Seinen besten Trick hat Sean McVay in der Super-Bowl-Woche schon oft vorführen müssen.
Das blutjunge Superhirn der Rams
Der Head Coach der Los Angeles Rams kann sich an JEDEN Spielzug seiner Trainerkarriere erinnern - auch aus seiner Zeit als Assistent bei den Washington Redskins, die ihn bereits 2010 mit gerade einmal 24 Jahren zum Co-Trainer für die Tight Ends machten.
McVay hat nicht nur ein fotografisches Gedächtnis oder ist eine Art Rain Man - wenn man ihn live erlebt, wird schnell klar: dieser Mann ist schlicht ein Football-Genie. In seinen zwei Jahren als Cheftrainer der Rams (der jüngste der NFL-Geschichte) hat er sich bereits den Ruf als einer der besten Playcaller der Liga erarbeitet - mit gerade einmal 33 Jahren!
"Er ist so unglaublich intelligent. Du lernst ihn kennen und er haut dir gleich fünf, sechs, sieben, acht Plays um die Ohren - wie ein Wasserfall. Er hat ein Verständnis für das Spiel – auch für die Defense - wie ich es noch nie gesehen habe", sagt Bill Johnson, Defensive-Line-Coach der Rams, im Gespräch mit SPORT1. (Super Bowl LIII: Los Angeles Rams - New England Patriots, ab 0.30 Uhr im Liveticker)
Super Bowl: McVay könnte NFL-Geschichte schreiben
Am Sonntag könnte McVay Geschichte schreiben: Er könnte der jüngste Cheftrainer werden, der jemals einen Super Bowl gewonnen hat. "Es ist eine surreale Erfahrung, hier zu stehen. Darüber denke ich nicht nach. Wir haben alle nur das Ziel, am Sonntag zu gewinnen. Alles andere kommt von allein", sagte McVay im Laufe der Woche.
Gegenüber stehen ihm jedoch keine geringeren als die New England Patriots mit der 66 Jahre alten Trainerlegende Bill Belichick, der fast sein Großvater sein könnte.
ANZEIGE: Jetzt NFL-Fanartikel zum Super Bowl von den Patriots und Rams kaufen - hier geht es zum Shop
Start in hervorragendem Redskins-Staff
Dass McVay so schnell zum Wundercoach aufsteigen würde, war damals im Sommer 2010 bei den Redskins noch nicht abzusehen - dass er ein außergewöhnlicher Coach werden würde allerdings definitiv.
Der damalige Washington-Staff von Headcoach Mike Shanahan enthielt jede Menge Talent. Unter anderem gehörten Shanahans Sohn Kyle (heute Cheftrainer San Francisco 49ers) und Matt LaFleur (heute Cheftrainer Green Bay Packers) dazu – McVay stach allerdings schnell heraus.
"Ich wusste es gleich, diese positive Energie, die extreme Intelligenz, ich habe nie jemanden getroffen, der Football mehr liebt. Er ist brillant", sagte LaFleur während der Regular Season The Ringer.
Steinzeit-Offense der Rams in Rekordzeit aufpoliert
Die Redskins hätten McVay gerne gehalten, sie hatten ihn schon 2014 zum Offensive Coordinator gemacht, die Chance bei den Rams konnten und wollten sie ihm jedoch nicht verbauen.
Bei den Rams übernahm er die schlechteste Offense der NFL und trieb ihr in Rekordzeit das Steinzeit-System von Jeff Fisher aus - nach nur einem Jahr waren die Rams im Angriff die Nummer eins der Liga (nach Yards und Punkten).
Quarterback Jared Goff - der als Rookie noch überfordert war und versppottet wurde, weil er auf Nachfrage nicht sagen konnte, wo die Sonne aufgeht - gilt inzwischen als zukünftiger MVP (2018: 4688 Passyards, 32 Touchdowns, fast 65 Prozent Passquote).
"Er ist einfach ein großartiger Coach. Als Spieler wollen wir für ihn rausgehen und gewinnen. Wir verstehen uns sehr gut. Er hat die Fähigkeit, dir komplizierte Sachen einfach zu erklären", sagt Star-Running-Back Todd Gurley.
McVay spricht Sprache seiner Stars
In diesen Situationen kommt McVay sein Alter zu gute. Er ist kaum älter als seine Stars. Left Tackle Andrew Whitworth ist sogar vier Jahre älter.
McVay zockt schon mal mit seinen Spielern an der Konsole oder schaut sich mit ihnen einen UFC-Fight an. So kann er auch leichter Situationen wie im NFC-Finale lösen, als Gurley gegen die Saints extrem frustriert war und kaum zum Zuge kam.
Alle Spieler betonen, dass das Alter ihres Coaches keine Rolle spielt. Er komme wie ein typischer 33-Jähriger rüber. Das sollte man aber nicht mit mangelnder Autorität verwechseln.
"Oh, dann kann er sofort umschalten. Wenn er vor dem Team steht, macht er klare Ansagen und trifft harte Entscheidungen", erklärt Whitworth.
Vergleich mit Nick Saban
Der Routinier sieht Parallelen zu einem anderen Wundercoach: College-Titelsammler Nick Saban. Er trainierte Whitworth bis 2004 bei den LSU Tigers.
"Diese unglaubliche Intensität jeden einzelnen Tag. Egal was um sie herum passiert, sie lassen sich nicht beirren. Sie sind Workaholics und lassen niemals nach", lobt Whitworth.
NFL-Insights dank Großvater
Ein Vorteil für McVay: durch seinen Großvater John (in den 70er Jahren Coach der Giants, später im Management der 49ers) kam er schon früh mit der NFL in Kontakt.
Es gibt die Anekdote, dass er als kleiner Junge im Teambus der 49ers saß und den damaligen Star-Tackle Jesse Sapolu mit Fragen löcherte.
Eine große Spieler-Karriere blieb McVay zwar verwehrt, wie er selbst schon früh merkte, aber 2003 gewann er mit seiner High School die Staatsmeisterschaft von Georgia – nur einen Steinwurf vom Mercedes Benz Stadium entfernt.
Dort steht McVay sein bisher größter Test bevor. Kann er am Sonntag auch die Defense des Magiers Bill Belichick so leicht entschlüsseln? Es wäre die endgültige Krönung zum Wundercoach der NFL.