Rund ein halbes Jahr liegt der größte Triumph der Potsdam Royals zurück. Der Verein hatte sich im Oktober 2023 im GFL Bowl gegen die Schwäbisch Hall Unicorns erstmals zum deutschen Meister gekürt.
Deutschem Meister droht Super-GAU
Dieser Titel sollte der Startschuss für weitere Erfolge sein, denn zahlreiche Stars wie Finals MVP Jaylon Henderson hielten dem Team die Treue, um die Mission Titelverteidigung in Angriff zu nehmen.
Doch rund zwei Wochen vor dem Saisonauftakt herrscht bei dem Top-Team helle Aufregung. Der Grund: Dem Verein droht der Zwangsabstieg. „Wir haben am Freitag vom AFVD ein Schreiben bekommen, indem uns mit dem Entzug der Lizenz gedroht wird“, schilderte Eberhard von Lobenstein, Vorstand Marketing & Kommunikation, im SPORT1-Interview.
Für diese brenzliche Lage ist der Klub allerdings beileibe nicht alleine verantwortlich. Hauptsächlich ist es viel mehr die ungeklärte Stadionfrage, die wie ein Damoklesschwert über der Stadt schwebt.
Royals dürfen nicht mehr im Karl-Liebknecht-Stadion spielen
Aufgrund des Umbaus des Luftschiffhafens spielten die Royals in der vergangenen Spielzeit im Karl-Liebknecht-Stadion. Mit einem Zuschauerschnitt von über 2.000 Fans füllten die Royals das Stadion merklich gut, die Spiele wurden nicht zuletzt wegen des Offensiv-Feuerwerks der Royals zu echten Football-Festen.
Das größte Stadion der Stadt gehört allerdings dem SV Babelsberg 03, der in der Regionalliga Nordost spielt. Zudem spielen auch die Zweitliga-Fußballerinnen vom 1. FC Turbine Potsdam in der Arena.
Royals mit harten Vorwürfen gegen Potsdam
Dieser Dreifach-Nutzung hat der Viertligist nun einen Riegel vorgeschoben - und das, obwohl ein Gutachten feststellte, dass in dem Stadion alle drei Teams spielen könnten. „Es ist mutwillig“, polterte von Lobenstein und erklärte, dass auch eine erneute Anfrage am Anfang der Woche abgelehnt wurde.
Wohlwissend um diese ablehnende Haltung der Fußballer suchte der Verein bereits kurz nach Saisonende das Gespräch mit der Stadt, um eine Lösung für die Stadion-Problematik zu finden. „Sie waren nicht unbemüht, aber haben zu wenig gemacht“, berichtete der Royals-Vorstand von zähen Verhandlungen.
Das Ende vom Lied: Die Royals sollen zurück in den Luftschiffhafen, obwohl dieser noch nicht fertig gestellt ist. „Die Stadt hat unsere Sicherheitsbedenken ignoriert“, kritisierte von Lobenstein und ergänzte: „Wir wurden bei der Planung des Umbaus überhaupt nicht berücksichtigt.“
So ist beispielsweise die Tartanbahn noch nicht verlegt, was auch am Fund von Quecksilber unterhalb der alten Tartanbahn liegt, die sanitären Anlagen liegen außerhalb des Stadions und eine Sitzplatztribüne fehlt gar komplett. Zwar unterbreitete die Stadt den Vorschlag, provisorische Sitzplätze einzurichten, doch sie wären nur ebenerdig gewesen, sodass den Fans die Sicht durch die Auswechselspieler versperrt worden wäre.
Nun müssen sich die Zuschauer auf einen „Spießrutenlauf über eine Baustelle“, wie es der Verein in einer Mitteilung am Freitag bezeichnete, einstellen. Der Grund: Die Stadt orderte keine Abdeckung für die Tartanbahn. Doch damit nicht genug. „Der Kinderspielbereich und das Catering sollen ins Exil auf einen angrenzenden Parkplatz verbannt werden“, hieß es weiter.
Royals mit erfolgloser Suche nach Alternativen
Es sind also alles andere als gute Voraussetzungen, um dort am zweiten Mai-Wochenende die neue Saison feierlich zu eröffnen. Dementsprechend haben die Verantwortlichen nach anderen Lösungen gesucht, auch im nahe gelegenen Berlin wurden sich mögliche Stadien angeschaut. Doch auch angesichts der anstehenden Fußball-EM, bei der die Nationen in Stadien trainieren werden, verlief die Suche im Sande.
Selbst eine Verlegung der ersten zwei Partien gegen die Hildesheim Invaders und den Berlin Adler stand im Raum, allerdings stimmten die Vereine diesem Wunsch der Royals nicht zu.
Somit bleibt dem Klub wohl nichts anderes übrig, als zähneknirschend in den Luftschiffhafen zurückzukehren. Das könnte dem Verein aber teuer zu stehen bekommen. „Uns wird dadurch Kapital entzogen, denn für uns sind die Ticketeinnahmen die wichtigsten“, erläuterte von Lobenstein das Dilemma.
Angesichts von nur rund 400 überdachten Sitzplätzen und „einem nicht zumutbaren VIP-Bereich“, wie Präsident Jens Müller in der Vereinsmitteilung konstatierte, könne der Verein nicht vernünftig mit 2.000 bis 4.000 Fans planen. Schon vor zwei Jahren kamen in den Luftschiffhafen, der sich bereits im Umbau befand, durchschnittlich nur rund 1.500 Menschen.
Droht den Royals das Aus in Potsdam?
Diese unbefriedigende Lage hat daher die Verantwortlichen nach monatelangem Schweigen nun dazu bewegt, auch öffentlich den Druck zu erhöhen. „Es ist nur noch Dienst nach Vorschrift“, äußerte von Lobenstein harte Kritik an der Stadtverwaltung und geht sogar noch einen Schritt weiter: „Potsdam rühmt sich eine Sportstadt zu sein, aber das ist sie nicht!“
Entsprechend groß dürften die Hoffnungen beim Verein sein, dass nach den anstehenden Kommunalwahlen Anfang Juni endlich ein anderer Wind im Rathaus weht und der Klub endgültig ernst von der örtlichen Politik genommen wird.
Sollte dies nicht passieren, muss sich der Klub schließlich andere Fragen stellen. „Wenn das so weitergeht, hat American Football keine Zukunft in Potsdam, zumindest nicht auf Bundesliganiveau“, meinte Royals-Trainer Michael Vogt am Freitag in der Märkischen Allgemeinen.
Für dieses Jahr ist der Spielbetrieb in der GFL aber gesichert. „Wir werden den Vertrag, den wir bis Ende nächste Woche beim Verband vorlegen müssen, mit dem Stadion wohl bekommen“, versicherte von Lobenstein.