Findet Quarterback Colin Kaepernick noch einmal ein Team in der NFL? Die Farce um den 30 Jahre alten Musterprofi nimmt jedenfalls erneut eine kuriose Wendung.
Skandal-Profi rät Kaepernick: Klappe
Nach seinem Hymnen-Protest ist der sozial sehr engagierte Kaepernick bei den konservativen Teambesitzern offensichtlich nach wie vor schwer zu vermitteln. Die Baltimore Ravens denken zwar öffentlich über ein Engagement von Kaepernick nach, suchen aber bei Fans und Ex-Spielern Rat, ob das denn für die "Community" akzeptabel wäre.
Genau die Baltimore Ravens, die mit Ray Rice (verprügelte seine Freundin im Aufzug, durch Überwachungsvideo dokumentiert) und Ray Lewis (wegen Mordes angeklagt) zwei Skandalprofis in ihren Reihen hatten.
Eben jener Lewis wurde auch jetzt von den Verantwortlichen zu Rate gezogen, mit einem Video bei Twitter wandte sich der Ex-Profi direkt an Kaepernick - und empfahl ihm, über sein soziales Engagement doch lieber Stillschweigen zu bewahren.
Ein Rat, der tief blicken lässt, wie die NFL und ihre Verantwortlichen Kaepernick sehen.
Lewis rät Kaepernick: Lieber den Ball flach halten
"Das Football-Feld ist unser Heiligtum. Wenn du irgendetwas machst, junger Mann, dann komm zurück auf dieses Feld und lass dein Spiel für sich sprechen", sagte Lewis: "Und was du abseits des Feldes machst, lass das nicht zu viele Leute wissen, denn sie werden so oder so über dich urteilen. Egal, was du tust, ob es gut oder schlecht ist."
Im Prinzip soll Kaepernick also lieber die Klappe halten und nicht so viel Staub aufwirbeln. Dabei unterstützt Lewis Kaepernick in der Sache eigentlich sogar, wie er beteuert.
"Ich habe nichts gegen dich. Ich wünsche dir nur das beste im Leben. Ich applaudiere dir, für das, wofür du dich einsetzt. Denn ich bin jeden Tag auf der Straße", versicherte der Ex-Profi und berichtete, er bete für Kaepernick, den er seinen "Bruder fürs Leben" nennt.
Allerdings solle er eben den Ball flach halten. "Wenn dir die Leute helfen wollen, wenn sie dir wirklich helfen wollen, dann beten sie für dich, Bruder. Dann führen sie dich auf den rechten Weg und hören auf, dich dabei zu ermutigen, dich mit diesem Unsinn zu verzetteln", appellierte Lewis an Kaepernick: "Die Kämpfe, die du ausfechten willst, die haben Leute schon viele, viele Jahre vor uns versucht auszutragen."
Lewis selbst des Mordes angeklagt
Besonders kurios wird der Rat dadurch, dass mit Lewis ein absuluter Skandal-Profi Kaepernick zur Ruhe rät.
Am Rande des Super Bowl XXXIV in Atlanta im Jahr 2000 wurden nach einem Streit mit Lewis zwei Menschen erstochen. Lewis wurde verhaftet - war da aber schon umgezogen, der Anzug, den er zur Tatzeit trug, wurde nie gefunden.
Der Ravens-Profi wurde wegen Mordes angeklagt, verurteilt wurde er aber nur wegen Behinderung der Polizeiarbeit und Falschaussage. Lewis kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr davon und einigte sich 2004 mit den Angehörigen der Opfer außergerichtlich auf die Zahlung einer sechsstelligen Summe.
Trotz der Rekordstrafe von 250.000 Dollar spielte er noch bis 2012 in der NFL.
Colin Kaepernick wurde noch nie eines Verbrechens angeklagt - sein einziges "Verbrechen" in den Augen der NFL ist offenbar, dass er sich aus Protest gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit bei der Nationalhymne demonstrativ hingekniet hat.