Die NBA bereitet sich in Disney World in Orlando intensiv auf den Restart Ende Juli vor.
Kleber: Doncic auf LeBron-Level
Neben zahlreichen Trainingseinheiten bestreiten die Teams auch Testspiele. Die Dallas Mavericks um Maxi Kleber setzten direkt im ersten Test gegen die Los Angeles Lakers ein Ausrufezeichen.
Im Interview mit SPORT1 spricht der deutsche Nationalspieler über die Chancen der Mavs, das Leben in der Bubble, seine Rolle und die Qualitäten von Teamkollege Luka Doncic.
SPORT1: Herr Kleber, nach langer Corona-Pause hatten Sie nun mit den Dallas Mavericks endlich wieder Spiele. Wie war das Gefühl, nach so langer Zeit wieder auf dem Parkett zu stehen?
Maxi Kleber: Es hat extrem viel Spaß gemacht. Natürlich war es etwas ungewohnt, dass keine Fans in der Halle waren. Vor allem beim Warm-up hat sich das noch sehr komisch angefühlt. Es war so leise in der Halle. Aber wenn man dann spielt und miteinander redet, kann man das sehr gut ausblenden. Was allerdings immer noch sehr komisch wirkt, sind die Highlight-Plays. Normalerweise geht da die ganze Halle mit. Das fehlt schon. Aber es ist endlich wieder Basketball und macht Spaß.
Kleber über Leben in Disney World
SPORT1: Wie ist das Leben in der Bubble bisher? Weckt das Erinnerungen an Trainingslager oder hat es eher was von Schullandheimen und Trips in den Freizeitpark?
Kleber: Es erinnert sehr stark an die Nationalmannschaft. Man lebt mit anderen Teams zusammen auf einem Campus und trifft sich beim Essen. Das hat wirklich den Flair eines Sommers mit der Nationalmannschaft. Auch der Spielplan sorgt dafür. Man kommt zum eigenen Spiel in die Halle und es läuft noch das vorherige Game. Währenddessen wärmt man sich schon auf. Daher trifft es Nationalmannschaft ganz gut. Dazu hat man dann noch die spezielle Umgebung mit dem Disney-Park. Wenn das Wetter mitspielt, fühlt es sich in der Freizeit fast schon bisschen wie Urlaub an. Das haben die Verantwortlichen wirklich gut für uns organisiert.
SPORT1: Inwieweit könnt ihr Walt-Disney-World nutzen? Können sich die Spieler dort frei bewegen?
Kleber: Wir haben einen abgeschirmten Bereich, in dem wir uns frei bewegen können. Wenn wir aber zum Beispiel zum Golfen wollen, werden wir hingefahren. Nach den ersten Spielen sollen aber wohl auch einige Attraktionen abends für uns zur Verfügung stehen. Aber generell ist unser kompletter Aufenthalt hier streng vom Rest abgetrennt und isoliert.
Jetzt die Spielewelt von SPORT1 entdecken - hier entlang!
Mavericks Geheimfavorit auf NBA-Titel
SPORT1: Die NBA hat für die Dauer der Bubble auch eine "Petz-Hotline" eingerichtet. Haben Sie diese schon benutzt oder ist das Thema in den Teams?
Kleber: In unserem Team war es noch kein Thema und ich glaube auch nicht, dass sie schon jemand von uns benutzt hat. Angeblich wurde die Hotline schon angerufen. Allerdings weiß ich nicht, ob das ernst gemeint war oder nur ein Joke. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass viele Spieler dort anrufen wollen. Natürlich ist es wichtig, dass sich hier in der Bubble jeder an die Regeln hält. Aber das sollte man eigentlich auch voraussetzen. Denn wie schon erwähnt, jeder ist freiwillig hier. Dann muss sich auch jeder hier an die Regeln halten, damit das klappt.
SPORT1: Die Mavericks gelten bei vielen als kleiner Geheimfavorit. Gibt das einen zusätzlichen Push für die Playoffs?
Kleber: Generell konzentrieren wir uns sehr stark auf uns selbst. Wir haben lange nicht mehr gespielt. Allerdings war die Pause auch nicht nur negativ. Der ein oder andere hatte schon kleine Blessuren, die er in dieser Phase auskurieren konnte und jetzt wieder fit ist. Das gilt für die anderen Teams aber auch. Die Situation hier ist für alle neu. Es gibt keine Fans, keinen Heimvorteil, man hat nicht diesen Push. Aber wir haben viel Offensivpotenzial mit Kristaps Porzingis und Luka Doncic. Ich würde auch behaupten, dass wir eine der besten Offensivabteilungen der NBA generell haben. Wenn wir da nach dem Restart hoffentlich anknüpfen können, sind wir für jede Mannschaft unbequem.
SPORT1: Gibt es denn Teams, die in diesem Setting einen Vorteil haben dürften?
Kleber: Ich denke nicht, dass irgendein Spieler aus dieser Situation einen Vorteil ziehen kann. Es bleibt alles gleich. Was ein wichtiger Faktor sein könnte: Die Mannschaften müssen sich jetzt untereinander stark pushen. Die Bank muss mehr dabei sein. Wenn man die auf dem Platz hört, kann das zusätzliche Energie geben. Das könnte meiner Meinung nach einen großen Unterschied machen.
Kleber über Rolle bei Mavs
SPORT1: Dann könnte das ein Vorteil für die Mavericks sein. Die Teamchemie wirkt schon seit Jahren gut in Dallas.
Kleber: Wir stehen als Team eng zusammen. Daher macht es auch so viel Spaß hier mit den Jungs. Natürlich kann mal der ein oder andere etwas mehr Abstand brauchen. Das ist normal, wenn man so eng aufeinander hockt. Aber im Großen und Ganzen stimmt die Chemie. Auch außerhalb vom Training verbringen wir viel Zeit zusammen und das macht alles einfacher hier.
SPORT1: Wie bewerten Sie die Chancen der Mavericks auf die Finals?
Kleber: Das ist eine schwierige Frage. Mit dieser Mannschaft haben wir noch keine Playoff-Erfahrung. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die frisch zusammengestellt ist. Für die Finals muss schon alles zusammenpassen. Aber klar, als Sportler geht man auch nie in ein Spiel und denkt daran, das zu verlieren.
Wir wissen, dass wir ein Team mit viel Potenzial sind und gehen dementsprechend selbstbewusst in die Spiele. Das haben wir in dieser Saison auch schon gezeigt und für die ein oder andere Überraschung gesorgt. Jetzt wollen wir das auch in den Playoffs zeigen. Aber noch ist das alles Zukunftsmusik. Jetzt kommen erst einmal die Vorbereitungsspiele und dann die Saisonspiele. Und danach schauen wir, wie es in den Playoffs läuft.
SPORT1: Ihre Rolle könnte noch größer werden als zuvor, da neben Dwight Powell jetzt auch Willie Cauley-Stein wegfällt.
Kleber: Es ist schade, dass Dwight Powell fehlt. Er ist ein sehr wichtiger Spieler für uns. Hoffentlich ist er nächstes Jahr wieder dabei und knüpft da an, wo er aufhören musste. Aber natürlich, für mich bedeutet das wahrscheinlich mehr Spielzeit. Vor allem, wenn wir in der Defensive variabel sein wollen, habe ich die Chance auf mehr Einsatzmöglichkeiten. Diese Zeit will ich gut nutzen.
Kleber: Hier ist Doncic so gut wie LeBron
SPORT1: Sie werden sehr für Ihre Defensivleistungen gelobt. Wie schaffen Sie es, so unterschiedliche Spieler wie Joel Embiid, Giannis Antetokounmpo, Zion Williamson oder James Harden zu verteidigen?
Kleber: Auf der Defensive lag in der Jugend schon immer ein Fokus. Man lernt auch während all der Jahre stetig dazu. Ich glaube, ich habe da einen speziellen Blick darauf, weil es meinen Jugendtrainern immer schon so wichtig war.
Viel hängt aber auch mit dem Willen zusammen. Man muss seinen Gegenspieler stoppen wollen. Natürlich geht das nicht immer, weil in der NBA die besten Spieler vertreten sind. Allein schafft man es fast gar nicht, einen Topspieler zu verteidigen. Aber wenn man gut mit den Mitspielern kommuniziert, hilft man sich auch selbst.
SPORT1: Ein Satz noch zu Luka Doncic. Es gab teilweise Gerüchte oder falsche Übersetzungen, dass er nicht fit sei. Ist da was dran oder können Sie das aufklären?
Kleber: Luka ist in einer super Form. Es wurde auch aufgeklärt. Der Trainer hatte sich auf die Spielform bezogen, die aber kann zu diesem Zeitpunkt noch keiner haben. Es war nur Individualtraining möglich. Wenn man dann Fünf-gegen-Fünf spielt, ist das was komplett anderes. Aber Luka wirkt sehr frisch und schnell auf dem Parkett. Im Training macht er momentan gefühlt jeden Wurf rein. Das ist der Wahnsinn. Daher mache ich mir da keine Sorgen.
SPORT1: Paul Pierce bezeichnete Doncic als talentiertesten Spieler der NBA. Sehen Sie das ähnlich?
Kleber: Das kann man so sagen. Er hat vor allem in der Offensive das Rundum-Paket. Egal ob Layup, Step-backs, Passspiel, da fehlt es an nichts. Die Cross-Court-Pässe, die er in die Ecken spielt, kennt man so nur von LeBron James. Da ist er auf dem gleichen Level. Dazu hat er einen starken Wurf und Drive. Er hat alles, was man bei einem Spieler sehen will. Aber gleichzeitig ist er noch jung und kann noch so viel lernen.