Fans der Detroit Lions sind oft daran zu identifizieren, dass sie die Darbietungen der notorisch erfolglosen Footballer im Ford Field mit braunen Papiertüten über dem Kopf verfolgen.
Deutscher küsst US-Metropole wach
Dass der meist melancholische Michiganer am Sonntag freudestrahlend barhäuptig einen Sieg bejubeln durfte, war einem früheren deutschen Junioren-Nationalspieler zu verdanken: Amon-Ra St. Brown hat die leidende Motor City wachgeküsst.
„Ich werde mich an diesen Tag lange erinneren“, sagte der 22 Jahre alte Liga-Neuling, nachdem er in der letzten Sekunde des NFL-Duells mit den Minnesota Vikings einen Elf-Yard-Pass von Quarterback Jared Goff zum 29:27-Endstand und ersten Erfolg im zwölften Saisonspiel gefangen hatte: „Wie das geschehen ist - es geht kaum besser.“ (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der NFL)
St. Brown folgt Bruder EQ, Johnson und Kuhn
St. Brown, Sohn eines US-Bodybuilders und einer deutschen Mutter, ist nicht der erste Spieler mit deutschem Ausweis, der einen Touchdown schaffte. Seinem älteren Bruder Equanimeous war dies 2020 für Green Bay gelungen, zuvor Jakob Johnson (New England) und Markus Kuhn (New York Giants). Derart erlösend wie der Catch des neuen Lions-Helden war aber kein anderer.
„Ich wollte das so sehr für die Spieler, weil sie soviel harte Arbeit, Schweiß und Tränen investieren“, sagte Chefcoach Dan Campbell, der seinen Schützling St. Brown angesichts dessen altägyptisch angehauchten Vornamens mitunter „Sonnengott“ ruft.
Ein einfacher Erfolg in einem Regular-Season-Gamer mag für andere Teams ein Grund zur Freude sein, für die Lions ist er ob seiner Seltenheit einer zum Freidrehen. 364 Tage war Detroit sieglos geblieben, hatte immer wieder neue Wege gefunden, greifbar nahe Triumphe tragikomisch wegzuwerfen. (DATEN: Alle Tabellen der NFL)
Detroit-Teams leiden
Es liegt in der DNA des Teams: Noch nie haben die Lions den Super Bowl erreicht, der letzte Playoff-Sieg liegt 30 Jahre zurück. 2008 vollbrachten sie das Kunststück, sämtliche 16 Saisonspiele zu verlieren - Papiertüten waren fast überall ausverkauft.
Es passte ins Bild einer Stadt, die so pleite war, wie man als Stadt nur pleite sein kann, die verfiel und deren andere Sportteams - Pistons (Basketball), Red Wings (Eishockey) und Tigers (Baseball) - sich zuletzt ähnlich jämmerlich präsentierten wie die Lions. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur NFL)
Mittlerweile geht es aber aufwärts. Mit der Motoren-Metropole, die sich wirtschaftlich wieder zart erholt, mit den Red Wings und ihrem deutschen Abwehrjuwel Moritz Seider. Und jetzt vielleicht sogar mit den Lions. „Wir haben das so oft trainiert“, sagt Amon-Ra St. Brown: „Und endlich hat es sich einmal ausgezahlt.