Dennis Schröder flüchtet sich dieser Tage in Pragmatismus. „Ich versuche, aus jeder Situation das Beste zu machen“, sagte der Nationalmannschaftskapitän kürzlich bei Basketball World. Die Saison in der NBA ist erst wenige Tage und doch steht bereits fest: Schröder erwartet mal wieder eine komplizierte Spielzeit - und der Blick in eine ungewisse Zukunft.
Schröders Suche nach einer Heimat
Seit Februar steht der Braunschweiger nun für die Brooklyn Nets auf dem Court, ein Team, bei dem derzeit immer mindestens ein Auge in die Zukunft gerichtet ist. Nach verschwenderischen Jahren, in denen man sich - im Übrigen recht erfolglos - mit Kevin Durant, James Harden und Kyrie Irving drei Superstars leistete, ist nun ein radikaler Umbruch angesagt.
In ferner Zukunft ein schlagkräftiges Team auf deine Beine zu stellen, hat in Brooklyn oberste Priorität. In der Gegenwart Spiele zu gewinnen, dagegen nicht. Gegen die nicht gerade als Überteam bekannten Atlanta Hawks setzte es zum Auftakt am Mittwoch schonmal eine Pleite (116:120).
NBA: Schröder bei Nets vor ungewisser Zukunft
Für den inzwischen 31 Jahre alten Schröder, der die Play-offs als Ziel ausgegeben hat, mag das nervig sein, für seine Franchise im Umbruch aber können solche Niederlagen gar ein Segen sein. Der Grund dafür ist das System des Drafts, das Verlieren belohnt. Denn, vereinfacht dargestellt: Die schlechtesten Teams in dieser Saison haben im Vorfeld der kommenden Spielzeit die besten Chancen auf die größten Talente, die neu in die Liga kommen.
In genau dieser unbefriedigenden Gemengelage findet sich nun also Schröder wieder. Und will überraschenderweise trotzdem gerne bleiben. Wegen der Wertschätzung, die ihm in Brooklyn entgegengebracht wird: „Sie haben mich als Familie gut aufgenommen“, sagte Schröder bei ran: „Das hat mir gefallen und deswegen sehe ich mich hier.“
Das Problem: Auch wenn sich Schröder mit dem wohl unvermeidlichen Verlieren bei den Nets arrangiert hat, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die Teamverantwortlichen ihn während des Umbruchs eben nicht in Brooklyn sehen. Wie schnell es gehen kann mit einem Trade, einem Spielertausch, den ein Aktiver kaum beeinflussen kann, hat Schröder in den letzten Jahren mehrfach schmerzlich erfahren.
Schröder war in der Vergangenheit schon Opfer ungewollter Trades
Stolze acht NBA-Stationen hat der Braunschweiger inzwischen in seiner Vita stehen. Es spricht einiges dafür, dass bis Februar, wenn das Trade-Fenster schließt, eine neunte hinzukommt. Für Schröder wäre es der siebte Wechsel in den vergangenen fünf Jahren - und nicht zuletzt ein weiterer anstrengender Umzug mit der Familie.
Schröder selbst begegnet der Unklarheit mit professionellem Pragmatismus: „Jetzt sind wir hier, und ich hoffe, dass es so bleibt. Wenn es dann nicht so ist, passe ich mich wieder an. Andere Stadt. Andere Organisation. Aber ich bringe genau das Gleiche“, sagte er. Dennoch wird zunehmend deutlicher, was Schröder in seiner durchaus beachtenswerten NBA-Karriere verpasst hat: Sich einen langfristigen, gut dotierten Vertrag zu krallen.
Und so geht es für den Aufbauspieler am Wochenende mal wieder auf Reisen. Vorerst immerhin nur für das nächste Auswärtsspiel - zum großen Treffen der Weltmeister mit Franz und Moritz Wagner in Orlando. Dort hat Ersterer im Sommer für fünf Jahre und über 200 Millionen Euro (!) unterschrieben, bei seinem bisher einzigen NBA-Klub. Bruder Moritz lief bisher für vier Teams auf - eine Zahl über die Wandervogel Schröder nur noch müde lächeln kann.