Sein Traum von der NFL war eigentlich schon ausgeträumt. Nun ist er doch zum Greifen nahe – und das auch noch beim aktuellen Super-Bowl-Champion New England Patriots.
Johnson: "Brady erwartet viel"
Jakob Johnson spielte zwischenzeitlich in der German Football League für die Stuttgart Scorpions, ehe ihn ein Anruf aus der NFL erreichte. Wie es dazu kam und wie es ist, mit Tom Brady und Julian Edelman zu trainieren, erklärt der Patriots-Rookie im exklusiven SPORT1-Interview.
Zudem spricht der 24-Jährige über sein Leben auf dem College, seinen Job im vergangenen Jahr und er verrät, was ein Krabbenburger mit dem Erfolgsrezept der Patriots zu tun hat.
SPORT1: Herr Johnson, haben Sie im Laufe der Vorbereitung mittlerweile realisiert, dass Sie wirklich beim Super-Bowl Champion, den New England Patriots, gelandet sind?
Jakob Johnson: Die große Umstellung war nicht, dass ich beim amtierenden Super-Bowl-Champion gelandet bin, sondern dass ich überhaupt in der NFL bin.
SPORT1: Im Trainingslager findet ein knallharter Wettkampf um die Kaderplätze statt. Wie läuft es bisher für Sie persönlich?
Johnson: Als Rookie kommst du jeden Tag auf den Platz, um so viel wie möglich zu lernen. Du gibst in jeder Einheit einfach dein Bestes. Den Rest kannst du eh nicht beeinflussen. Ich will versuchen, jeden Tag ein kleines Stückchen besser zu werden und ich hoffe, dass ich am Ende mit dem Ergebnis zufrieden sein werde.
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Das zeichnet Tom Brady und Co. aus
SPORT1: Wie ist es mit Tom Brady oder Julian Edelmann auf dem Feld zu stehen?
Johnson: Fürs Staunen bleibt keine Zeit. Im Training ist man damit beschäftigt, Spielzüge zu lernen und den Anschluss zu finden.
SPORT1: Können Sie uns verraten, was Tom Brady für ein Typ ist?
Johnson: Als Rookie kann ich dazu nicht viel sagen und möchte mich ungern über einzelne Spieler äußern. Die Spieler der Patriots zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie dir helfen wo sie nur können. Sie sind super Teamkameraden. Aber sie erwarten auch viel von dir.
SPORT1: Ist es dann gar nichts Besonderes, mit solchen Stars auf dem Platz zu stehen?
Johnson: Doch, das auf jeden Fall! Aber dir bleibt einfach keine Zeit, das im Training zu reflektieren. Dein Fokus liegt darauf, dass du Top-Leistungen bringst und… (Johnson lacht, weil im Hintergrund Julian Edelman Späße macht, als er hört, dass Johnson auf Deutsch spricht)
So erlebte Jakob Johnson die College-Zeit
SPORT1: Aber Edelman sollte Deutsch doch von Sebastian Vollmer gewohnt sein…
Johnson: Die Jungs kennen die Sprache von den Deutschen, die schon bei den Patriots gespielt haben. Viele haben hier auch deutsche Großeltern oder Vorfahren. Die deutsche Sprache kommt hier schon gut an. Das hat für mich den Start im Team auch einfacher gemacht.
SPORT1: Zuletzt haben Sie getwittert, dass Sie vor einem Jahr auf der Landesgartenschau gejobbt haben. Was hat es damit auf sich?
Johnson: Ich habe vergangenen Sommer bei vielen Events solcher Art gearbeitet, es erdet dich nach der Zeit in den USA wieder. Auf dem College wird dir alles hinterher getragen, du lebst praktisch in einer Blase. Kellnern, Abspülen, Besoffene aus dem Bierzelt schmeißen, das gibt dir wieder ein ganz anderes Mindset. Da geht man mit einer ganz anderen Motivation ins Training.
SPORT1: Nochmal zu der Geschichte, wie Sie zu den Pats gekommen sind. Das Kapitel NFL war für Sie ja eigentlich schon beendet. Sie waren auf einem College in Tennessee und sammelten dort erste Erfahrungen. Dann haben Sie sich aber verletzt und mussten zurück in die German Football League (GFL) zu den Stuttgart Scorpions. Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt mit der NFL schon abgeschlossen?
Johnson: Ja, auf jeden Fall. Ich zog damals zurück nach Deutschland mit dem Ziel, dort Medizin zu studieren. Das mit der GFL war nur noch nebensächlich. Aber mein Kumpel Luca Ullrich (ehemaliger Mitspieler bei den Scorpions, Anm. d. Red.) hatte mich damals jede Saison in Tennessee besucht und als er mitbekommen hatte, dass ich zurück nach Deutschland wollte, überredete er die Verantwortlichen der Scorpions, mich während der Saison zu verpflichten und mir einen Flug zu organisieren.
Holpriger Weg in den Kader der New England Patriots
SPORT1: Und wie kam dann der Wechsel zu den Patriots zustande?
SPORT1: Am Ende der vergangenen College-Saison kamen Scouts des International Pathway Programms (Scouting-Programm für internationale Athleten, Anm. d. Red) auf mich zu und luden mich zu einem Probetraining ein. Da ich meine Verletzung nach der Saison aber operieren lassen wollte, musste ich ihnen leider absagen. Nach der Operation versuchte ich mich so gut wie möglich auf den Pro Day vorzubereiten. Allerdings hatte ich dafür nur zwei Wochen Zeit und schnitt dementsprechend ab. Anschließend ging es zurück nach Deutschland, wo sich die Scouts des Pathway Programs wieder meldeten und sich nach mir erkundigten. Sie stellten mir erneut ein Probetraining in Aussicht, woran ich aber zu diesem Zeitpunkt nicht geglaubt habe.
SPORT1: Aber die Scouts hatten Sie anscheinend wirklich noch auf dem Zettel.
Johnson: Zwei Wochen vor Ende der Saison meldeten sie sich tatsächlich und gaben mir die Zusage für ein Probetraining in London. Ich hatte fünf Wochen Zeit, mich fit zu machen. Ich holte mir einen Personal Trainer, trainierte zwei- bis dreimal täglich, um auch selbst mit mir im Reinen zu sein. Ich hatte letztlich nichts zu verlieren. Entweder mein Football-Weg geht weiter oder eben nicht. Aber ich wollte zumindest alles versucht haben. Wenn es am Ende nicht gereicht hätte, wäre ich eben einfach nicht gut genug gewesen.
Probetraining in London
SPORT1: Offensichtlich konnten Sie die Scouts aber ja überzeugen…
Johnson: Das Probetraining in London fand dann in der Halle der Tottenham Hotspur statt und ich hatte danach ein gutes Gefühl. Die Scouts wollten sich bis Ende November bei mir melden. Es kam aber nichts und so bereitete ich mich schon auf meine Ausbildung zum Rettungssanitäter im Januar in Deutschland vor. Im Dezember bekam ich dann doch noch die Zusage für die Teilnahme am International Pathway Program und am 8. Januar ging mein Flieger nach Florida. Über drei Monate wurden ich und sechs anderes Jungs trainiert und schlussendlich durften wir am Pro Day teilnehmen. Vier der sieben Jungs wurden letztlich drei ausgewählt - und ich war einer davon.
SPORT1: Wie war das Gefühl ausgerechnet bei den Patriots zu landen?
Johnson: Das war natürlich sehr cool, da die Patriots in Deutschland sehr bekannt sind und eine Historie mit deutschen Spielern aufweisen. Dazu die Legenden, die hier spielen und coachen, das ist schon was ganz Besonderes. Mir hätte aber ehrlich gesagt jedes Team gepasst. Dass es letztlich die Pats geworden sind, die die deutschen Grundtugenden zu ihren Stärken zählen, ist natürlich die Kirsche auf der Sahnetorte.
SPORT1: Auf welcher Position sind Sie bei den Patriots eingeplant?
Johnson: Gelistet bin ich als Fullback, aber umso mehr du spielen kannst, desto besser. Am Ende ist es den Trainern überlassen, wo man eingesetzt wird. Ich versuche mich auf so vielen Positionen wie möglich anzubieten.
"Sprung in die NFL extrem hart"
SPORT1: Durch das Pathway Program haben Sie einen Platz bei den Patriots erst einmal sicher. Wie realistisch ist ein Kaderplatz für die Saison?
Johnson: Natürlich hat jeder Spieler im Locker Room das Ziel, es in den Kader zu schaffen. Ansonsten wäre man hier auch fehl am Platz. Im Moment sind es 90 Mann, die sich für die 53 Plätze empfehlen wollen.
SPORT1: Die Deutschen Moritz Böhringer (Minnesota Vikings) und Chris Ezeala (Baltimore Ravens) haben in früheren Gesprächen erwähnt, dass es für sie ein großer Nachteil ist, dass sie nicht auf dem College waren und kaum Ahnung vom Playbook hatten. Sie waren ja auf dem College…
Johnson: Es ist auf jeden Fall ein Vorteil, da gebe ich den Jungs Recht. Du kennst die Footballkultur hier in den USA und auch das Niveau ist höher als in der GFL. Aber auch für College-Spieler ist der Sprung in die NFL extrem hart. Auch wir müssen das Playbook erst einmal lernen und den Anschluss finden. Alle Rookies haben es daher schwer.
SPORT1: Können Sie schon ein kleines Fazit zur bisherigen Saisonvorbereitung ziehen?
Johnson: Ich verbessere mich von Tag zu Tag. Morgens ist eine Trainingseinheit, mittags schaue ich mir mit dem Coach Videos an, auf denen mir gezeigt wird, was ich falsch gemacht habe und wo ich mich noch verbessern muss. Da schreibe ich sogar mit.
"Wie der Krabbenburger bei SpongeBob Schwammkopf"
SPORT1: Haben Sie neben dem vielen Training und den ganzen Videoanalysen überhaupt noch Zeit für sich?
Johnson: Es kommen schon ein paar Dinge zu kurz. In der NFL hat man alle sieben Tage einen Tag frei. Den benötigt man auch, um mental frisch zu bleiben. Man ist von 5.45 Uhr in der Früh, wenn einen der Patriots-Bus abholt, bis abends 20.15 Uhr unterwegs. Im Moment sind zumindest alle Rookies noch im Hotel untergebracht. Für nach der Pre-Season habe ich mir schon eine Wohnung organisiert, aber mit dem Einzug warte ich noch, bis ich weiß, woran ich bin.
SPORT1: Die Patriots haben insgesamt sechs Mal den Super Bowl gewonnen, zuletzt drei Mal in den vergangenen fünf Jahren. Könne Sie uns das Erfolgsrezept der Pats verraten?
Johnson: Das ist wie bei der geheimen Rezeptur des Krabbenburgers bei SpongeBob Schwammkopf. Die kann ich nicht preisgeben.