Es gibt sie immer wieder im Sport, die ganz besonderen Talente. Ausnahmekönner. Solche, die schon in Teenagerjahren hochgejubelt und gefeiert werden. Denen Weltkarrieren prophezeit werden, noch bevor sie jemals auf Profi-Level ihren Sport betrieben haben.
Der tiefe Fall eines Wunderkinds
Einer, auf den diese Beschreibung perfekt zutrifft, ist Emoni James-Wayne Bates. Als der junge US-Amerikaner mit seinem Können auf dem Basketballcourt auf sich aufmerksam machte, überschlugen sich Experten und Fans in überschwänglicher Begeisterung.
2,06 Meter groß, schlank, lange Arme – unzählige Vergleiche mit Kevin Durant wurden angestellt. Zudem wurde er als bester High-School-Basketballer der Welt betitelt, als bester Spieler seit LeBron James, als neuer Steph Curry.
Egal mit welchem NBA-Superstar Bates auch verglichen wurde, in einem schienen sich alle einig zu sein: Dieses Talent wird einmal als Nummer-1-Pick in die beste Basketballliga der Welt kommen.
Cleveland Cavaliers draften Emoni Bates
Am 7. Juli 2023 war es dann so weit, der inzwischen 19-Jährige wurde beim NBA Draft ausgewählt. Von Nummer-1-Pick Victor Wembanyama war Bates aber meilenweit entfernt. So wurde er nicht als erster oder zweiter Spieler ausgewählt, sondern an Position 49.
Zugeschlagen haben dabei die Cleveland Cavaliers, die den Youngster mit einem sogenannten Two-Way-Contract ausgestattet haben. Das bedeutet: Er kann sowohl für die Cavs in der NBA auflaufen, wird aber auch Zeit beim G-League-Team Cleveland Charge verbringen.
Doch wie kann es sein, dass das einst so hochgejubelte Megatalent so tief gefallen ist?
Mit 15 auf dem Cover der Sports Illustrated
Eigentlich hatte alles vielversprechend begonnen. Der Basketballsport wurde Bates in die Wiege gelegt. Papa Elgin spielte einige Jahre als Profi in der Schweiz, schon als Dreijähriger soll sein Sohnemann durch das Haus gedribbelt sein und dabei seine Mutter genervt haben.
Sein Talent zeigte sich in der Folge schnell. In der siebten Klasse legte er an der Middle School im Schnitt 46 Punkte pro Spiel auf, seine High School führte er später zur State Championship. Im Anschluss wurde er sogar als bester High-School-Athlet der Nation ausgezeichnet.
Und so kam es, dass er im Jahr 2019, im Alter von gerade einmal 15 Jahren, auf dem Cover der Sports Illustrated abgebildet wurde. Eine Weltkarriere schien nicht weit.
Vater erweist sich mit Idee als wenig hilfreich
Doch statt an der High School weiter an seinem Spiel zu arbeiten, stampfte sein Vater ein ganz besonderes Projekt aus dem Boden. Um seinem Sohnemann die bestmögliche Umgebung zu geben, entstand die Ypsi Prep Academy. Ausgewählte Mitspieler, ausgewählte Gegner – und selbstverständlich adäquate Sponsoring-Möglichkeiten. Alles war auf den kommenden Superstar zugeschnitten, wirklich hilfreich war dies jedoch nicht.
Bates war zwar weiterhin mit seinem Scoring beschäftigt, im Zusammenspiel mit Teamkollegen haperte es allerdings immer mehr. In seiner Entwicklung fehlte der nächste Sprung.
Im Sommer 2021 fand Bates schließlich doch noch den Weg ans College, entschied sich für die Memphis Tigers. Weil Head Coach Penny Hardaway den Forward allerdings als Point Guard einsetzte, geriet auch dieses Kapitel zum Misserfolg. Probleme mit dem Rücken taten ihr Übriges.
9,7 Punkte und 1,3 Assists im Schnitt waren alles, aber keine Glanzleistung.
NBA-Talent Bates von der Polizei verhaftet
Nach einem erfolglosen Jahr entschied sich Bates für eine Veränderung, wechselte im August 2022 an die Eastern Michigan University. Kein Elite-College, aber immerhin nahe seiner Heimat. Doch die Hoffnung, der Youngster würde in gewohnter Umgebung wieder aufblühen, zerschlug sich.
Nur einen Monat später wurde er von der Polizei verhaftet. Bates hatte ein Stoppschild übersehen, bei der anschließenden Fahrzeugkontrolle fanden die Beamten nicht nur Marihuana, sondern auch eine Waffe in seinem Wagen.
Nachdem sein Anwalt erklärt hatte, es habe sich um ein geliehenes Fahrzeug gehandelt, bekannte sich der Sportler später des versuchten illegalen Waffentransports schuldig. Weil er sich mit seinem College auf die Teilnahme an einem Mentorenprogramm einigen konnte, wurde die Anklage in der Folge fallen gelassen.
Seitdem geht es stetig aufwärts. Durchschnittlich 19,2 Punkte und 5,8 Rebounds gelangen ihm in 30 Spielen, im April meldete er für den NBA Draft.
Donovan Mitchell als hilfreicher Mitspieler
Dass das einstige Supertalent nach seinem tiefen Fall doch noch den Sprung in die beste Basketballliga der Welt geschafft hat, macht ihn sehr glücklich. „Es war ein Segen, aber hat mich auch demütig gemacht. Viele bekommen diese Chance überhaupt nicht. Es gab viele Tränen“, erklärte er.
Und weiter: „Wow, ich bin in der NBA. Das ist noch immer ein Schock für mich.“
Ob der schwierigen Zeit, die hinter ihm liegt, ging seine Basketball-Leidenschaft größtenteils verloren. Doch Stück für Stück ist sie inzwischen zurückgekehrt.
Bei den Cavs will er nun vor allem von einem lernen: Donovan Mitchell. Diesen kennt Bates bereits seit Jahren. Und zu tun gibt es so einiges. Körperlich fehlt es dem 19-Jährigen an Muskelmasse – nicht ungewöhnlich für einen Rookie. Auch seine Spielintelligenz ist durchaus ausbaufähig.
Die Cleveland-Fans sind von ihrem Draft-Pick indes begeistert, hoffen sie doch, dass er zu alter Stärke zurückfindet. In der Summer League konnte er in jedem Fall bereits glänzen, gewann mit den Cavs den Titel in Vegas und wurde ins zweite Team der Sommerliga gewählt.
Morant und Bridges - falsche Vorbilder für Bates
In der Liga herrscht derweil vor allem ob einer kürzlich getätigten Aussage des Youngsters Skepsis. So bedankte er sich bei fünf NBA-Profis, dass sie ihn „lenkend“ in die Liga begleiten.
Das Problem: Neben Mitchell, Durant und Dejounte Murray dankte er auch Ja Morant und Miles Bridges. Es hätte wohl kaum schlechtere Beispiele geben können, die ein junger Nachwuchsspieler als Inspiration anführt.
Morant wurde nach der Verbreitung von Waffen in den sozialen Medien und einem angeblichen Angriff auf einen Teenager inzwischen für 25 Spiele gesperrt. Bridges verpasste die komplette Saison 2022 wegen Anschuldigungen häuslicher Gewalt, so soll er seine Frau vor seinen zwei Kindern geschlagen haben.
Will Emoni Bates nach seiner langen Talfahrt wieder zurück in die Erfolgsspur und eine Karriere in der NBA hinlegen, sollte er sich die beiden Letztgenannten lieber nicht zum Vorbild nehmen.