Joan Laporta wandte sich an die Mitglieder des FC Barcelona, als er am Donnerstagabend etwas verklausuliert über die Lösungen sprach, wie der finanziell angeschlagene Traditionsklub aus dem Schlammassel kommen kann.
„Sackgasse!“ Warnung an Barca
„Diese Versammlung wird mit dem Ziel abgehalten, Lösungen zu genehmigen, die dazu beitragen, die Finanzen des Vereins zu verbessern und so die institutionelle und sportliche Normalität zu konsolidieren, wenn es angemessen ist“, sagte der Barca-Präsident zum Auftakt der Mitgliederversammlung.
Lösungen, Normalität, konsolidieren - Worte, die im Wortschatz der Barcelona-Bosse zuletzt kaum vorkamen, zumal sich der Klub immer noch in einer prekären Situation befindet. (Kommentar: Barcelona sprengt alle moralischen Grenzen)
Die Katalanen waren längst bei einem Schuldenberg von über einer Milliarde Euro angekommen, im Sommer 2021 musste man sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation sogar von Lionel Messi trennen. Und das, obwohl man sich mit dem mehrfachen Weltfußballer über die Vertragsmodalitäten einig war. (NEWS: Alles zum Transfermarkt im SPORT1-Transferticker)
Barca fädelt Millionen-Deals ein
„Es gibt objektive Gründe, warum wir diese Entscheidung treffen mussten, es geht um die ökonomische Situation des Klubs. Wir hätten den Verein in große Gefahr gebracht“, begründete Laporta im August vergangenen Jahres den Abgang des Argentiniers.
Beim FC Barcelona läuten also seit mindestens einem Jahr die Alarmglocken, doch nun sei Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Oder doch nicht?
So wurde auf der Mitgliederversammlung über diverse Finanzierungsmöglichkeiten abgestimmt, die der Vorstand den sogenannten Socios vorgestellt hatte. Allein durch die Abtretung von bis zu 25 Prozent der Einnahmen aus den LaLiga-TV-Rechten sollen 540 Millionen Euro eingenommen werden. Ein Verkauf der Minderheitsbeteiligung (49,9%) von BLM (Barça Licensing & Merchandise) spült rund 200 Millionen Euro in die klammen Kassen.
Des Weiteren sollen die Spielergehälter weiter gekürzt werden, wie Eduard Romeu, Vize-Präsident des FC Barcelona, betonte: „Wir haben eine Lohnmasse von 560 Millionen Euro und müssen sie auf 400 reduzieren. Mit diesen Zahlen können wir unter optimalen Bedingungen konkurrieren, obwohl es mir sehr schwer erscheint, dass wir das diesen Sommer erreichen können.“
Barca-Weg „wird in die Sackgasse führen“
Der Teilverkauf der Merchandising- und LaLiga-Rechte um Transfers zu finanzieren sei langfristig allerdings kritisch zu betrachten, wie Andreas Rettig, ehemals Geschäftsführer der DFL, auf SPORT1-Nachfrage verrät: „Der Weg des FC Barcelona, kurzfristige Transfers mit dem Verkauf der Substanz des Unternehmens zu finanzieren, wird perspektivisch in die Sackgasse führen.“
Es werde „ein möglicher kurzfristiger Erfolg - mit der zunächst im Raum stehenden dreijährigen Vertragslaufzeit - gegen eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit, Erlöse zu generieren, eingetauscht. Leider wurde auch schon in Deutschland Tafelsilber verkauft, auch das sicher nicht immer zum Wohle des Vereins“.
Dies liege „oft an unrealistischen Erwartungshaltungen und mangelndem Verantwortungsbewusstsein. Aber Vermögenswerte sind ein endliches Gut“, mahnt der 59-Jährige.
Trotz seiner Milliardenschulden hielt sich Barcelona teils unlauter über Wasser, schwärzte aber zugleich Manchester City und Paris Saint-Germain wegen angeblicher Verstöße beim Financial Fairplay bei der UEFA an. Laut Rettig sitzt „der FC Barcelona mit seiner Strategie, ‚sportlicher Erfolg koste es, was es wolle‘, im Glashaus“. (NEWS: Alle News und Gerüchte vom Transfermarkt)
- „Doppelpass on Tour“: Deutschlands beliebtester Fußballtalk geht auf große Deutschlandtour! Tourtermine und Tickets unter www.printyourticket.de/doppelpass oder unter der Ticket-Hotline (Tel. 06073 722740; Mo.-Fr., 10-15 Uhr)
Die Katalanen bewegen sich jedoch „im rechtlich definierten Rahmen“, findet Rettig. „Bei den durch Sportswashing getunten Klubs liegen meines Erachtens eher Umgehungs-Tatbestände vor“.
Barca will mit zweiter Offerte nachlegen
Kommt nach diesen millionenschweren Deals nun Schwung in den Transfer-Poker um Robert Lewandowski? Der Pole ist sich seit mehreren Wochen mit Barca über einen Wechsel einig, einzig der FC Bayern München blockiert den möglichen Transfer nach Spanien.
In den vergangenen Monaten kühlte die Beziehung zwischen Lewy und dem deutschen Rekordmeister entschieden ab, der 33-Jährige sorgte zuletzt mit öffentlichen Aussagen gegen die Münchner für Aufsehen.
Nun plant der FC Barcelona den nächsten Vorstoß - und will den Münchnern nach SPORT1-Informationen zeitnah eine zweite, verbesserte Offerte für den polnischen Torjäger unterbreiten. Die soll, so ist aus Barca-Kreisen zu hören, die 40-Millionen-Euro-Grenze überschreiten. Auch Transfer-Guru Fabrizio Romano berichtete von einem weiteren Angebot aus Barcelona.
Die erste Offerte des spanischen Vizemeisters in Höhe von 32 Millionen Euro plus 5 Millionen Euro an Bonuszahlungen wurde vonseiten der Bayern komplett ignoriert, zwischen den Vereinen herrscht nach wie vor Funkstille, es wird nicht verhandelt.
Lewy-Abgang „eine nachvollziehbare Entscheidung“
Lewy behalten oder ziehen lassen? Für Andreas Rettig gibt es nur eine Option: „Auch wenn es sportlich schmerzt, denke ich, dass es auf eine Trennung von Robert Lewandowski hinausläuft. Der FC Bayern hat mit Herbert Hainer einen erfolgreichen ehemaligen Wirtschaftsboss in seinen Reihen. Ich denke, das wird in letzter Konsequenz den Ausschlag geben – in Kenntnis der im Raum stehenden Zahlen eine nachvollziehbare Entscheidung.“
Nach der Finanzspritze sind die Barca-Verantwortlichen zuversichtlich, dass sie die Bayern allmählich aus der Reserve locken können. Die Münchner blieben bisher hart und verwiesen auf den bis 2023 datierten Vertrag des 33-Jährigen. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)
Aus Sicht der Katalanen ist dies aber lediglich eine Taktik, um die Ablösesumme in die Höhe zu treiben. Deshalb hofft man, dass Lewandowski weiterhin auf einen Wechsel drängen und im äußersten Fall sogar in einen Streik treten würde.