Von dem einst so aufregenden Renato Sanches ist nur noch so wenig übrig geblieben.
Sanches‘ nächster Karriere-Neustart?
Nun soll sich der inzwischen 25-Jährige mit einem Wechsel zum türkischen Liga-Primus Galatasaray Istanbul beschäftigen. Das berichtet die dort ansässige Sportzeitung Fanatik, die als seine Bedingung die Meisterschaft und die damit verbundene Champions-League-Qualifikation nennt.
Ist Sanches‘ Karriere überhaupt noch zu retten, oder schlägt er am Bosporus einen ähnlichen Weg ein wie Dele Alli?
Golden Boy 2016: Sanches‘ unglaublicher Senkrecht-Start
Wir springen zurück in den November 2015. Der 18-Jährige Sanches darf erstmals in der ersten Mannschaft von Benfica Lissabon spielen. Schnell setzt er sich bei seinem Heimatklub durch, wird vom Talent zum Leistungsträger.
„Renato Sanches war ein großer Durchbruch im portugiesischen Fußball und speziell bei Benfica. Er hat das Selbstwertgefühl der Mannschaft verändert, weil er so mutig war, so unverfroren nach dem Ball gefragt hat und sich nicht versteckt hat. Er war ein großer Gewinn für Benfica, er hat ihr Spiel maßgeblich verändert“, erinnert sich der portugiesische Journalist Tomás da Cunha.
Überzeugt hat er wohl auch im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Bayern. Im Mai 2016 verkündet der deutsche Rekordmeister dann überraschend den Transfer von Sanches, der die Münchner stolze 35 Millionen Euro kostet. „Wir sind glücklich, ihn trotz namhafter internationaler Konkurrenz verpflichtet zu haben“, freut sich Karl-Heinz Rummenigge.
Im Sommer der Verpflichtung darf Sanches mit der portugiesischen Nationalmannschaft zur EM fahren und setzt seinen Höhenflug fort. Cristiano Ronaldos Portugal holt den Titel, Sanches ist in den entscheidenden Spielen plötzlich Schlüsselspieler. Im selben Jahr gewinnt er den Golden Boy Award – ein echter Raketenstart.
Debütsaison bei Bayern lässt Wünsche offen
Bei den Bayern steht er in der Saison 2016/17 in vier der ersten sechs Bundesliga-Partien von Beginn in der Startelf – trotz eines vollgepackten Mittelfelds inklusive Xabi Alonso, Thiago, Arturo Vidal und dem damals aufstrebenden Joshua Kimmich. Doch Trainer Carlo Ancelotti verliert danach offenbar das Vertrauen in den Youngster, der im restlichen Saison-Verlauf nur noch sporadisch zum Einsatz kommt.
In der folgenden Saison 2017/18 soll der Durchbruch in der Premier League gelingen. Per Leihe wechselt Sanches nach Wales zum späteren Absteiger Swansea City, wo die Erwartung an ihn so groß ist, dass er „fast das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern hatte“, erinnert sich sein damaliger Trainer Paul Clement.
Der Plan der Leihe geht krachend schief. Wegen einer langwierigen Oberschenkelverletzung verpasst Sanches einen Großteil der Saison und kann auch sonst nicht überzeugen.
Sanches gewinnt Ligue1 mit Lille - doch Sorgen bleiben
Die folgende Spielzeit 2018/19 in München verläuft erwartbar ähnlich, wie seine Debüt-Saison. Sanches kommt zwar zum Zug, jedoch nicht regelmäßig genug. 2019 wagt er deshalb den Karriere-Neustart im Norden Frankreichs bei LOSC Lille. Immerhin noch 20 Millionen Euro Ablöse kassieren die Bayern.
In Lille erlebt Sanches seine beste Phase. In den drei Saisons kommt er auf 91 Einsätze und 17 Torbeteiligungen, wird jedoch von einer Meniskusverletzung, einer Achillessehnenverletzung und mehreren Muskelverletzungen zurückgeworfen. Trotzdem überwiegen bei Sanches‘ Jahren in Lille die positiven Ereignisse, wie der Gewinn der französischen Meisterschaft in seiner zweiten Saison (2020/21).
Sanches bei PSG: Verletzungen wieder im Vordergrund
Karriere gerettet, denkt sich wohl Sanches, der sich im Sommer 2022 bereit für den nächsten Schritt sieht. Er schließt sich PSG an, wo seiner Verletztenakte neben den immer wieder auftretenden Oberschenkelproblemen auch noch Adduktorenbeschwerden hinzugefügt werden müssen.
Aber auch wenn Sanches fit ist, kommt er meist nur von der Bank. Der Wechsel geht schief, womit wir den Schritt zurück in die Gegenwart machen.
Dort angekommen, denkt Sanches über einen Wechsel zu Gala nach, falls er dort in der kommenden Saison Champions League spielen kann. Ein Schritt, der durchaus Sinn macht, zumal der türkische Klub aktuell fünf Punkte Vorsprung auf Verfolger Fenerbahce hat. Seine Verletzungsmisere machte ihm zwar einen Strich durch eine erhoffte Weltklasse-Karriere, aber Champions-League-Niveau hat er allemal. Das bewies er während seiner Zeit in Lille definitiv.
Vielleicht hat er seine Lehren aus seiner Zeit in Paris und München gezogen und eingesehen, dass seine körperliche Verfassung zum Problem wird, wenn er Stammspieler bei einem internationalen Top-Klub à la PSG oder Bayern werden will.
Verbaute die hohe Bayern-Ablöse Sanches‘ Karriere?
Vielleicht bauten die 35 Millionen Euro Ablöse beim 18-jährigen Sanches auch einfach zu viel Leistungsdruck auf, von dem er sich nun lossagen möchte. Dessen ist sich Experte da Cunha jedenfalls sicher: „Die Summe, die Bayern zahlte, hat ihn für den Rest seiner Karriere diskreditiert!“
Während der Werdegang vom mittlerweile ebenfalls in der Türkei aktiven Alli ein warnendes Beispiel darstellt, gelingt PSG-Leihgabe Mauro Icardi aktuell der Turnaround in der türkischen Super League. Der Argentinier überzeugt dort in der aktuellen Saison mit 15 Treffern und sieben Vorlagen.
Einen Weg, wie ihn womöglich auch Sanches anstrebt - und der ihm auch zuzutrauen ist.