Patrick Lange zählt zu den erfolgreichsten Triathleten weltweit. Zweimal gewann er bereits den legendären Ironman Hawaii.
Ironman-Champ Lange: Das war der Tiefpunkt
Doch bei der WM auf der Pazifikinselgruppe erlebte der 36-Jährige auch einen seiner bittersten Momente in der Karriere, als er 2019 krank an den Start ging, was von einigen damals als Ausrede belächelt worden war.
Die passende sportliche Antwort konnte Lange zumindest auf Hawaii danach nicht mehr geben, da die WM seitdem zweimal der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist.
2022 wird im Oktober ein neuer Anlauf gestartet, aber bereits zuvor findet im Mai die Ironman-WM erstmals nicht auf Hawaii, sondern in St. George im US-Bundesstaat Utah statt.
SPORT1 hat im Rahmen von „Triathlon Pur - Das Zwift Magazin“ (Heute ab 18 Uhr im TV auf SPORT1) mit Lange über jene beiden Ironman-Weltmeisterschaften sowie seine Saisonbilanz gesprochen. Lange äußerte sich aber auch zu seinen großen Zielen und verrät seine sportlichen Träume nach dem Karriereende.
SPORT1: Wie bewerten Sie die zurückliegende Saison insgesamt?
Patrick Lange: Für uns war dieses Jahr die Absage des Ironman in Hawaii der Tiefpunkt. Ich hätte auch ehrlich nicht gedacht, dass er abgesagt wird. Intern haben wir das aber sehr gut gelöst und auf die Challenge Roth umgestellt. Ein Triathlon, der auch international eine sehr große Bedeutung hat. Da ich diesen Wettkampf gewinnen konnte, ist meine Saison unter den Umständen perfekt gewesen. Hinzu kam der Sieg im Mai bei der Ironman-Nordamerikameisterschaft. Zwei Langdistanzen, zwei Siege - und beide waren die bestbesetzen Rennen des Jahres. Daher bin ich zufrieden und auch damit, dass wir 2022 dann zwei Weltmeisterschaften haben.
Lange findet Hawaii-Absage richtig
SPORT1: Der Ironman Hawaii wurde bereits zum zweiten Mal in Folge abgesagt. Wird das langsam zum Problem für den Triathlonsport, der gerade dort große Aufmerksamkeit erfährt?
Lange: Das darf natürlich nicht sein. Für uns ist das Rennen das Mekka. Es ist das Rennen, wo du dabei sein musst. Man kann nur hoffen, dass es im nächsten Jahr wieder stattfindet. Es war für mich dennoch richtig, es diesmal abzusagen. Die Corona-Situation auf der Insel war speziell, da sie wenige Intensivbetten zur Verfügung hatte. Man weiß natürlich nicht, was passiert 2022. Findet es wirklich statt? Aber es ist gut, dass wir im Mai in St. George einen Wettkampf haben, der auf dem Festland stattfindet – die Ironman-WM erstmals außerhalb von Hawaii. Zumindest dieses Rennen wird zu hundert Prozent stattfinden.
SPORT1: Haben Sie schon erste Erfahrungen mit der Strecke in St. George machen können, wie waren die Eindrücke?
Lange: Ich bin tatsächlich beim 70.3-Rennen (Triathlon-Rennserie, deren Einzeldistanzen jeweils die Hälfte derer des Ironman Hawaii betragen; Anm. d. Red.) mal gestartet. Das ist aber schon wieder sechs Jahre her, glaube ich. Ich hatte damals einen durchwachsenen Wettkampf, aber kenne dadurch die Gegebenheiten. Alles in allem liegt mir die Strecke und ich bin mir sicher, dass ich dort eine gute Leistung abrufen kann. Wenn man zurückschaut, haben mir die frühen Ironman-Rennen vor allem in Nordamerika gut gelegen. Von daher bin ich sehr zuversichtlich, dass es im nächsten Jahr auch gut läuft.
Lange gewarnt: Leistungsdichte wird anziehen
SPORT1: Seit zwei Jahren gibt es die Zusammenarbeit mit Björn Geesmann als Coach. Wie läuft das und an welchen Schrauben wollen Sie beide noch drehen?
Lange: Die Zusammenarbeit mit Björn ist sehr erfolgreich. Ich bin extrem happy damit. Wir haben in den vergangenen Jahren an den richtigen Stellschrauben gedreht, was vor allem das Radfahren betrifft. Aber man darf nicht nachlassen. Jetzt ist der Olympia-Zyklus rum, was bedeutet, dass wieder Sportler von der Kurzdistanz zu uns hochkommen. Diese bringen eine gewisse Grundschnelligkeit mit. Da merkt man alle vier Jahre, dass die Leistungsdichte ein Stückchen anzieht. Es ist daher wichtig, an der Grundgeschwindigkeit weiter zu arbeiten und nicht den typischen Langdistanz-Fehler machen, indem man nur auf die „Lang und locker“-Einheiten setzt.
SPORT1: Gibt es ein spezielles Ziel für die kommende Saison?
Lange: Es stehen ganz klar die beiden WM-Rennen im Mai und im Oktober im Fokus. Wir werden sehen, wie es mir nach der ersten WM geht und wie schnell ich regeneriere. Ich ziehe dann in Erwägung, noch einen Sommer-Ironman zu machen. Aber das muss ich abwarten. Es hat mich schon in der Seele geschmerzt, dass ich in Frankfurt nicht am Start sein konnte in diesem Jahr. Das steht ganz oben auf der Bucket List, dass ich unbedingt einmal gewinnen möchte. Falls es möglich ist, könnte das noch irgendwie reinpassen.
SPORT1: Ist ein Sieg bei beiden WM theoretisch möglich für einen einzelnen Athleten, klappt das mit dem Neuaufbau der Form?
Lange: Ja, das hat auch dieses Jahr gezeigt. Die Zeit reicht definitiv, um vernünftig neu aufzubauen und mit einer Zwei-Spitzen-Periodisierung topfit dort am Start zu sehen.
Lange: Karriereende noch lange nicht in Sicht
SPORT1: Sebastian Kienle hat angekündigt, Ende 2023 aufzuhören. Bei Ihnen ist das aber noch kein Thema oder haben Sie auch schon einen Plan im Hinterkopf?
Lange: Nein, bei mir gibt es definitiv noch keine Rücktrittspläne. Ich plane nur weiterhin damit, dass ich mit 40, 41 Jahren aus dem Sport ausscheiden werden muss. Aber aktuell ist das Karriereende noch überhaupt kein Thema. Ich bin auch der Jüngste von uns dreien (Kienle, Jan Frodeno und er, Anm. d. Red.) (lacht).
SPORT1: Jonas Deichmann hat als erster Mensch einen Triathlon um die Welt geschafft. Er schaffte dabei 120 Ironman in 430 Tagen. Können Sie sich auch so etwas vorstellen oder haben andere „verrückte“ Ideen für die Zeit nach der Karriere?
Lange: Jeden Respekt vor dieser sportlichen Leistung - aber generell ist es bei mir so, dass ich solche Sachen nach der Karriere nicht machen möchte. Das liegt daran, dass ich aktuell bereits ans Limit gehe. Wenn man 25 Jahre Triathlon auf Hochleistungsniveau betrieben hat, ist es irgendwann auch gut. Ich werde aber andere Extremevents anstreben. Eine Alpen-Überquerung mit dem Mountainbike schwebt mir mein ganzes Leben schon vor, da ich als Jugendlicher mit dem Mountainbike angefangen habe. Eventuell auch das Mountainbike-Rennen in Südafrika namens Cape Epic. Aber einen Ultrastrecken-Triathlon kann ich nahezu ausschließen.