten lang, wie er Van Walkenburg vermerkte):
„Wenn der Präsident der USA sagt ‚Dies ist eine Pandemie der Ungeimpften‘, dann liegt das daran, dass er und seine Wähler - von denen ich nicht weiß, ob es welche geben kann, wenn man sich seine Versuche der öffentlichen Rede anschaut, aber gut, ich schätze, er hat 81 Millionen Stimmen bekommen: Wenn du so was sagst, und dann hast du die CDC (US-Gesundheitsbehörde, vergleichbar mit dem deutschen Robert-Koch-Institut, d. Red.), die, wie kann man ihr überhaupt vertrauen, aber dann erzählt sie jedenfalls, dass 75 Prozent der Corona-Todesfälle mindestens vier Begleiterkrankungen hatten. Aber dann hast du immer noch diese falsche Kulisse, die das Weiße Haus aufbaut, dass dies eine Pandemie der Ungeimpften sei: Das hilft der Debatte nicht.“
ESPN veröffentlichte dieses Zitat mit einer umgehenden Klarstellung: Rodgers bezieht sich auf die Studie der 36 Todesfälle, die es zwischen Dezember 2020 und Oktober 2021 unter 1,2 Millionen damals vollständig geimpften US-Bürgern gegeben hat. Rund 75 Prozent dieser 36 Fälle wären Risikopatienten mit mindestens vier von acht entsprechender Faktoren gewesen.
Rodgers scheint indirekt Joe Bidens Wahl anzuzweifeln
Die Statistik verdeutlicht also, wie die Zahl der amerikanischen Corona-Todesfälle nach Impfungen einzuordnen ist - nicht, dass eine so horrende Anzahl der 864.000 Corona-Toten in den USA massiv vorerkrankt gewesen wäre und dies die Gefährlichkeit des Virus relativieren würde.
Die Art und Weise, wie Rodgers die Statistik vorträgt, führt in die Irre - bewusst oder unbewusst - und reiht sich ein in diverse ähnlich strittige bis falsche Aussagen, die Rodgers zu diesem Thema schon gemacht hat.
Für Kritik sorgte auch die Art und Weise, wie Rodgers über Bidens Wahlergebnis redet: Dass er lediglich „schätzt“, dass Biden tatsächlich 81 Millionen Stimmen bekommen hat (“... but I guess he got 81 million votes ...“), wirkt wie ein bewusster Anklang an den von Amtsvorgänger Donald Trump gesponnenen, vielfach widerlegten Wahlbetrugs-Mythos.
Bemerkenswerter Zeitpunkt der Veröffentlichung
Wie immer man inhaltlich zu Rodgers‘ Einlassungen steht: Auch aus sportlicher Sicht äußerten sich viele Beobachter irritiert, dass der Super-Bowl-Sieger und -MVP von 2010 kurz vor einem so wichtigen Playoff-Spiel ein Statement anbringt, bei dem abzusehen war, dass es für viel Unruhe sorgen würde.
Die öffentliche Wirkung, die seine Worte haben würden, sind Rodgers wohlbewusst. Autor Van Walkenburg hält in dem Text - in dem es um Rodgers‘ ganzes Jahr auf dem Feld und daneben geht - selbst fest, dass Rodgers zum jetzigen Zeitpunkt noch mit ihm zu sprechen hatte wollen.
„Es schien mir, als ob Sie ein ‚hit piece‘ schreiben würden, Also wollte ich sicherstellen, dass Ihre Fragen vorher beantwortet werden“, wird Rodgers zitiert.
Er selbst vertritt auch die Sicht, der politisch zerrissenen US-Gesellschaft mit der Äußerung seiner Ansichten einen Dienst zu erweisen. Er sei selbst nicht der Meinung, immer richtig zu liegen, aber: „Wir isolieren uns in Echokammern und hören und lesen nur Dinge, die unsere ursprünglichen Gedanken bestätigen. So wachsen wir nicht, so spalten wir uns nur noch mehr.“
Weder vom Dauerwirbel um seine Corona-Ansichten noch um die große Saga um seine Packers-Zukunft vor der Saison hat sich der Star-Spielmacher bislang beeinträchtigen lassen.
Der 38-Jährige spielt eine Fabel-Saison, gilt als heißer MVP-Kandidat. Auch vor dem Duell mit den 49ers - die er in den Playoffs noch nie hat besiegen können - ist er offensichtlich selbstbewusst genug, dass ihn auch jetzt nichts aus der Ruhe bringen wird.