Es gibt keine Worte dafür, die beschreiben können, was Jonas Deichmann in den letzten 120 Tagen geleistet hat. Der Extrem-Ausdauersportler hat am 5. September eine Challenge der Marke „Das klappt doch niemals“ gemeistert. Seit dem 9. Mai bestand seine tägliche Routine darin, einen Iron Man zu absolvieren, ehe er knapp vier Monate später als neuer Weltrekordinhaber am Ziel seiner Träume ankam.
Irrer Rekord: Triathlet sorgt für Ekstase
Auf die bisherige Rekordmarke von 106 Tagen in Serie setzte er nochmal 14 Tage drauf. Die unfassbare Gesamt-Bilanz: 456 Kilometer Schwimmen, 21.600 Kilometer Fahrradfahren und 5063 Kilometer Laufen. Ein Sportpensum, für das Ottonormalverbraucher wahrscheinlich Jahrzehnte benötigen, wenn sie es überhaupt durchstehen würden.
Ähnlich unfassbar wie Deichmanns Leistungen ist auch der Hype, den der Weltrekordler mit seiner „Challenge 120″ ausgelöst hat. Darum war er beim Versuch, das scheinbar Unmögliche wahrzumachen, auch nie ganz alleine.
Täglich kamen mehr Menschen dazu, wenn sich Deichmann in der Triathlon-Hochburg Roth dazu aufgemacht hat, seinem Meisterstück einen Schritt näher zu kommen. Während manche Sportler einzelne Teilstrecken mit dem Extremsportler absolviert haben, schafften ambitionierte Triathleten auch schon mal einen kompletten Iron Man mit ihm. Andere waren einfach als Fan am Streckenrand dabei.
Deichmann: „Ein unvergesslicher Sommer für mich“
Am Donnerstagabend um 21:02 Uhr war es dann so weit. Deichmann überquerte, laut Pressemitteilung begleitet von mehreren hundert Begleitern, das Zieltor. Mit den Worten „Geil war‘s“ und „ein unvergesslicher Sommer für mich“ vollendete er eine noch nie dagewesene Ausdauerleistung. Für den Top-Sportler der Lohn nach einer auch mental herausfordernden Zeit.
Die Entscheidung, den Rekord in Roth und nicht auf Hawaii aufstellen zu wollen, hat sich letztlich als goldrichtig erwiesen. Deichmann hat den fränkischen Landkreis in eine Triathlon-Ekstase versetzt und für Bilder gesorgt, die man sonst wohl nur im Film Forrest Gump zu sehen bekommt.
Folgerichtig zeigte sich der Athlet nach dem Zieleinlauf überglücklich: „Das war ein gigantischer Zieleinlauf bei einem Groß-Event, also so habe ich das nicht erwartet. Das hat die kühnsten Erwartungen übertroffen“, beschrieb er seine Emotionen im Interview mit SPORT1. „Ich bin wahnsinnig stolz, das war die schwierigste Herausforderung in meinem Leben“, fügte er hinzu. Deichmann habe „noch nie so viele Rückschläge und harte Momente“ gehabt und sei „vier Monate am Limit des Machbaren“ gewesen. Er habe sich jedoch aus jedem Tief gekämpft und sei jetzt nach Tag 120 „den Umständen entsprechend frisch und munter“.
Einen Anteil daran haben auch die Leute, die Deichmann bei seinem Unterfangen begleitet haben. „Es ist das, was mich am stolzesten macht, dass ich sehr viele Menschen dazu bewegt habe, Sport zu machen“, freut er sich darüber, dass seine Challenge zum riesigen Gemeinschafts-Projekt wurde. Alleine um den Rekord ging es ihm ohnehin nie. Seine Langstrecken-Abenteuer diente ebenso dem guten Zweck und unterstützte die Laureus Sports for Good Foundation und die Kinder- und Jugendfeuerwehren im Landkreis Roth.
Der Triathlon-Held war in der Region über Monate hinweg das Thema schlechthin - und scheint den stetigen Fan-Zuwachs reichlich genossen zu haben. „Macht heute jemand die Langdistanz?“, soll er täglich gefragt haben, bevor er zum morgendlichen Sprung in den Rothsee ansetzte.
Felix Walchshöfer, Renndirektor des DATEV Challenge Roth, zeigte sich mächtig stolz auf die Leistung des Rekordmanns. „Ich trage eigentlich niemals Hüte, aber bei der Leistung von Jonas überlege ich mir, einen zu kaufen und ihn immer zu ziehen, wenn ich Jonas sehe. Was er in den letzten Wochen und Monaten geleistet hat, ist immer noch surreal und einfach historisch“, schwärmte er in der Mitteilung und hob dabei auch die Unterstützung der Bevölkerung hervor.
„Mein großer Dank geht auch an die vielen Menschen im Landkreis Roth, die Jonas Tag für Tag unterstützt haben, egal ob auf der Strecke oder am Straßenrand. Sie haben alle dazu beigetragen, dass Jonas‘ Projekt so erfolgreich verlaufen ist. Diese Menschen sind auch dafür verantwortlich, dass Jonas sich Roth als Ort seines Weltrekordes ausgesucht hat“, erklärte er. Darauf könne man „ungemein stolz“ sein.
Deichmann zwischen Ehrungen, Pflichten und neuen Träumen
Nach 120 Triathlon-Langdistanzen in Serie beginnt für Deichmann nun fürs Erste ein neues Leben. Dieses ist aber nicht so von Entspannung und Erholung geprägt, wie man sich das vorstellen würde.
Genauso wie es im Sport kein von „Von Null auf Hundert“ gibt, kann es auch kein „Von Hundert auf Null“ geben. Wie Deichmann verdeutlichte, gehe es nun darum, abzutrainieren, damit sich sein Körper wieder an den gewohnten Alltag anpassen kann. „Ich werde jetzt trotzdem 40 Stunden die Woche Sport machen“, verriet er. Er freue sich aber darauf, selbst über sein Sportprogramm zu entscheiden und „keinen so strukturierten Tagesablauf zu haben“.
Ändern wird sich für den Athlet auch etwas in Sachen Ernährung. Während der 120 Tage musste er „nach der Uhrzeit essen“ und „100.000 Kalorien“ zu sich nehmen. Nun freue er sich auch mal „auf einen Kaiserschmarrn“. Zudem steht für Deichmann ein Besuch bei einem Zahnarzt und bei der Leistungsdiagnostik an. Seine Challenge soll auch der Forschung dienen. „Ich war ein Versuchskaninchen zum Thema Dauerbelastung. So ein Projekt hat es noch nicht gegeben“, erklärte er.
Am Freitag soll Deichmann von der Stadt Roth feierlich empfangen werden, wozu auch die Öffentlichkeit eingeladen ist. Unter anderem sollen hier auch die gesammelten Spenden an die Kinder- und Jugendfeuerwehren in Roth übergeben werden. Ein wenig Zeit zum Entspannen bleibt ihm aber immerhin. Es geht drei Tage in den verdienten Kurzurlaub an einem geheimen Ort, den ich euch sicher nicht verraten werde“, verriet er schmunzelnd. Im Anschluss wird sich Deichmann auf Vorträge und die Herausgabe seines Buchs „Weil ich es kann“ (1. November) vorbereiten.
Langweilig wird es dem Extremsportler also fürs Erste nicht werden. Zudem ist seine Laufbahn noch lange nicht zu Ende. Deichmann hat schon eine Idee für eine neue Challenge, möchte diese aber noch nicht preisgeben. „Man braucht etwas, auf das man sich freuen kann, aber die nächsten Monate werden erstmal Sport nach Lust und Laune“, blickt er in die Zukunft.