Vor zwei Tagen benannte die NCAA, die allmächtige Collegesport-Organisation in den USA, die vier Teams, die um den nationalen Football-Titel im Collegebereich spielen und lösten damit einen Aufschrei der Empörung aus.
Diese Farce wird zum Politikum
Dabei ging es nicht um die vier Finalisten: Michigan Wolverines, Washington Huskies, Texas Longhorns und Alabama Crimson Tide. Der Grund für den Aufschrei war ein Team, das nicht ausgewählt wurde, die Florida State Seminoles.
Trotz einer perfekten Saison mit 13 Siegen wurde das Team aus dem Orange State von den Verantwortlichen als nicht stark genug für den Titel empfunden.
Als Grund für diese Einschätzung wird die Verletzung von Quarterback Jordan Travis angeführt. Der 23-Jährige erlitt Mitte November beim 58:13-Sieg gegen North Alabama einen Beinbruch, welcher seine Saison beendete.
Nun glauben die NCAA-Verantwortlichen nicht mehr daran, dass Florida State nach dem Ausfall Travis‘ ein ernsthafter Anwärter auf den Titel wäre. „Florida State ist ein anderes Team als in den ersten elf Wochen“, sagte Boo Corrigan, Mitglied des Playoff-Auswahlkomitees, bei ESPN und fügte hinzu: „Wenn man sich anschaut, wer sie als Team jetzt sind, ohne Jordan Travis, ohne die offensive Dynamik, die er mitbringt, dann sind sie ein anderes Team.“
„Empört und wütend!“ FSU greift NCAA an
Diese Sichtweise findet jedoch keine breite Zustimmung. Immerhin gewannen die Seminoles nach der Verletzung noch zwei Spiele und brachten ihre perfekte Saison zu Ende. Nun haben sie die zweifelhafte Ehre, der erste ungeschlagen Meister einer Power-Five-Conference zu sein, der nicht für die Playoffs nominiert wurde.
„Ich bin empört und wütend über die heutige Entscheidung des Komitees, mir das, was auf dem Spielfeld verdient wurde, wegzunehmen, weil eine kleine Gruppe von Leuten entschieden hat, dass sie es besser wüssten als die Ergebnisse der Spiele“, wütete Seminoles-Headcoach Mike Norvell nach der Entscheidung. „Welchen Sinn hat es, Spiele zu spielen?“
Auch Travis meldete sich nach der Nicht-Nominierung mit drastischen Worten auf X (ehemals Twitter): „Ich wünschte, ich hätte mir früher das Bein gebrochen, damit ihr alle sehen könnt, dass dieses Team viel mehr ist als nur der Quarterback. Ich dachte, Ergebnisse zählen.“
Michael Alford, Sportdirektor der Florida State University, ging sogar noch einen Schritt weiter und glaubt an weitreichende Folgen für den ganzen Collegesport. „Für viele von uns hat die heutige Entscheidung des Komitees die Glaubwürdigkeit der Institution College Football Playoff für immer beschädigt“, ließ er bei ESPN wissen.
FSU-Präsident Richard McCullough gratulierte dem Football-Team in einem Statement für eine außergewöhnliche Saison. Danach griff er die NCAA-Verantwortlichen an: „Florida State nicht für die Playoffs zu berücksichtigen, ist schockierend und zeigt, dass die Auswahl auf dem Potenzial und nicht der Leistung beruht. Es zeigt, dass das System kaputt ist.“
Auch die Politik läuft Sturm
Doch nicht nur vonseiten der Seminoles bekommt die NCAA ordentlich Gegenwind zu spüren. Mittlerweile hat sich auch die Politik eingeschaltet.
Floridas republikanischer Senator Rick Scott fordert eine Untersuchung des Vorfalls. So schickte er am Tag nach der Entscheidung einen Brief an Corrigan, in dem er um detaillierte Informationen zum Auswahlverfahren bat - darunter E-Mails, Textnachrichten und andere Kommunikationskanäle zwischen den einzelnen Ausschussmitgliedern sowie ESPN.
Der Sportsender besitzt die exklusiven Rechte zur Veröffentlichung der Playoff-Rangliste und war in die Kritik geraten, da sich ESPN-Experten für Alabama und gegen die Seminoles ausgesprochen hatten.
„Es gibt unzählige andere Bedenken und Argumente, die hier geäußert werden könnten, aber das Hauptproblem ist die berechtigte Wahrnehmung eines unfairen Systems, das die bekannten Stärken einer ungeschlagenen Mannschaft gegenüber den spekulierten Auswirkungen des Verlusts eines einzelnen Spielers fälschlicherweise außer Acht gelassen hat“, begründete Scott seine Forderung in dem Brief, den Politico zitiert.
Selbst Donald Trump mischt mit
Selbst der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat sich mittlerweile in die Angelegenheit eingemischt. Auf Truth Social schrieb er, dass die FSU „vom Ausschuss schlecht behandelt“ wurde und fügte hinzu: „Wirklich schlechte Lobbyarbeit.“
Florida-Gouverneur Ron DeSantis ging in einem Gespräch mit Fox News sogar so weit, in seiner bevorstehenden Haushaltsberatung eine Summe von einer Million US-Dollar bereitzustellen, „falls es zu einem Rechtsstreit kommt“.
An der Entscheidung der NCAA wird sich durch diesen öffentlichen Aufschrei wahrscheinlich nichts ändern. Aber die Glaubwürdigkeit der NCAA hat damit beträchtlichen Schaden genommen.
In der Zukunft könnte dieser Vorfall also durchaus noch Auswirkungen haben.