Sein Urteil über den FC Chelsea hatte Sebastian Kehl schon vor dem finalen Akt des Londoner Transfer-Wahnsinns gefällt. Das Verhalten der Blues sei „sehr wild“, sagte der Sportdirektor von Borussia Dortmund über den kommenden Gegner im Achtelfinale der Champions League.
Chelsea-Irrsinn entsetzt Konkurrenz
Dabei hatte sich dieser den größten Knall für das Ende der Transferperiode aufgehoben: Weltmeister Enzo Fernandez kommt von Benfica Lissabon an die Stamford Bridge - für die Rekordsumme von 121 Millionen Euro. (NEWS: Alles zum Transfermarkt im SPORT1-Transferticker)
„Geld spielt dort keine Rolle“, sagte Kehl bei Sky. Und tatsächlich schmissen die Londoner im Winter mit den Scheinen nur so um sich. Fernandez für 121 Millionen, der Ukrainer Michailo Mudryk für bis zu 100 Millionen Euro, das Talent Noni Madueke für bis zu 35 Millionen.
Seit der Übernahme des amerikanischen Milliardärs Todd Boehly im Mai scheint es an der Stamford Bridge keine Limits mehr zu geben.
BVB-Boss Watzke verteidigt Bundesliga-Weg
„Wir müssen unser Geld hier auf eine andere Art und Weise einfach verdienen“, sagte Kehl, der mit seinem Klub „nicht in der Lage“ sei, solche Transfers umzusetzen. Sein BVB-Boss Hans-Joachim Watzke reagierte gelassen.
„Wir gehen in Deutschland unseren eigenen Weg. Wir haben die meisten Zuschauer, bei uns fallen die meisten Tore, wir haben eine demokratische Kultur in den Ligen und die niedrigsten Eintrittspreise“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Welcher Weg der richtige ist, wird sich erst in zehn, zwanzig Jahren entscheiden.“
Bilanz-Trick: Wie Chelsea das Financial Fairplay umgeht
Die Blues hingegen nutzen ein Schlupfloch in den Financial-Fairplay-Regeln, um die XXL-Deals zu stemmen.
Fernandez und Mudryk wurden beispielsweise mit Arbeitsverträgen bis 2031 (!) ausgestattet, sodass die Londoner die Ablösesummen bilanztechnisch strecken können. UEFA und FIFA sollen bereits planen, dieses Schlupfloch zu schließen.
Doch bis dahin tun die Blues finanziell alles dafür, ihre sportliche Misere in der Premier League zu beenden. Den letzten Meistertitel gewannen die Londoner 2017, momentan rangiert die Mannschaft von Teammanager Graham Potter nur auf Platz zehn - und im FA Cup war bereits in Runde drei Schluss.
Kurios: In dieser Saison verpflichteten die Blues mehr Spieler (16), als sie in allen Wettbewerben Siege eingefahren haben (12).
„Wenn du bei Chelsea bist, hast du immer diesen Ehrgeiz. Du willst immer die nächste Trophäe. Aber die Premier League wird immer stärker, jeder Verein hat mehr Macht und kann bessere Spieler bekommen“, sagte Kapitän Cesar Azpilicueta zuletzt in einem Interview auf der Klubwebseite.
Premier League in anderen Dimensionen
Und der Spanier hat recht. Dabei ist die Kluft zwischen der Premier League und anderen Ligen in Europa bereits gewaltig. Alle Bundesliga-Klubs gaben im Winter zusammen „nur“ 68,273 Millionen Euro aus - alleine Fernandez kostete fast das Doppelte.
Insgesamt belaufen sich die Ausgaben der Premier-League-Klubs in dieser Saison auf 2,8 Milliarden Pfund (rund 3,2 Milliarden Euro) - natürlich Rekord.
Die Blues scheinen dabei mehr vom Einkauf als vom Verkauf zu verstehen. Eigentlich wollten die Londoner wegen des Überangebots in der Offensive den marokkanischen WM-Star Hakim Ziyech an Paris St. Germain verleihen. (NEWS: Alle News und Gerüchte vom Transfermarkt)
Die Blues schickten laut Medienberichten aber dreimal die falschen Dokumente nach Frankreich, sodass PSG den 29-Jährigen nicht rechtzeitig beim französischen Ligaverband LFP registrieren konnte - und nun Einspruch einlegte.
Für den italienischen Europameister Jorginho strichen die Blues am Dienstag immerhin 13,6 Millionen Euro Ablöse vom FC Arsenal ein. Doch das ist bei den Zugängen von Fernandez, Mudryk, Madueke, Malo Gusto, Joao Felix, Benoit Badiashile, David Fofana und Andrey Santos für insgesamt 329,50 Millionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.