Jan Wendt, Mitgründer der KI-Plattform „Plaier“, ist sich sicher: Künstliche Intelligenz wird den Fußball-Transfermarkt revolutionieren. Im STAHLWERK Doppelpass von SPORT1 hatte der CEO Anfang September für einige kontroverse Aussagen gesorgt. So unter anderem, dass Jamal Musiala bereits sein Leistungsmaximum erreicht haben soll.
Bestätigt Kane eine Revolution?
Über seine KI-Plattform sollen Fußballvereine in Zukunft Wunschspieler aus der ganzen Welt finden können. Auch die Stärken und Schwächen dieser Spieler sollen die Verantwortlichen ohne einen einzigen Scouting-Besuch studieren können. „Die erhobenen Daten umfassen Aktionen von Fußballspielern. Die Erfassung der Daten erfolgt für bis zu 200 Parameter pro Position zu jedem Zeitpunkt des Spiels“, erklärt Wendt SPORT1.
Technologie soll finanzschwachen Vereinen helfen
Wendt spricht von einer „Demokratisierung des Fußballs“, indem die KI-Technologie Scouting für alle interessierten Parteien möglich macht. „Während große Vereine wie der FC Bayern München über eine umfangreiche Scouting-Abteilung verfügen, erhalten kleinere und unterklassige Vereine nun Zugang zu den gleichen Scouting-Tools wie die Topklubs“, betont Wendt.
Ganz ohne menschliches Know-how werde der Transfermarkt der Zukunft allerdings trotzdem nicht funktionieren. „Selbstverständlich müssen bei einem Transfer stets auch die finanziellen und wirtschaftlichen Aspekte sowie die Rahmenbedingungen auf Vereinsseite berücksichtigt werden“, sagt Wendt. Weiche Faktoren wie die persönliche Chemie zwischen allen Beteiligten dürften zudem nicht außer Acht gelassen werden.
Dass dies sonst zu großen Problemen führen kann, konnte Wendt in der vergangenen Saison bei Union Berlin beobachten. „Große, sprich finanziell größere Transfers führten anscheinend zu einer kurzfristigen Instabilität des Vereins“, führt der Experte aus.
Transfers auf dem Prüfstand
Auch der Einfluss eines möglichen Neuzugangs auf die eigene Mannschaft soll die KI-Plattform verlässlich prognostizieren können: „Auf Basis dieser Simulation erfolgt die Bewertung eines Transfers für das aufnehmende Team und die Prognose für die Saison oder Rückrunde nach einem Wintertransfer. Ein wesentlicher Aspekt dieser Bewertung ist der Einfluss des jeweiligen Spielers auf die Tordifferenz.“
Wendt hatte dies bereits bei einem prominenten Spieler ausprobiert und war dabei auf ein überraschendes Ergebnis gekommen. „Wir haben vorhergesagt, dass Harry Kane bei Bayern die Tordifferenz nicht verbessern wird und dass in Tottenham alle Werte hochgehen“, sagte der KI-Experte im STAHLWERK Doppelpass. Für ihn ist das ein Beweis dafür, dass der Transfer des englischen Superstars aus rein datenbasierter Sicht keinen großen Unterschied gemacht habe.
Psychologische Arbeit des Trainers wird wichtiger
Der KI-Experte rechnet nicht damit, dass die Künstliche Intelligenz die Scouting-Netzwerke der Vereine obsolet macht. „In Zukunft wird der Fokus im Scouting weniger auf dem persönlichen Besuch von Spielen liegen. Anstelle dessen erfolgt eine Beurteilung der Spielerfähigkeiten auf Basis präziser und langfristig gesammelter Daten, welche eine höhere Zuverlässigkeit bieten als subjektive Einschätzungen“, erklärt Wendt.
Auch für die Trainer werde sich deshalb einiges ändern: „In Anbetracht der Intensivierung des Wettbewerbs erfährt der psychologische Aspekt der Trainer eine verstärkte Relevanz, was eine Verschiebung des Fokus im Scouting in Richtung dieser Dimension zur Folge hat.“
Schlägt die Stunde der Amateurfußballer?
Profitieren könnten von der KI-Revolution vor allem talentierte Spieler aus kleineren Ligen. Sie könnten dank der weltweit zugänglichen Daten in Zukunft überraschende Angebote von Profivereinen erhalten: „Spieler aus weniger beachteten Ländern oder Ligen können ebenfalls talentiert sein, aber möglicherweise nicht im Fokus stehen“, erklärt Wendt: „Unser Ziel ist es, solche Spieler sichtbar zu machen und ihnen den Weg zu geeigneten Vereinen zu ermöglichen.“